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Die Templerverschwoerung

Die Templerverschwoerung

Titel: Die Templerverschwoerung
Autoren: Daniel Easterman
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PROLOG
    Addis Abeba
    »Warum bin ich hier?«
    Schweigen. Der Mann gegenüber gab keine Antwort.
    »Ich habe gefragt: Warum bin ich hier?«
    Erneut Schweigen, ein starrer Blick und zusammengepresste Lippen.
    Zuvor hatte man ihn hierhergebracht, ihm befohlen, auf einem der beiden Stühle Platz zu nehmen und ihn sich selbst überlassen. Er hatte sich lange den Kopf zermartert und war auf dem harten Sitz hin und her gerutscht. Der Raum war keine Gefängniszelle, kam einer solchen aber ziemlich nahe. In der Ecke hockte eine Spinne in ihrem Netz. Kein Fenster. Nur eine nackte Glühbirne hing von der Decke und tauchte alles ringsum in farbloses Licht. Der Raum war ungeheizt, ob aus Nachlässigkeit oder Absicht, konnte er nicht sagen. Seine Kleider hatten sie ihm gelassen, aber Handy, GPS, Schreibblöcke und Stifte abgenommen.
    Am Abend zuvor – er hatte vor dem Itegue Taitu an der Wingate Street gestanden und mit ein paar Hotelgirls geschwatzt – waren zwei Männer an ihn herangetreten –, sehr höflich, mit amerikanischem Akzent, deren braune Hosen und Blazer, korrekt zugeknöpfte weiße Popelinehemden mit einer Art gestreiftem College-Schlips sich stark von seiner eigenen Reisekluft abhoben. Sie stellten sich nicht mit Namen vor. Aber einer kannte seinen und sagte: »Können Sie uns bitte nach dort drüben folgen, Mr. Boothe-Rogers?« Er war mitgegangen, denn es gab keinen Anlass zu glauben, dassdaran etwas nicht stimmen sollte. Immerhin hatte er die ganze Welt und in der letzten Zeit Äthiopien bereist, ohne dass ihm etwas zugestoßen war. Bis zu diesem Zeitpunkt. Während er neben dem Mann ging, der seinen Namen kannte, schob sich der zweite hinter ihn, drückte ihm etwas Hartes ins Kreuz, was die Hotelgirls nicht sehen konnten, und befahl ihm, in den Wagen zu steigen, der am Bordstein wartete. Natürlich wollte er protestieren, warum auch nicht? Aber da zückte der erste Mann ein kurzes Messer, hielt es vor sein rechtes Auge und raunte, er möge ein braver Junge sein. Also gehorchte er lieber und stieg in den Wagen, einen BMW, den man auf den Straßen dieser Stadt nicht häufig sah. Die Hotelgirls schauten weg, wie man es von ihnen erwartete.
    »Ich will wissen, weshalb Sie mich hier festhalten«, sagte er. Es war nur noch eine Person im Raum – ein Mann um die vierzig, beide Arme von den Handgelenken bis zu den Schultern mit Tattoos bedeckt – Kirituhi der Maoris, für Ausländer gemacht. Ihm kam der Gedanke, sein Bewacher verstehe vielleicht kein Englisch und antworte deshalb nicht. Für einen Äthiopier war er viel zu hellhäutig, konnte aber Libanese oder Israeli, Spanier oder Portugiese sein. Minuten vergingen. Jonathan fragte sich, ob man ihn durch einen Einwegspiegel beobachtete. Er konnte sich absolut nicht vorstellen, was das Ganze sollte. Er war auf Demonstrationen gegen Israel gewesen, hatte dort »Hamas, Hamas, Juden ins Gas« gesungen, weil er für ein unterdrücktes Volk Solidarität empfand und dessen imperialistische Unterdrücker hasste. Aber selbst die Israelis sahen das nicht so verbissen, außerdem war der MOSSAD in Äthiopien bestimmt nicht aktiv und er ein britischer Bürger mit entsprechenden Rechten. Er hätte es für eine Verwechslung gehalten, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass die Entführer ihn mit seinem Namen angesprochenhatten. Wenn sie den kannten, dann wussten sie auch, wer er war. Er hatte über seine Reisen mehrere Bücher veröffentlicht und für das Fernsehen eine Serie gemacht, die ihn auf den Spuren des berühmten Forschungsreisenden Wilfred Thesiger bis ins Leere Viertel der Arabischen Wüste geführt hatte. Nach Äthiopien war er gekommen, um sich die Kirchen von Lalibela, die Obeliske von Axum und die Wüste Danakil mit ihren Salzlagerstätten und aktiven Vulkanen anzusehen. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, sich von Militärobjekten und anderen heiklen Orten fernzuhalten. Genau das hatte er getan. Nur Amateure stolperten ahnungslos in Raketentestgelände oder Folterzentren. Er war kein Amateur, was also sollte er in diesem Raum? Worauf wartete er hier?
    Nach weiteren zehn Minuten ging die Tür auf, und die beiden Amerikaner traten ein, die ihn am Abend zuvor hierhergeschleppt hatten. Sie waren immer noch korrekt gekleidet und machten nicht den Eindruck, als hätten sie letzte Nacht schlecht geschlafen. Beide waren groß, schlank und frisch rasiert. Jonathan schätzte sie um die vierzig, so alt wie er selbst. Der eine hatte schwarzes, der andere graumeliertes Haar,
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