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Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
Autoren: Dieter B. Hermann
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Einleitung
     
     
     
    Die Vorsilbe „Anti“ gehört heute zum Sprachschatz des Alltags. Fast jedes Substantiv kommt auch mit dem Präfix „Anti“ vor, jedoch nicht immer in klar umrissener Bedeutung: Da lesen wir von „Antikörpern“ oder von „antiautoritärer Erziehung“, ein Komponist hat gar eine „Antioper“ auf die Bühne gebracht oder ein Autor einen „Antiroman“ geschrieben. Mitunter ist ein Substantiv ohne „Anti“ gar nicht existent, denn von einer „Babypille“ haben wir noch nie gehört, aber der Begriff „Körper“ hat mit den „Antikörpern“ aus der Medizin wenig zu tun.
    Nun halten Sie ein Buch in der Hand, das von „Antimaterie“ handelt, und fragen sich vielleicht, was wohl damit gemeint sein könnte. Als ich im Jahre 1968 zum erstenmal über das Thema „Antimaterie und Astronomie“ in der (Ost-)Berliner Archenhold-Sternwarte sprach, argwöhnten manche besorgten Ideologen, es ginge in meinem Referat um eine Widerlegung des dialektischen Materialismus. Dabei ist der Begriff Antimaterie wohlbestimmt und als terminus technicus in der modernen Physik durchaus etabliert. Dennoch umwittert ihn die Aura des Mystischen, haben wir es doch in unserer gewohnten Umwelt ausschließlich mit Materie, nie aber mit „Antimaterie“ zu tun. Diese ist aber beileibe nichts Immaterielles, jenseits der Wirklichkeit Gedachtes, sondern ebenso greifbar, nachweisbar, physikalisch oder chemisch wirkend wie die Agenzien unserer gewöhnlichen Welt. Ja, wir können sogar behaupten, der ganze Kosmos, vom kleinsten Sandkorn bis zu den gigantischen Haufen und Superhaufen von Sternsystemen, könnte ebensogut aus Antimaterie bestehen wie aus der uns vertrauten „Normalmaterie“, und wenn dies so wäre, wir würden es nicht einmal bemerken, weil wir selbst ja dann ebenfalls aus diesem anderen Stoff gemacht wären. Antimaterie - das ist die Materie einer „Gegenwelt“, gewöhnliche Materie, im Spiegel zu ihrem Gegenteil geworden.
    Nun haben wir immer noch nicht erfahren, was eigentlich Antimaterie ist. Doch das soll auch nicht im Vorwort stehen, denn die Antwort gibt dieses Buch: Wir begeben uns auf die Suche nach Antiweiten - ein wahrhaft abenteuerlicher Exkurs durch Raum und Zeit mit vielen überraschenden Entdeckungen, aber auch mit so mancher Frage, die heute noch niemand beantworten kann.
    Im ersten Kapitel werden wir einen Streifzug durch die Atomforschung von ihren Ursprüngen bis heute unternehmen, um zu erfahren, was der Physiker unter Materie versteht. Dann folgen wir der Wissenschaft in die „Gegenwelten“ der Antimaterie. Eine höchstwahrscheinlich zutreffende Erklärung für das Fehlen von Antimaterie im Universum versuchen wir im dritten Kapitel zu geben. Abschließend werfen wir noch einen Blick in die mögliche Zukunft von „Antimateriefabriken“ auf der Erde und fragen nach der technischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Antimaterie.
     
    Dieter B. Herrmann
    Berlin, im Frühjahr 1999

 
     
I. Von Demokrits atomos bis zum Zoo der Teilchen
     
     
     
Was hält die Welt zusammen?
     
    Die meisten bedeutenden Erkenntnisse über die Welt lassen sich in ihren Anfängen bis in das antike Griechenland zurückverfolgen. Geniale Fragestellungen und Konzepte beherrschten das Denken der großen Naturphilosophen in der Antike. Selbst wenn diese über längere historische Zeiträume der Vergessenheit anheimfielen, wurden sie doch später immer wieder aufgegriffen, mittels modernerer Forschungsmethoden verfolgt, vertieft und in mancherlei Hinsicht sogar bestätigt.
    Eine Kernfrage der griechischen Naturphilosophie galt den Urstoffen der Welt. Somit waren die Griechen die ersten, denen die Frage auf den Nägeln brannte, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ihr Bestreben war es dabei - ähnlich wie in der modernen Naturforschung -, die Gesamtheit alles Bestehenden auf möglichst wenige Urgründe und Prinzipien zurückzuführen. Leukipp beantwortete diese Frage im 5. Jh. v. Chr. durch die Annahme, daß es unendlich viele Teile des Existierenden gäbe, die beliebig geformt und unzerschneidbar seien. Diese unteilbaren Atome (atomos -das Unteilbare) sind nach seiner Vorstellung ideale feste Körper, die sich aber miteinander verhaken, verketten und verflechten können, wodurch die mannigfaltigen Erscheinungsformen der Welt zustande kämen. So sei z.B. die Seele des Menschen aus besonders feinen Atomen zusammengesetzt. Alles, was wir von den Dingen wahrnehmen, ginge letztlich auf Atome
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