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Die Suessen Kleinen

Die Suessen Kleinen

Titel: Die Suessen Kleinen
Autoren: Ephraim Kishon
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Umstände. Die Bedingungen sind folgende: eine wilde Orgie für den Babysitter und seinen Freundeskreis in sämtlichen Räumen unseres Hauses, einige Tonbänder mit heißer Tanzmusik, kühle Erfrischungen, freier Transport hin und zurück sowie ein drahtloses Funkgerät (auch »Walkie-Talkie« genannt). »In Mühsal und Plage sollt ihr eure Kinder großziehen«, sagt die Bibel und nimmt damit sicherlich Bezug auf das Babysitterproblem.
    »Ich glaube«, sagte die beste Ehefrau von allen, als sie unseren König David im fünften Monat unter dem Herzen trug, während ihr Blick, das Land der Griechen mit der Seele suchend, weit über das Meer schweifte: »Ich glaube, Medea hat ihre Kinder nur deshalb getötet, weil sie keinen Babysitter bekommen konnte.«
    Ein Gedanke, der nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen ist.
    Im siebenten Monat ihrer Schwangerschaft mit Amir kam sie eines Tages mit einer älteren Dame nach Hause. Diese ließ sich im Wohnzimmer nieder, holte aus ihrer Tasche einen größeren Vorrat an Frauenmagazinen sowie Stricknadeln und einen überdimensionalen Wollknäuel. Sie vertiefte sich mit einem Auge in die Lektüre, mit dem anderen strickte sie zwei glatt, zwei verkehrt. Nach etwa drei Stunden wurde ich etwas nervös und verlangte eine Erklärung von meiner Frau.
    »Ich habe nicht die Absicht, erst im letzten Moment unser Land nach einem Babysitter zu durchkämmen«, teilte mir das kleine Weib mit dem großen Bauch mit. »Frau Fleischhacker wird bis zur Ankunft des Babys dreimal wöchentlich kommen und danach fünfmal wöchentlich. Sie hat als Babysitter langjährige Erfahrung, und ich lasse sie mir nicht vor der Nase wegschnappen.«
    Meine Frau produzierte zur vorgesehenen Zeit unseren zweiten Freudenspender ohne größere Schwierigkeiten, und nach einem flüchtigen Blick auf das rosa Etwas, das vorläufig noch vornamenlos neben ihr lag, rief sie aus: »Sag selbst, sieht er nicht wie ein kahler blonder Engel aus?«
    In der Farbe hat sie sich geirrt. Was den Engel betrifft, so mussten wir gemeinsam mit unseren Nachbarn, sofern sie nicht weggezogen sind, bald die Entdeckung machen, dass unser Sohn, hätte er zur Zeit des Falles von Jericho gelebt, in der Lage gewesen wäre, diese Mauern eigenhändig zu Fall zu bringen – oder sollte ich sagen eigenstimmig? Er konnte stundenlang brüllen, unser Amir, er brüllte, bis sein Gesicht blau anlief, und nur eines konnte ihn davon abhalten: Bewegung. So wie jeder waschechte Israeli war er nur dann schweigsam und glücklich, wenn er auf Reisen war. Ich könnte ein ganzes Buch über dieses Thema schreiben: »Wanderjahre mit meinem Sohn«. Genau das war’s, was wir die ersten drei Jahre seines Lebens taten: Kinderwagen schieben. (Davon blieb mir bis zum heutigen Tag die traumatische Abneigung gegen Supermärkte.) Wann immer ich an der Reihe war, den Kinderwagen zu schieben, und versuchte, mich dem vorsichtig zu entziehen, erklärte mir die beste Mutter von allen, dass das Kind unter Winden im Bäuchlein leide.
    »Freilich«, erwiderte ich, während ich erschöpft meinen Nachkömmling auf der Terrasse hin und her schob, »und wenn ich ihn im Kinderwagen schaukle, hat er keine Winde?«
    »Nein«, sagte die beste Ehefrau von allen, »dann nicht.«
    Das Ergebnis dieser verpfuschten Erziehung sollte siebzehn Jahre später klar zutage treten. Amir bekam einen Tobsuchtsanfall, als meine Frau sich weigerte, ihm zwei Minuten nach seiner bestandenen Fahrprüfung ihren Wagen zu leihen. Als ich sah, wie sich mein rothaariger Sohn in seiner ganzen Länge auf den Boden warf und schrie: »Auto! Amir will Auto!«, sagte ich meiner Frau mit der mir eigenen Ruhe: »Ich glaube, das Kind hat noch immer Winde im Bäuchlein.«
    Die Antwort meiner Allerbesten soll aus dem Protokoll gestrichen werden.
    Zum Thema Kindererziehung, wie gesagt, hatten wir schon immer divergierende Ansichten. Die beste Ehefrau von allen zum Beispiel hatte die letzten achtzehn Jahre nicht wenig Kinderfotos in ihrer Handtasche. Und alle diese Fotos zeigte sie denen, die an Kindern interessiert waren oder nicht.
    »Ein Kind kann sich ändern«, argumentierte sie, »aber auf dem Foto bleibt es immer so, wie es ist.«
    Was unsere beiden Kinder betrifft, so sind sie natürlich sehr lieb und klug und neurotisch vom Scheitel bis zur Sohle. Dazu möchte ich jedoch hier einen Luftpostbrief veröffentlichen, den mir die beste Ehefrau von allen vor sechzehn Jahren geschrieben hat.
    Mein lieber Ephraim,
    seit Du
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