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Die Suessen Kleinen

Die Suessen Kleinen

Titel: Die Suessen Kleinen
Autoren: Ephraim Kishon
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Bestenfalls werde ich bemitleidet.
    »Ich brauche gute Musik«, erklärte mir Amir. »Sonst kann ich mich nicht für die Abschlussprüfungen vorbereiten. Ich muss mich konzentrieren.«
    Meine Kinder halten mich für einen alten, überflüssigen Lappen, für ein nutzloses Fossil. Sei’s drum. Ich weiß, dass ich wenigstens nicht als einziger in dieser traurigen Lage bin. Ich kenne viele Väter, denen es genauso ergeht. Eines Tages werden wir uns alle, mit Hörrohren ausgerüstet, in einer aufgelassenen Drachenhöhle treffen.
    In Amerika tun die Angehörigen der jungen Generation keinen Schritt ohne dröhnend aufgedrehtes Radio. Wahrscheinlich bereiten sie sich auf ihre Abschlussprüfungen vor.
    Mein Zahnarzt behauptet, man müsse der irregeleiteten Jugend mit psychologischem Raffinement beikommen.
    »Sie lärmen mit Absicht«, sagte er. »Weil sie wissen, dass wir das nicht vertragen. Und sie freuen sich, wenn sie uns leiden sehen. Das darf man ihnen natürlich nicht zeigen. Deshalb bitte ich meinen Danny immer, das Radio oder den Plattenspieler stärker aufzudrehen.«
    »Und wie reagiert Ihr Danny?«
    »Er dreht stärker auf.«
    Im Notfall greift mein Zahnarzt zu einem Abwehrmanöver, das er »Wurzelbehandlung« nennt. Er packt das Übel an der Wurzel. Vermittels eines Wackelkontakts, den kein anderes Mitglied seines Haushalts kennt, stellt er einen Kurzschluss her. Gegen das Radio hilft das zwar nichts, aber schon die kleine Ruhepause, die in der dunklen Wohnung eintritt, ist eine Wohltat.
    Ich meinerseits denke nicht daran, mich geschlagen zu geben. Ich bin eine Kämpfernatur. Letzten Samstag haben Seligs Zwillinge unten im Garten eine Party veranstaltet. Eine Party? Eine Concorde-Massenlandung. Um 3 Uhr früh befand ich mich in jenem Zustand, in dem selbst der härtest gesottene Spion zusammenbricht und alles gesteht. Es war mir klar, dass ich im Augenblick nichts tun konnte. Hätte ich polizeiliche Hilfe angefordert, so hätte sich lediglich die Zahl der tauben Polizisten um zwei vermehrt. Aber am folgenden Tag wurde ich aktiv und suchte unser führendes Warenhaus auf, Abteilung Musikinstrumente.
    »Geben Sie mir die stärkste Trompete, die Sie auf Lager haben«, heischte ich. »Die größte. Die lauteste. Ich brauche sie für Abschreckungszwecke.«
    Zu Hause wartete ich auf die nächste Concorde-Party. Mit der Trompete in der Hand stand ich am offenen Fenster. Als ungefähr zehn Maschinen gleichzeitig landeten, füllte ich meine Lungen mit Oxygen und ließ einen Fanfarenton erschallen, der eine Herde ausgewachsener Elefanten in die Flucht geschlagen hätte. Da sich das Trompetenblasen als erstaunlich leicht erwies – jeder Vater mit genügend Wut im Bauch ist dazu imstande –, folgte alsbald eine weitere Fanfare.
    »Tuut – tutuut – tuut!«
    Die im Garten versammelte junge Generation wurde allmählich aufmerksam, blickte verwundert zu meinem Fenster empor und bedachte mich, als ich eine Atempause einlegen musste, mit lebhaftem Applaus. Angeregt und ermutigt fuhr ich fort. Meine Leistung steigerte sich, je besser ich meinen Speichel unter Kontrolle bekam. Die Schlusspassage musste ich auf allgemeines Verlangen wiederholen.
    Tags darauf klopfte mir mein Sohn Amir anerkennend auf die Schulter, zum ersten Mal seit 15 Jahren. »Meine Freunde finden, dass du gar nicht so übel bist. Kein solcher Musikmuffel wie andere Väter.«
    »Bin ich auch nicht.« Ich konnte ein Gefühl der Genugtuung nicht unterdrücken. »Also macht dir dein Vater keine Schande, was?«
    »Du bist okay, Alter«, sagte Amir.
    Wirklich, ich verstehe nicht, warum manche Leute sich über ein bisschen Lärm so aufregen.

Kinderliebe
    Die überschäumende Kinderliebe der besten Ehefrau von allen begann etwa achtzehn Monate vor der Geburt unseres gemeinsamen Zweitgeborenen Amir. Jenes Amirs, der blauen Auges und flammenden Haares durchs Leben schreitet, ebenso wie König David in den Tratschkolumnen der Antike beschrieben wurde. Wachsam und umsichtig wie immer hat die beste Ehefrau von allen schon in diesem frühen Stadium unserer Familienplanung entdeckt, dass das wesentliche Problem der Kindererziehung die Anschaffung eines verlässlichen Babysitters ist. Das ist zwar ein weltweites Problem, aber es ist nahezu unlösbar in einem Staat, der gerade in dem Moment seine Jungen und Mädchen zum Militär schickt, da sie die notwendige Reife für einen Babysitter erreichen. Sogar wenn einmal einer greifbar ist, bekommt man ihn nicht ohne erschwerende
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