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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube
Autoren: franklin
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Er wollte jemanden verletzen, der gleichfalls verraten worden war.
    »Ja«, sagte sie.
    »Er hat ihn in meiner Anwesenheit geschworen. Mit der Hand auf der Bibel. ›Ich schwöre bei Gott und allen Heiligen im Himmel, dass ich mich ihrer enthalten werde, solange Ihr sie sicher behütet und beschützt.‹«
    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Ha.«
    Zum ersten Mal seit Tagen hörte sie Vogelgezwitscher, als würden kleine gefrorene Herzen auftauen und wieder zum Leben erwachen.
    Henry beugte sich vor, nahm ihr den restlichen Käse aus der Hand, zerbröselte ihn und streute die Krümel auf den Fenstersims.
    Sofort kam ein Rotkehlchen angeflogen, um sie aufzupicken, und seine Flügel streiften fast Henrys Hand, ehe es wieder davonflatterte.
    »Ich bringe England den Frühling zurück«, sagte der König. »Sie werden mich nicht besiegen, bei Gott, das werden sie nicht.«
    Sie
haben
dich besiegt, dachte Adelia. Deine Männer kommen nicht. Du wirst von allen verraten.
    Henry hatte den Kopf gehoben. »Hört Ihr das?«
    »Nein.«
    »Ich aber. Sie sind da.« Sein Schwert fuhr rasselnd aus der Scheide. »Jetzt gehen wir runter und schlagen diese Bastarde.«
    Sie waren
nicht
da. Er hatte bloß die Vögel gehört. Sie beide würden für alle Zeit hier oben bleiben und neben Rosamund verfaulen.
    Sie schleppte sich zum Fenster.
    Aufgeregte Männer kamen aus der Küche gelaufen, schauten durch den Nebel irritiert nach links und rechts und rannten zurück, um ihre Waffen zu holen.
    Sie hörte Schwyz rufen: »Um die andere Seite rum. Das kam von hinten.«
    Der Abt von Eynsham machte ein paar unentschlossene Schritte auf den Eingang zum Irrgarten zu, trat dann wieder davon weg.
    »Ja«,
sagte Adelia.
    Henrys Dolch, mit dem er ihre Handfesseln durchtrennt hatte, lag auf dem Tisch. Sie griff mit wilder Freude danach. Sie wollte gegen jemanden kämpfen.
    Aber sie konnte nicht. Weil nämlich … »Mylord, wir sind eingeschlossen.«
    Er stellte sich auf Zehenspitzen und tastete oben auf dem Ring herum, an dem der Vorhang von Rosamunds Bett befestigt war. Als er die Hand wieder senkte, hielt sie einen Schlüssel. Er winkte ihr damit. »Geh nie in ein Loch ohne zweiten Ausgang.«
    Dann waren sie durch die Tür und polterten die Treppe hinunter, Henry voran.
    Zwei Stockwerke tiefer kam ihnen einer von Schwyz’ Männern mit gezogenem Schwert entgegengelaufen. Ob er nach einem Versteck suchte oder heraufgeschickt worden war, um sie zu erledigen, sollte Adelia nie erfahren. Seine Augen weiteten sich, als er den König sah.
    »Falsche Richtung«, stellte Henry fest und stieß ihm sein Schwert in den Mund. Der Mann fiel. Der König durchbohrte ihn noch einmal, hob ihn dann mitsamt Schwert wie auf einem Bratspieß hoch und schüttelte ihn ab, so dass er um die nächste Treppenbiegung fiel. Er stieß den schweren Mann immer weiter, um die nächste Biegung und die nächste, obwohl er längst tot war, als sie unten in der Halle ankamen.
    Die Luft draußen wurde von Schreien und metallischem Klirren zerfetzt. Der Nebel war noch dichter geworden, so dass kaum zu sagen war, wer da gegen wen kämpfte.
    Der König verschwand, und Adelia hörte einen frohen Aufschrei,
»Dieu et Plantagenet«,
als er einen Gegner fand.
    Es war, als befände sie sich mitten in einer Schlacht von unsichtbaren Geistern. Mit erhobenem Dolch ging sie vorsichtig in die Richtung, wo sie Eynsham zuletzt gesehen hatte. Ein Mörder war geflohen, aber verdammt sollte sie sein, wenn noch ein anderer der Gerechtigkeit entkam. Und das würde er, wenn er konnte. Der Abt war kein mutiger Mann; das Töten überließ er stets anderen.
    Zwei schwere Gestalten tauchten links von ihr auf, und ihre Schwerter sprühten Funken, als sie aufeinander einschlugen. Adelia sprang beiseite, und sie verschwanden wieder.
    Wenn ich ihn rufe, wird er kommen, dachte sie. Sie war noch immer ein Unterpfand, und er würde sie als Schutzschild benutzen wollen. Sie hatte ein Messer, sie könnte ihn bedrohen und festhalten. »Abt.« Ihre Stimme klang hell und dünn. »Abt.«
    Irgendetwas antwortete ihr mit noch hellerer Stimme. Verblüfft. Mit einem Crescendo der Qual, das zu einem nicht mehr menschlichen Falsett anstieg. Mit Schreien, die durch den Nebel pulsierten, den Kampflärm übertönten und zum Schweigen brachten. Es übertönte einfach alles.
    Es kam aus Richtung Irrgarten. Adelia lief darauf zu, glitt im Matsch aus, fiel, rappelte sich hoch und rannte weiter. Was immer es war, es brauchte Hilfe. Es zu hören
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