Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Suessen Kleinen

Die Suessen Kleinen

Titel: Die Suessen Kleinen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
Kind hier sehr glücklich sein wird«, sagte Elisheva, »vorausgesetzt, dass die Kleine nicht ununterbrochen belästigt wird.«
    Wir teilten den Holzer’schen Optimismus nur bedingt. Schließlich kannten wir den kleinen Satansbraten. Wir beneideten die Holzer nicht eine Sekunde.
    Zwei Tage vergingen. Dann kam die beste Ehefrau von allen mit einem genialen Vorschlag: Wir könnten doch ganz beiläufig an Elishevas Ferienlager vorbeifahren, um einen Blick hineinzuwerfen. Ich hatte grundsätzlich nichts dagegen, und so begaben wir uns auf eine Erkundungsreise. In unseren Köpfen spukte die Vision von einem tränenüberströmten kleinen Mädchen und einer kurz vor dem Nervenzusammenbruch stehenden Holzer.
    »Die arme Elisheva«, seufzte die beste Ehefrau von allen, »eigentlich ist sie doch eine sympathische Person.«
    Die Realität ließ unsere Schreckensvision zu nichts verblassen. Ein Blick über den Zaun zeigte uns eine Renana, die mit anderen Kindern im Gras kauerte und ein Buch las. Ein echtes Buch! Und sie blätterte es nicht nur missmutig durch, sie las darin. Und das zu einer Zeit, da im Fernsehen schon der Zeichentrickfilm begonnen hatte! Niemals – ich sage niemals – wäre so etwas zu Hause denkbar gewesen. Erschüttert brachen wir das Tor auf und liefen der Holzer direkt in die Arme. Sie drängte uns in eine Ecke.
    »Das Kind passt sich an«, flüsterte sie, »warum stören Sie?«
    »Verzeihen Sie«, sagten wir, »wir wollten nur wissen, wie Sie das Kind während des Trickfilms zum Lesen bringen.«
    Wortlos führte uns Frau Holzer zu einer schwarzen Tafel, auf der ein »Tagesplan« verzeichnet war.
    »Das Kind liest nicht«, belehrte sie uns mit herablassendem Lächeln. »Renana nimmt an einem ›Buch-Festival‹ teil. In Kürze werden wir uns dem Abendessen zuwenden.«
    »Was«, keuchte meine Frau, »was gibt’s denn zum Abendessen?«
    »Verschiedene Milchspeisen.«
    Milch! Wir konnten es nicht fassen. Um den Wahrheitsgehalt von Elishevas Behauptung zu überprüfen, blickten wir wieder auf die Tafel, und dort lasen wir weiß auf schwarz:
    »Heute um 18.30 Uhr Beginn des großen Milch-Symposions und um 21 Uhr Startschuss zur Schlaf-Olympiade.«
    »Um neun Uhr«, rief die beste Ehefrau von allen verdattert. »Sie geht, verdammt noch einmal, um neun Uhr zu Bett?«
    Die Holzer hingegen lächelte nur. Wir überflogen das Programm des nächsten Tages. Es begann mit einem »Zahnputz-Konzert«, gefolgt von einem »Reinigungs-Trip«. Was uns den Rest gab, war ein »Grammatik-Hürdenlauf«, der gleich nach dem »Geschirrspül-Jamboree« stattfinden sollte.
    »Madame«, ich verneigte mich tief vor Elisheva, »Sie sind ein Genie.«
    »Na ja«, meinte sie, »so sagt man allgemein.«
    Unsere Tochter hatte uns inzwischen erspäht. Fröhlich tanzte sie auf uns zu. Ihr Gesicht glühte vor penetranter Lebensfreude.
    »Gleich gibt’s Abendessen!«, jodelte sie. »Wiedersehn!«
    Und weg war sie, um am »Fingernägel-Karneval« teilzunehmen. Das war ein gesellschaftliches Ereignis, dessen besonderes Merkmal darin bestand, dass die Teilnehmer ihre Fingernägel mit der Schere zu schneiden hatten, anstatt sie ungekocht zu verzehren.
    Ich spürte, wie die beste Ehefrau von allen an einem akuten Minderwertigkeitskomplex zu leiden begann. Mit Recht übrigens, die Holzer war eine meisterhafte Pädagogin.
    Meine Frau wandte sich an die große Erzieherin. »Fabelhaft! Ich bewundere Sie!«
    Wir verabschiedeten uns. Am Tor fing uns Renana ab und zog unsere Köpfe zu sich herunter.
    »Gestern«, kicherte sie selig in unsere Ohren, »gestern hatten wir um acht Uhr eine ›Licht-aus-Orgie‹!«
    Um acht Uhr! Sie ist tatsächlich um acht Uhr ins Bett gegangen, diese kleine Schlange.
    Auf der Heimfahrt war die Luft in unserem Wagen ein wenig stickig. Meine Frau schlug vor, Renanas Aufenthalt bei Elisheva Holzer drastisch abzukürzen, auf dass sie nicht Schaden nähme an Leib und Seele.
    »Warum?«, fragte ich. »Sie scheint doch sehr glücklich zu sein.«
    »Ebendarum! Je glücklicher sie sich dort fühlt, desto niedergeschlagener wird sie zu Hause sein.«
    Ich musste ihr recht geben. Unsere Kleine würde die Heimkehr als schrecklichen Abstieg empfinden. Also beschlossen wir, die Beste und ich, der großen Holzer einige Ideen zu stehlen, um ihre Pädagogik-Gags auch zu Hause anzuwenden.
    Als Renana am Vorabend des ersten Schultages an unseren Busen zurückkehrte, schloss sie sich zunächst einmal in ihrem Zimmer ein. Dort fand sie über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher