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Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur
Autoren: Robert Quint
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den molekülfein geschnittenen Schichten seines lamellierten Gehirngewebes.
    In diesen Tagen, wo ich meinen Bericht in den auditiven Speicherkristall diktiere, auf einer Welt, so fern von der Erde, daß mich allein die Vorstellung schwindeln läßt, muß ich oft an den grauen Mann denken.
    Und ich frage mich, was mit mir geschieht, wenn man mich findet – und falls man mich findet.
    Ich frage mich, was man mit meinem konservierten Gehirn anstellen wird, mit den gefrorenen Erinnerungen an mein Leben, mit den tiefgekühlten Bildern von vierzig Jahren Lebenszeit.
    Wird man mich auch nach Ultima Thule schaffen und mein Gehirn aus meinem Schädel nehmen und es lamellieren und in flüssiges Helium legen? Wird man meine kalten, kristallisierten Gehirnzellen mit einem Computer verbinden und den frostigen Inhalt meines Gedächtnisses auf Bildschirme projizieren?
    Und wenn all dies geschieht – werde ich dann wie der graue Mann elektrische Fragen hören und elektrische Antworten geben können? Und wie wird es sein? Wie ist es, nur über gefrorene Gefühle und gefrorene Gedanken am Leben zu bleiben? Wie ist es, zu sterben, ohne mit dem Tod zu vergehen?
    Fragen Sie nicht mich.
    Ich weiß es nicht.
    Der graue Mann könnte diese Fragen beantworten. Aber jetzt ist es zu spät. Er ist Lichtjahrtausende von mir entfernt, und sein Gehirn schwimmt in dem Becken aus Stahl, in flüssigem Helium, und er führt unterkühlte Gespräche mit dem Computer von Ultima Thule.
    Zu Lebzeiten hieß der graue Mann Zarr, und er war einer von vielen Centurios in der 4. und 5. Flotte der Grauen Garden. Mit diesen beiden Flotten verschwand er im Jahr 2504 von der Erde und aus dem Sternenreich und floh in die unbekannten Regionen der Milchstraße, nur um dann zurückzukehren und auf Coldgrave zu sterben; um Ende des Jahres 2510 in seinem Grab aus Eis von der Treiber-Loge der MARTIN LUTHER KING gefunden und nach Ultima Thule gebracht zu werden.
    Und damit fing alles an …

I
    Ich nannte mich damals, Anfang des Jahres 2511, Lence Zatyr.
    Dies war nicht mein richtiger Name, aber es spielte keine Rolle. Ich hatte meinen richtigen Namen vergessen, zusammen mit allen anderen Dingen, die mein früheres Leben ausgemacht hatten, und nur gelegentlich, in dunklen Träumen, stiegen Bilder in mir auf.
    Keine guten Bilder.
    Sie machten mir Angst, und immer, wenn ich sie im Traum sah, erwachte ich schweißgebadet und verfluchte den verdammten Psychochirurgen von Ginger und die Pfuscharbeit, die er geleistet hatte.
    Die Träume bildeten eine Gefahr. Ich wußte nicht, welche Verbrechen von meinem früheren Ich in meinem früheren Leben begangen worden waren, aber sie mußten schwer genug gewesen sein, um mich damals zu diesem radikalen Eingriff zu veranlassen.
    Psychochirurgische Gedächtnislöschung.
    Und vermutlich auch chirukosmetische Eingriffe, um mein äußeres Erscheinungsbild zu verändern.
    Was habe ich getan? fragte ich mich oft nach dem Erwachen, während der Alpdruck wich und mein wilder Herzschlag sich langsam wieder beruhigte. Ich wischte mit dem Handrücken über meine Stirn, und meine Stirn war schweißnaß.
    Ich fürchtete mich vor der Entdeckung, und gleichzeitig wußte ich nicht, wer mich entdecken und wofür man mich zur Rechenschaft ziehen sollte.
    Ich wußte nur, daß eine psychochirurgische Gedächtnislöschung nicht nur die Erinnerung an das vergangene Leben, sondern auch die Erinnerung an die Löschung selbst nimmt. Kein telepathisch begabter Treiber und keine noch so raffinierte Verhörmaschine konnte dann im Bewußtsein oder Unterbewußtsein Anhaltspunkte für einen Verdacht, juristisch verwertbare Memo-Indizien für eine Verurteilung finden.
    Doch jener namenlose Quacksalber vom Planeten Ginger im Kashmir-System hatte den Eingriff verpfuscht und mir nur Ungewißheit, keine Sicherheit verschafft. Ich mußte mit meiner Angst leben, ohne zu ahnen, wo diese Angst herrührte, ohne zu wissen, wer meine Verfolger waren und ob es überhaupt Verfolger gab.
    Von Ginger, so meine verschwommene Erinnerung, war ich gegen Ende des Jahres 2506 mit dem Schiff einer Freien Treiber-Loge nach Mirrson gelangt. Zu dieser Zeit warf bereits die Dunkle Epoche ihre ersten Schatten über das Sternenreich, und es war schwierig und teuer, überhaupt noch eine Passage zu den Innenwelten zu bekommen. Der Flug kostete mich die Hälfte meiner kreditierten Verrechnungseinheiten, und als ich auf Mirrson ankam, erfuhr ich, daß das gesamte Währungssystem des Reiches
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