Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
entgegennahmen. An der Stirnseite des Zimmers, das Blick auf den Hinterhof hatte, wurde der Raum durch eine Glasfront abgeteilt, die von innen mit Plakaten oder etwas Ähnlichem zugeklebt schien. Unterhalb der Glasfront war eine lange Tafel aufgebaut, auf der man Proviant, Getränke und eine Kaffeemaschine aufgebaut hatte. Die Luft roch hier leicht abgestanden, obwohl die Klimaanlage leise vor sich hin röchelte. Das roch nach fetten Überstunden.
    Die anwesenden Beamten nahmen keinerlei Notiz von ihr, so dass Romy dem Chief einfach folgte, der die Tür zu dem angrenzenden Raum für sie öffnete, so dass die Jalousie leicht gegen die Scheibe rappelte, die man zum Sichtschutz herunter gelassen hatte. Bisher war die Umgebung für Romy gewohntes Umfeld. Das Innenleben von Revieren war überall in den USA einem gewissen Standard unterworfen.
Um den länglichen Tisch herum saßen einige Beamte in Zivil, die die Köpfe neugierig von den Unterlagenstapeln hoben, die sie gerade durchgingen. Man wurde einander vorgestellt. Es war eine Gruppe von sechs Detectives, jeweils drei aus dem hiesigen Revier und drei von der SCU.
    „Sie können sich ja solange mit dem Fall vertraut machen, Miss Kiss, bis der zuständige Inspector zu Ihnen stößt. Es dauert nicht mehr lange.“
    Mit diesen Worten überließ er Romy ihrem Schicksal und verließ den Raum, in dem gerade sechs Augenpaare auf ihr klebten, die mehr als gemischte Gefühle bezüglich ihrer Person widerspiegelten. Romy schob es auf natürlichen Argwohn gegenüber einer freischaffenden Detektivin. Selbst wenn sie die Prüfung zum Lieutenant absolviert hätte, wäre sie rangmäßig unter den anwesenden Detectives einzustufen gewesen.
    „Dürfte ich um eine kurze Einführung bitten, meine Herren?“, bat Romy mit neutraler Stimme, da sie auf keinen Fall durch zu selbstbewusstes Auftreten negativ auffallen wollte.
    Es genügte schon vollkommen, eine Frau zu sein. Polizeireviere waren immer noch eine Testosteron-Hochburg, was Romy allerdings nicht im Geringsten störte. Sie hatte beinahe zehn Jahren in diesen Kreisen verbracht und kannte die Regeln.
Einer der Detectives in einem schlecht sitzenden dunkelbraunen Anzug von der Stange (solche Dinge fielen ihr nun unweigerlich ins Auge, nachdem sie mit dem Abbild eines geschniegelten Vorzeige-Geschäftsmannes liiert war) lächelte humorlos und hob die Hand, um auf die Trennwand zu zeigen, wo gar keine Plakate hingen. Es war vielmehr eine weiße Kartonbahn, auf der in regelmäßigen Abständen Bilder aufgeklebt waren, über denen jeweils ein Nachname samt Datum stand.
    „Fünf Tote in einem Zeitraum von zwölf Monaten. Ich denke, das dürfte als Einführung genügen, oder nicht?“
    Romy nickte nur dazu, ohne auf die Provokation einzugehen. Wenn die davon ausgingen, dass sie gleich würgend aus dem Zimmer stürmen würde, dann hatten sie sich alle geschnitten. Sie legte ihre Mappe auf dem Tisch ab, wo noch ein freier Stuhl am Kopfende stand. Sie verzog geringschätzig den Mund, weil man ihr den Stuhl genau gegenüber vom Chef zugedacht hatte, als würde sie das nervös machen können. Diese Spielchen waren einfach zu leicht durchschaubar und sie hätte beinahe darüber die Augen verdreht, wenn sie das Misstrauen der Männer nicht durchaus hätte nachvollziehen können. Sie war eben eine unbekannte Größe, man wollte sie auf Herz und Nieren prüfen. Nur zu.
    Sie wandte ihren Zuschauern den Rücken und sich der grausigen Bilderserie zu.
„Coolidge – 13. August“, war die erste Bildüberschrift, die einen Zeitpunkt im vergangenen Jahr bezeichnete.
Darunter hingen sechs Fotografien, auf denen der tote Körper einer jungen Frau aus diversen Perspektiven aufgenommen worden war. Die gestochen scharfen Farbaufnahmen zeigten jedes Detail und wiesen keinerlei künstlerischen Anspruch auf, was die Darstellung des Verbrechens nur noch grausamer gestaltete. Das Mädchen musste früher sehr hübsch gewesen sein, Romy konnte sich auf dem vergrößerten Foto ihres Gesichtes, das unter den Tatortaufnahmen hing, davon überzeugen. Sie machte eine mentale Bestandsaufnahme von allem, was ihr besonders ins Auge stach, ohne darüber auch nur ein Wort zu verlieren.
09. November… 08. März… 11. Juni… 02. August… (also gerade erst Anfang diesen Monats)
Romy hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wollte schon die Hand heben, um sich mit Daumen- und Zeigefinger an der Unterlippe zu zupfen, ließ es dann im letzten Moment wegen des Lipgloss
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher