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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube
Autoren: franklin
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wer er ist, um ihn aufspüren zu können, falls er versuchen sollte, sich vor der Abschlusszahlung zu drücken. Denn wer sich nicht an die Vereinbarung hielt, starb einen Tod, der nicht nur quälend einfallsreich war, sondern hoffentlich auch eine Warnung für zukünftige Kunden.
    Die Stimme hinter dem Vorhang erläuterte erneut, was sie bereits gesagt hatte. Der Tod sollte an dem und dem Tag, an dem und dem Ort, auf die und die Weise herbeigeführt werden, dieses sollte zurückgelassen, jenes mitgenommen werden.
    Es geht ihnen immer um Genauigkeit, dachte der Mörder müde. Mach es auf diese Weise, mach es auf jene. Als wäre das Töten eine Wissenschaft und nicht etwa eine Kunst.
    Dennoch, in diesem Fall hatte der Kunde den Mord bis ins Detail geplant, und er verfügte über intime Kenntnisse der Lebensumstände des Opfers. Da hielt man sich am besten an die Vorgaben …
    Also lauschte Sicarius dem Kunden aufmerksam, nicht den Anweisungen, die hatte er sich schon beim ersten Hören eingeprägt, sondern auf das Timbre der Stimme, achtete auf Formulierungen, die er wiedererkennen würde, wartete auf ein Husten, ein Stottern, das den Sprecher später in einer Menschenmenge verraten konnte.
    Während er zuhörte, schaute er sich um. Der Diener, der im Schatten wartete, lieferte keine Anhaltspunkte. Er hatte sich vorsichtshalber in einen Allerweltsumhang gehüllt, und seine bebende Hand ruhte – wie niedlich – auf dem Heft eines Schwertes, das in seinem Gürtel steckte, als wäre er nicht schon zwanzigmal tot, ehe er es ziehen könnte. Ein jämmerlicher Aufpasser, aber wahrscheinlich das einzige Geschöpf, dem sein Kunde traute.
    Der Keller als Treffpunkt hingegen … war zumindest klug gewählt, das musste der Mörder dem Kunden lassen. Es gab drei Ausgänge, und einer davon war der lange, unterirdische Gang, durch den er vom Gasthof aus hergeführt worden war. Die anderen beiden mochten überallhin führen. Zur Burg vielleicht oder – er schnupperte – zum Fluss. Fest stand lediglich, dass er sich irgendwo in den tiefsten Gedärmen Oxfords befand. Und Gedärme waren lang und gewunden, wie der Mörder sehr wohl wusste, da er schön öfter welche freigelegt hatte.
    Natürlich war der Keller während des Stephen-gegen-Matilda-Krieges gebaut worden. Der Mörder dachte beklommen an die zahllosen Tunnel, mit denen England während des dreizehn Jahre währenden, unglückseligen und blutigen Bürgerkriegs im wahrsten Sinne des Wortes unterminiert worden war. Oxford, diese strategische Kostbarkeit an der Stelle, wo die wichtigsten Nord-Süd- und Ost-West-Routen des Landes die Themse überquerten, hatte schrecklich gelitten. Bei Belagerung und Gegenbelagerung hatten die Menschen wie Maulwürfe Gänge gegraben, um hinein- und hinauszugelangen. Eines schönen Tages, dachte er – und gebe Gott, dass es nicht heute war –, würde die ganze Stadt in den Wurmlöchern versinken, die man in ihre Grundfesten gebohrt hatte.
    Oxford, dachte er. Eine Stadt, die überwiegend auf König Stephens Seite gestanden hatte, und somit auf der falschen. Zwanzig Jahre später hegten die Verlierer noch immer einen tiefen Groll gegen Matildas Sohn Henry Plantagenet, den endgültigen Sieger und König.
    Der Mörder hatte während seines Aufenthaltes hier reichlich Informationen gesammelt – es zahlte sich stets aus, zu wissen, wer mit wem ein Hühnchen zu rupfen hatte und warum –, und er hielt es durchaus für möglich, dass sein Kunde zu denjenigen zählte, die noch immer wegen des Krieges verbittert waren, und der Auftrag daher ein politischer war.
    Wenn ja, konnte es gefährlich werden. Gier, Lust, Rache; die Motive waren ihm einerlei, aber politische Kunden waren meist von hohem Stand und neigten dazu, ihre Beteiligung an der Tat zu verschleiern, indem sie einen weiteren Mörder dungen, um den ersten, also
ihn selbst,
zu töten. Das war stets lästig und hatte lediglich zur Folge, dass noch mehr Blut floss, allerdings nie seines.
    Ah-
ha.
Der unsichtbare Kunde hatte sich bewegt, und einen winzig kleinen Moment lang hatte seine Stiefelspitze unter dem Vorhang hervorgelugt. Ein Stiefel aus feinstem Hirschleder, wie seine eigenen, und neu, vielleicht erst kürzlich in Oxford gefertigt – ebenfalls wie seine eigenen.
    Es wäre also angebracht, einmal bei den hiesigen Stiefelmachern vorbeizuschauen.
    »Dann sind wir uns einig?«, fragte der Vorhang.
    »Wir sind uns einig, Mylord.«
    »Fünfundsiebzig Mark, sagtet Ihr?«
    »In Gold,
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