Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Templerverschwoerung

Die Templerverschwoerung

Titel: Die Templerverschwoerung
Autoren: Daniel Easterman
Vom Netzwerk:
sie zu überwinden, betete er. Zu Maria, ihrem Sohn und den Heiligen. Aber Gebete können Liebe nicht vertreiben, und Liebe bringt Leid. Bei Tag betete er, bei Nacht aber gab er sich seinem Leid hin, das ihn bedrängte, bis er kaum noch Luft bekam. Er hatte nicht gesehen, wie Melesse gestorben war. Aber er stellte es sich immer wieder vor – wie die Bremsen gequietscht hatten, wie ihr Körper hochgeschleudert wurde und mit welchem Geräusch er auf dem Boden aufgeschlagen war.

3. KAPITEL
    Als die Kirchgänger allesamt fort waren, trat Kaleb die halbgerauchte Zigarette auf dem Pflaster aus und ging zur Kirche zurück. Er öffnete die Tür und schüttelte sich den Schnee von Kopf und Schultern.
    Sie saßen bereits alle um einen runden Tisch herum und schwatzten miteinander. Vater Yemata hatte selbst Tisch und Stühle aufgestellt, nachdem er mit seinen Helfern die Ikonen abgenommen und den Altar fortgeräumt hatte. Sie wärmten ihre Hände an Bechern mit Kaffee. Kaleb nahm den Platz ein, den man für ihn freigelassen hatte, und blickte in die Runde. Alle waren da: seine vier Äthiopier Henok, Sisay, Biniyam und Bezawit. Bezawit Abraha war die Begabteste der Gruppe, er setzte große Hoffnungen auf sie – ob in England oder zu Hause in Äthiopien. Sie stammte aus der Hauptstadt Addis Abeba, wo ihre Familie ein großes Haus an der Bole Road besaß. Die Familie galt als sehr wohlhabend, exportierte teure Kaffeebohnen und führte Autos und Motorräder der höheren Preisklassen ein. Bezawit hatte Kaleb anvertraut, sie habe zu Hause einen Freund, fürchte aber, dass sie ihn an eine andere Frau verlieren werde, wenn sie so lange in England studiere. Er hatte versucht, sie an Biniyam zu interessieren, bislang aber ohne Erfolg.
    Neben ihnen hatten die Nichtäthiopier Platz genommen: Jessica Beech, ein hübsches englisches Mädchen aus Newcastle, der israelische Linguist Moshe Ben Shahar und João Pontes, ein Portugiese mittleren Alters, der an der UniversitätCoimbra lehrte. João hatte sich wie immer zum Laufburschen machen lassen und ihnen ein Tablett mit Kaffee gebracht, diesmal von der Bridges Patisserie gleich um die Ecke.
    Bezawit holte lächelnd eine große Schachtel mit Backwerk, Schokolade und Käsehörnchen hervor, Delikatessen, die ihre mit Schmuck behängte Mutter ihr jede Woche für viel Geld von Café und Konditorei La Parisienne in Addis schicken ließ. Alle lobten sie und erklärten, so etwas bekomme man nicht einmal bei Fitzbillie’s, der zu Recht berühmten Patisserie in der Trumpington Road. João sagte nichts. Er musste an die Lieblingsleckerei der Portugiesen, die Puddingtörtchen denken, die man im Lissaboner Bezirk Belém am besten machte. Eines Tages würde es ihm schon gelingen, ein paar davon noch frisch nach Cambridge zu bringen.
    »Wir haben ein Geschenk für Sie, Herr Professor«, sagte Bezawit, als Kaleb den Mantel ablegte.
    »Für mich?« Kaleb war ganz gerührt, dass sie an ihn gedacht hatten.
    »Ein Weihnachtsgeschenk«, sagte Jessica.
    »Das ist doch viel zu früh.« Aber er lächelte froh.
    »Unsinn«, meinte sie. »Das Semester beginnt erst nach dem 7. Januar wieder. Die meisten fahren in den Ferien nach Hause, einige nach Äthiopien.«
    Jessica nutzte die Gelegenheit, um Mitteilungen zu machen: wer Cambridge verließ, wer blieb, was für die Äthiopische Nacht Ende Januar noch zu tun war, die bei Brown’s stattfinden sollte. Sie reichte Kopien einer Liste mit Telefonnummern und E-Mail-Adressen aller Anwesenden herum, falls man in den Ferien Kontakt aufnehmen wollte.
    Kaleb nahm einen großen Schluck Kaffee und setzte den Pappbecher ab. Moshe hob die Hand und bat, eine Frage nachdem Komitee des Zentrums für Afrikanische Studien stellen zu dürfen.
    »Kommen Sie nachher zu mir«, beschied Kaleb. »Jetzt wollen wir mit unserem Seminar beginnen. Einige von Ihnen haben heute noch Züge oder Flugzeuge zu erreichen.«
    »Aber erst müssen Sie Ihr Geschenk auspacken, Herr Professor.« Jessica hielt ihm eine Schachtel hin, die mit einem roten Seidenband verschnürt war. Er knüpfte es auf und legte das Papier beiseite. Aller Augen waren auf ihn gerichtet, als er einen kleinen goldfarbenen Gegenstand aus dem Karton holte – die Nachbildung einer berühmten äthiopischen Krone aus dem 18. Jahrhundert.
    »Sie ist aus dem Victoria & Albert Museum«, erläuterte der Portugiese. »In dessen Sammlungen befindet sich das Original. Die Nachbildung soll ein Briefbeschwerer sein.«
    Erfreut stellte Kaleb
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher