Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur
Autoren: Robert Quint
Vom Netzwerk:
Leben zerbrach wie Glas beim Aufprall auf Gestein in tausend Splitter.
    Die Schlange besaß die Gestalt eines schlanken, schwarzhaarigen Mannes.
    Ich hatte eine Woche allein in einem Blockhaus am Kleeblattsee verbracht, einem unscheinbaren Gewässer in der waldreichen Äquatorregion des größten Kontinentes von Mirrson. Früh am Morgen war ich vom Lärm der Singmäuse aufgewacht und durch den Wald hinunter zum See gegangen. Die Luft war klar und frisch, und noch glänzte Tau auf den bandförmigen Blättern der Bäume, unter deren Laub die Singmäuse hockten und mit ihrem orffschen Getratsche das Ende der Nacht verkündeten.
    Die Sonne hatte kaum Zeit gefunden, über die Baumwipfel zu klettern, als ich nach meinen Runden im kühlen, fischreichen See zum Blockhaus zurückkehrte.
    Ich war nackt und waffenlos, und als ich den schlanken Mann vor der nur angelehnten Tür des Hauses stehen sah, da wußte ich, daß das geschehen war, was ich in all den Jahren befürchtet hatte.
    Er war einen Kopf größer als ich, maß fast zwei Meter, und er war schlank, ohne dünn zu sein. Kupferne Bräune tönte sein Gesicht dunkel, und beim Anblick seines Teints blieb ich abrupt stehen, wieder von der Unruhe gepackt, die mich selbst in meinen Träumen nicht verließ.
    Niemand auf Mirrson wurde auf natürliche Weise braun.
    Der Planet besaß eine ungewöhnlich dicke Ozonschicht, die den Großteil der ultravioletten Sonnenstrahlung herausfilterte, und selbst nach den vier Jahren meines Aufenthaltes besaß meine Haute nicht mehr als einen schwach bräunlichen Schimmer.
    Der Kupferteint des Fremden war von der Art, wie man ihn zwischen den Sternen bekommt, auf langen Flügen von Sonne zu Sonne, auf denen die kosmische Strahlung genug Zeit hat, durch die Abschirmungen der Schiffe zu sickern und dermatologische Veränderungen zu erzeugen.
    Der schlanke Mann sah mir ernst und schweigend entgegen und zog dabei an einem Zigarillo. Zuerst hielt ich das brennende Stäbchen für eine Narko-Zigarette; aromatisierter Zelluloseersatz, mit THC oder irgendwelchen psychotrophen Alkaloiden präpariert, aber es war tatsächlich ein altmodischer, aus Tabakblättern gerollter Zigarillo.
    Auf ganz Mirrson gab es kein Gramm Tabak.
    Ich schluckte, und als ich sprach, klang meine Stimme heiser.
    »Sie kommen von außerhalb«, sagte ich zu dem Fremden. »Von den Sternen, aus dem Reich.«
    Der Fremde sagte noch immer kein Wort. Er musterte mich, rauchte, klopfte die Asche seines Zigarillos ab.
    Ich fröstelte.
    Vielleicht wegen dem Morgenwind, der kühl war nach dem Bad im See. Aber wahrscheinlich, weil ich dachte: Er kommt von den Sternen, und sein Schiff kreist im Orbit, und von allen Menschen auf Mirrson hat er mich ausgesucht. Er hat mich erwartet. Er weiß, wer ich bin – wer ich war.
    »Kommen Sie«, sagte der Fremde und winkte mir zu. »Ziehen Sie sich an. Wir müssen fort.«
    »Fort?« echote ich wie betäubt, während aus der Unruhe Furcht wurde, die ständige Begleiterin meiner Jahre auf Mirrson, die nun ihre Unbestimmtheit verloren hatte und sich angesichts des kupferhäutigen Fremden wie Eis in meinen Gliedern sammelte.
    Er gehörte dazu, dieser namenlose Mann, er gehörte zu meinen Verfolgern, und er war gekommen, um mich zu bestrafen, für Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, die der Psychochirurg aus meiner Erinnerung herausoperiert hatte.
    »Ja, fort«, sagte der Fremde. »Fort von Mirrson. Ich bin hier, um Sie abzuholen. Oder haben Sie geglaubt, man würde Sie vergessen? Haben Sie wirklich geglaubt. Sie würden damit durchkommen?«
    Ich sagte nichts.
    Halb drehte ich den Kopf, sah zurück zu dem schmalen Pfad, der sich durch den Wald schlängelte, hinunter zum See, zu dem Ufer aus feinem Sand, und ich fragte mich, wie schnell der Fremde laufen konnte.
    Er trug keine Waffe; zumindest keine offensichtliche, und diese Feststellung ließ mich Mut schöpfen.
    »Ich weiß nicht, was Sie wollen«, fauchte ich. »Was soll dieses Gerede? Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir? Verschwinden Sie! Ich habe Sie nicht gebeten, hierherzukommen.«
    »Ich bin Farrell«, entgegnete der Mann.
    Sein Name löste flüchtige Erinnerungen in mir aus, aber sie waren zu schemenhaft, zu schwach. Vielleicht hatte ich ihn früher gekannt. Vielleicht war er einer meiner Opfer von damals.
    Wieder blickte ich zurück zum Wald.
    »Versuchen Sie es nicht«, riet der Mann kühl. Er ließ den Zigarillostummel auf den gefliesten Boden der Veranda fallen und trat ihn mit dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher