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Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Titel: Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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von einer nackten WPC Watson losreißen sollte.
    »Äh … Sir … Wir haben da so eine Leiche … eine –«
    »Ich bin nicht im Dienst.«
    WPC Watson gab einen Laut von sich, der besagte, dass er sehr wohl im Dienst sei – allerdings nicht im Auftrag der Grampian Police.
    »Ich weiß, aber alle anderen sind bei irgend so einem Feuer, und wir haben keinen Einsatzleiter, keine Spurensicherung und nichts!«
    Logan fluchte in sein Kissen hinein. »Okay«, sagte er schließlich. »Wo sind Sie?«
    Die Türklingel schrillte wieder.
    »Äh … das war ich.«
    Verdammter Bockmist.
    Ächzend und fluchend wälzte Logan sich aus dem Bett und zog sich etwas über, um dann, zerknautscht und unrasiert, wie er war, zur Tür hinauszustolpern und die Treppe hinunter zur Haustür zu tappen. Draußen stand PC Steve Jacobs, berüchtigt für seine Striptease-Version von Queens A Kind of Magic .
    »Tut mir leid, Sir«, sagte er mit betretener Miene. »Es ist gleich da drüben. Nackte Frau. Sieht aus, als wäre sie zu Tode geprügelt worden …« Und damit entschwand auch Logans letzte Hoffnung, die frühen Morgenstunden auf angenehmere Art verbringen zu können.
    Um Viertel nach zwei am Dienstagmorgen war das Hafenviertel die reinste Geisterstadt. Im Schein der Straßenbeleuchtung wirkten die grauen Granitbauten unnatürlich und abweisend, ihre Silhouetten im Nieselregen verschwommen. Ein riesiges, knallorange gestrichenes Versorgungsschiff lag in Verlängerung der Marischal Street vor Anker, und seine grellen, von Dunstschleiern umgebenen Lichter blendeten Logan und PC Jacobs, als sie in die Shore Lane einbogen. Es war eine enge Einbahnstraße im Herzen von Aberdeens Rotlichtviertel: auf der einen Seite eine fünf Stockwerke hohe Fassade aus schmutzigem Granit mit abgedunkelten Fenstern, auf der anderen eine Ansammlung willkürlich zusammengewürfelter Gebäude verschiedener Größe. Selbst um diese nachtschlafende Zeit war die Geruchskulisse bemerkenswert. Nach drei Tagen mit sintflutartigen Regenfällen und einer Woche mit strahlendem Sonnenschein war die Kanalisation voll von ersoffenen Ratten, die aromatisch vor sich hin gammelten. An den Häusern waren Natriumdampflampen montiert, aber die meisten hatten längst den Geist aufgegeben, sodass nur kleine Inseln gelblichen Lichts das Meer der Dunkelheit aufhellten. Das Kopfsteinpflaster unter ihren Sohlen war glitschig, als Logan hinter PC Steve auf eine dunkle Pfütze in der Mitte der Straße zusteuerte. Eine Polizistin kauerte vor einem weißen Etwas, das quer auf der Fahrbahn lag. Die Leiche.
    Die Polizistin richtete sich auf, als sie die beiden kommen hörte, und leuchtete ihnen mit ihrer Taschenlampe voll ins Gesicht. »Oh«, sagte sie ohne jede Begeisterung. »Sie sind’s.« Sie trat zurück und ließ den Lichtkegel der Lampe über die nackte Leiche huschen.
    Das Gesicht der Frau war blutig und zerschlagen, ein Auge fast zugeschwollen, die Nase plattgequetscht, Jochbein und Unterkiefer gebrochen, die Zähne ausgeschlagen. Sie trug ein Halsband aus dunkelroten Blutergüssen – und sonst nichts.
    Sie war kein junger Hüpfer mehr: die fleischigen weißen Oberschenkel eine einzige Kraterlandschaft von Orangenhaut; der Bauch gefurcht von Schwangerschaftsstreifen wie Dünen im Wüstensand – und dazwischen kurze, raue Stoppeln: Die letzte Do-it-yourself-Intimrasur lag wohl schon eine Weile zurück. Knapp über ihrer linken Brust prangte auf der milchig weißen Haut eine Rose mit einem blutigen Dolch. Dem tätowierten Blut konnte auch der hartnäckigste Regen nichts anhaben.
    »Mein Gott, Rosie«, sagte Logan, als er sich vorsichtig mit einem Knie auf das kalte, nasse Pflaster niederließ, um die Tote genauer in Augenschein zu nehmen. »Welches Schwein hat dich so zugerichtet?«
    »Sie kennen sie?« Die Frage kam von der unfreundlichen Polizistin. »Waren wohl Stammkunde bei ihr?«
    Logan ignorierte sie. »Rosie Williams. Geht schon anschaffen, seit ich mich erinnern kann. Der Himmel weiß, wie oft sie schon wegen Aufforderung zur Unzucht verknackt worden ist.« Er streckte die Hand aus und fühlte an ihrem Hals nach einem Puls.
    »Ob Sie’s glauben oder nicht, das haben wir auch schon gemacht«, sagte die Polizistin. »Mausetot, ich sag’s Ihnen.«
    Der dichte Regen dämpfte die trunkenen Stimmen, deren grölende Gesänge und Rufe aus der Gegend der Docks zu hören waren. Logan richtete sich auf und blickte die Straße hinauf und hinunter. »Spurensicherung? Staatsanwältin?
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