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Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual

Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual

Titel: Die Terranauten 016 - Gestrandet auf Rorqual
Autoren: Conrad C. Steiner
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einließ, wenn sie zu den Unbekannten an Bord ging – hier konnte sie nicht bleiben. Sie nahm einen Anlauf und sprang mit allen Kräften deren sie fähig war in die wabernde Gasmasse hinein.
    Ihr Kopf tauchte unter, und als sie in panischem Entsetzen versuchte Mund und Augen zu schließen, stellte sie fest, daß es hier nichts gab, in dem sie ertrinken konnte. Die Substanz, auf dem der Segler dahinglitt, war absolut geruchlos und wirkte wie ein reißender Luftstrom, von dem man sich tragen lassen konnte.
    Es gab einen kurzen, harten Ruck, dann straffte sich das Seil und der Schwarzbart zog sie schnaufend an Bord. Als Thoma über die Reling des Seglers glitt, sah sie in die Gesichter von fast zwei Dutzend Männern, Frauen und Kindern, die sie von allen Seiten umringten, beruhigend auf sie einsprachen und ihr einen wohlschmeckenden Begrüßungstrunk reichten.
     
    *
     
    Die Nordwind gehörte – wie Thoma bald herausfand – einer fahrenden Kaufmannsfamilie aus dem Süden. Sie lebte bereits so lange auf Rorqual, daß sich ihr Ursprung zeitweise im Dunkel von Mythen und Legenden verloren hatte. Orson Orson, der schwarzbärtige Kapitän des Schiffes, der zur Zeit die Geschäfte seines Clans führte, erzählte ihr, man habe in früheren Zeiten von den Vorfahren seiner Familie als den Eismenschen gesprochen. Sie seien in einem riesigen, metallenen Schiff, in dem es erbärmlich kalt gewesen sein mußte, zwischen den Sternen umhergeflogen. Natürlich hatte damals, fügte er schmunzelnd hinzu, noch niemand gewußt, was Sterne eigentlich waren, da man nie einen zu sehen bekommen habe; inzwischen habe man aber genügend Menschen kennengelernt, deren Wissen um die Herkunft der Menschen dieser Welt noch nicht verschüttet war. Orson Orson und sein Clan wußten, daß sie von irdischen Kolonisten abstammten, die einen weiten Sternenflug im Tiefschlaf zurückgelegt hatten und aus irgendwelchen Gründen auf Rorqual notgelandet waren.
    Momentan befand sich seine Familie auf einer Fahrt, die sie in die nördlichen Gefilde des Planeten führen sollte. Man hatte davon gehört, daß es in der Nähe des Zwielichtlandes große Erzvorkommen geben sollte, die überall sehr begehrt waren. Die Nordwind war mit Zehntausenden Fischhäuten beladen, die man gegen das Metall eintauschen wollte, denn im Zwielichtland war es kälter als anderswo und tierisches Leben äußerst selten. Binnen kurzem würde man das Scharlachmeer erreichen, einen großen Binnensee, den man durchqueren mußte, bevor man an den Purpurbergen entlangsegeln und nach einem Wasserweg nach Norden Ausschau halten konnte. Die Nordwind wollte in einer der am Scharlachmeer gelegenen Hafenstädte Vorräte ergänzen und Frischwasser aufnehmen.
    »Es bleibt natürlich ganz allein dir überlassen, ob du mit uns gehen oder in Hayvant an Land gehen willst«, sagte Orson Orson, als Thorna mit ihm zusammen bei einem Glas Most in seiner Kajüte saß. »Du bist uns zu nichts verpflichtet, obwohl …« – er zwinkerte ihr zu – »… obwohl wir jede helfende Hand an Bord gebrauchen könnten.«
    »Es gibt niemanden, der auf mich wartet«, erwiderte Thorna, »und es gibt auch keinen Ort auf dieser Welt, den ich als meine Heimat bezeichnen kann. Welche Pflichten nehme ich auf mich, wenn ich mich deiner Familie anschließe?«
    Orson Orson stand auf, nahm Thornas Hand und führte sie auf das Deck hinaus. Dann deutete er auf die Männer und Frauen, die – da jetzt leichter Wind aufkam – dabei waren, jeden Fetzen Segel zu setzen. »In unserem Clan«, sagte er, »ist es ein althergebrachter Brauch, daß jedem alles gehört. Wenn du dich verpflichtest, jede Arbeit zu tun, der du fähig bist und darauf verzichtest, persönlichen Besitz anzuhäufen und keinen alleinigen Anspruch auf einen Mann, eine Frau oder ein Kind zu erheben, steht einer Aufnahme in unsere Familie nichts im Wege. Natürlich müßten wir, bevor wir dich annehmen, erfahren, über welche Kenntnisse und Fertigkeiten du verfügst, damit wir wissen, was man dich noch lehren muß und …«
    Eine plötzliche Bö riß ihm die Worte von den Lippen. Vom Bug her schrie einer der jüngeren Männer Orson Orson etwas zu. Der Kapitän der Nordwind fluchte. Am westlichen Himmel tauchte ein indigofarbener Streifen auf, der offensichtlich nichts Gutes verhieß.
    »Ein Sturm zieht auf«, sagte Orson mit funkelnden schwarzen Augen, als er Thornas fragenden Blick bemerkte. »Das könnte zu unliebsamen Verzögerungen führen.« Er hatte den Satz kaum
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