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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube
Autoren: franklin
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warfen einen unruhigen Schimmer auf die Laken, die zum Trocknen an Haken befestigt waren, an denen sonst Kräuter und Speckseiten hingen.
    Pater Pol, ein verhuschter kleiner Mann und heute Abend verhuschter denn je, hockte auf einem Stuhl, eine dicke schwarze Katze auf dem Schoß, als bräuchte er ihren Trost an diesem Ort.
    Sein Blick traf den der Nonne und wanderte dann fragend zur Gestalt der Haushälterin hinüber.
    »Wir sind jetzt bereit für Euch, Pater«, erklärte die Priorin.
    Der Priester nickte erleichtert. Er stand auf, setzte die Katze behutsam auf den Stuhl, tätschelte sie ein letztes Mal, hob dann das Chrismatorium hoch, das zu seinen Füßen stand, und eilte hinaus. Schwester Havis wartete einen Moment ab, ob die Haushälterin mitkam, sah, dass dem nicht so war, und folgte schließlich Pater Pol.
    Allein gelassen starrte Dakers ins Feuer.
    Der Segen des Bischofs, der vor zwei Tagen zu ihrer Herrin gerufen worden war, hatte nichts bewirkt, ebenso wenig wie der ganze Plunder aus dem Kloster. Der christliche Gott hatte versagt.
    Nun denn.
    Jetzt war Eile geboten. Sie holte verschiedene Gegenstände aus dem Schrank in ihrem winzigen Zimmer neben der Küche. Als sie zurückkam, murmelte sie vor sich hin. Sie legte ein ledergebundenes Buch mit einem Schloss daran auf den Hackklotz. Darauf kam ein Kristall, dessen Facetten im Feuerschein kleine grüne Lichter durch den Raum flirren ließen.
    Sie entzündete sieben Kerzen und träufelte von jeder einzelnen etwas Wachs auf den Klotz, um sie sicher hinstellen zu können. Die Kerzen bildeten einen Ring um das Buch und den Kristall und spendeten ein ebenso ruhiges Licht wie die aus Bienenwachs oben im Turm, nur dass sie nicht so wohlriechend waren.
    Der Kessel, der an einer Winde über dem Feuer hing, war mit kochendem Wasser gefüllt, so wie immer in letzter Zeit, weil die Laken aus dem Krankenzimmer ständig gewaschen werden mussten. So viele Laken.
    Die Frau vergewisserte sich, dass die Wasseroberfläche brodelte. Sie sah sich nach dem Deckel für den Kessel um, einer großen, sauber gelochten Holzscheibe mit einem geschwungenen Eisengriff in der Mitte, fand ihn und stellte ihn vorsichtig auf den Boden zu ihren Füßen. Aus den verschiedenen Feuereisen an der Herdstelle, Holzzangen, Spieße und so weiter, suchte sie sich einen langen Schürhaken aus und legte ihn ebenfalls neben den Deckel auf den Boden.
    »Iggsi-biddsi«, murmelte sie, »sischnu schischnu, adonei-manuei, iilam, piilam …« Für den Ahnungslosen mochte es sich wie der Hüpfreim eines Kindes anhören, andere jedoch hätten die bewusst verfälschten Versionen der heiligen Namen Gottes in den verschiedensten Glaubensrichtungen herausgehört.
    Dakers bückte sich unter den Laken hindurch, ging zu dem Stuhl, auf dem Pater Pol gesessen hatte, und hob die Katze auf, wiegte und streichelte sie, wie er zuvor. Es war eine gute Katze, eine verdienstvolle Mäusefängerin, die einzige, die sie hier zuließ.
    Sie trug das Tier zur Feuerstelle, strich ihm mit einer Hand ein letztes Mal übers Fell und griff mit der anderen nach dem Deckel für den Kessel.
    Noch immer leise vor sich hin murmelnd, warf sie die Katze ins kochende Wasser, legte rasch den Deckel auf und hielt ihn so lange fest, bis sie den Schürhaken durch den Griff geschoben hatte.
    Einen kurzen Moment lang klapperte der Deckel gegen den Schürhaken, und ein greller Schrei pfiff durch die Deckellöcher. Dakers kniete sich auf den Rand der Feuerstelle und übergab ihr Opfer dem göttlichen Herrn.
    Wenn Gott versagt hatte, war es Zeit, den Teufel um Hilfe zu bitten.
     
    Gut achtzig Meilen Luftlinie gen Osten half Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar zum ersten Mal einem Kind auf die Welt – oder versuchte es zumindest.
    »Pressen, Ma«, sagte die älteste Schwester des Ungeborenen hilfsbereit an der Seite stehend.
    »Sag ihr doch so was nicht«, entgegnete Adelia. »Sie darf erst pressen, wenn es so weit ist.« In dieser Phase der Geburt hatte die arme Frau wenig Einfluss auf die Dinge.
    Und ich auch nicht, dachte Adelia niedergeschlagen, ich hab doch keine Ahnung.
    Es ließ sich schlecht an. Die Wehen zogen sich nun schon eine Ewigkeit hin, und der Mutter, einer tapferen Frau aus dem Sumpfland, gingen allmählich die Kräfte aus.
    Draußen auf der Wiese sang Mansur unter den aufmerksamen Blicken von Adelias Hund den anderen Kindern – die allesamt ohne Schwierigkeiten und nur mit Hilfe einer Nachbarin und eines Brotmessers geboren
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