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Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Titel: Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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geprügelt.«
    Es war zwanzig nach vier, ehe wieder jemand aufkreuzte, und da war Doc Wilson längst wieder verschwunden. Die Sonne lugte schon über den Horizont, ein blassgelber Fleck, überzogen von grauen Schlieren, doch die Shore Lane war noch immer in tiefe Finsternis gehüllt.
    Der verdreckte weiße Lieferwagen der Spurensicherung setzte von der vierspurigen Straße in die Gasse zurück, eingewiesen von einem einsamen Spusi im weißen Schutzanzug. Beide Hecktüren wurden aufgestoßen, und dann begann der rituelle Kampf mit dem Schutzzelt. Mühsam wurde die Konstruktion aus Metallstangen und blauen Plastikplanen über Rosie Williams’ Leiche aufgebaut. Ein Generator erwachte grollend zum Leben und blies tuckernd blauen Rauch in die Morgenluft. Dieseldämpfe mischten sich mit dem Gestank nach verwesenden Ratten, während zwei Bogenlampen knisternd aufleuchteten. Nicht lange darauf tauchte die Staatsanwältin auf und parkte an der Einmündung der Gasse in den Regent Quay. Eine attraktive Blondine von Anfang vierzig, sah sie fast so müde aus, wie Logan sich fühlte, und duftete leise nach Rauch. Eine ernst wirkende jüngere Frau folgte ihr in einigen Schritten Abstand: jede Menge krauses Haar, große Augen, Klemmbrett im Anschlag. Logan brachte beide auf den neuesten Stand, während sie sich in ihre identischen weißen Papier-Strampelanzüge mühten, und durfte noch einmal von vorne anfangen, als die Rechtsmedizinerin auftauchte. Dr. Isobel MacAlister: müde, gereizt und nur allzu bereit, alles an Logan auszulassen. Nichts konnte einem den Spaß an einer Mordermittlung so gründlich verderben wie eine Exfreundin. Und immer noch keine Spur von DI McPherson. Was bedeutete, dass Logan immer noch verantwortlich war, falls irgendetwas schiefgehen sollte. Als ob er nicht schon genug Probleme hätte. Das einzig Gute war, dass es nicht lange sein Problem bleiben würde: undenkbar, dass man ihm die Ermittlungen in einem Mordfall übertragen würde. Nicht nach dem, was er sich in letzter Zeit alles geleistet hatte. Nicht, nachdem er diese Razzia verbockt hatte, die PC Maitland fast das Leben gekostet hätte. Nein, diesen Fall würde jemand kriegen, der den Karren nicht in den Dreck fahren würde. Er sah auf die Uhr. Fast fünf. Immer noch zwei Stunden bis zum Beginn seiner regulären Schicht, und er war schon die halbe Nacht zugange.
    Mit einem müden Seufzer trat Logan aus dem kalten Licht des Morgens in das Zelt der Spurensicherung. Es würde ein langer Tag werden.

3
    Das Präsidium der Grampian Police war ein siebenstöckiger Klotz mit breiten schwarzen und grauen Streifen aus Beton und Glas, versteckt in einer kleinen Straße, die vom östlichen Ende der Union Street abging. Mit seiner Dornenkrone aus Funkantennen und Sirenenanlagen auf dem Dach war das Polizeihauptquartier nicht gerade das architektonische Glanzstück Aberdeens, aber Logan fühlte sich hier wie zu Hause.
    Er holte sich einen Kaffee aus dem Automaten und schnorrte im Pressebüro einen Schokokeks. DI McPherson war immer noch unauffindbar. Logan suchte ihn in seinem Büro, in seiner Einsatzzentrale, in der Kantine – nichts. Er versuchte es auf der Leitstelle, aber dort hatte man nichts mehr von McPherson gehört, seit er heute Morgen um Viertel vor sechs aus dem Krankenhaus angerufen hatte. Bein- und Handgelenkbruch, Gehirnerschütterung. Er war zwei Treppen hinuntergefallen. Logan fluchte. »Warum hat mir keiner was gesagt? Ich warte seit heute früh halb drei auf ihn!« Aber der diensthabende Beamte zuckte nur mit den Achseln. Er war schließlich nicht Logans Sekretär. Wenn Logan jemanden suchte, an den er den Fall abgeben konnte, dann sollte er es am besten mal bei DI Insch versuchen. Auch wenn der schon diesen Brandanschlag aufzuklären hatte.
    Bei DI Inschs morgendlicher Einsatzbesprechung herrschte gedämpfte Stimmung. Der Inspector saß vorne, angetan mit einem schicken grauen Anzug, dessen Nähte unter seiner beträchtlichen Leibesfülle ächzten. Der Mann schien jedes Jahr noch ein kleines bisschen dicker zu werden, und mit seinem rundlichen Gesicht und seiner spiegelblanken Glatze sah er aus wie ein missgestimmtes pinkfarbenes Ei. Es herrschte eisiges Schweigen, als er berichtete, dass PC Maitlands Zustand sich nicht gebessert habe – es sei den Ärzten gelungen, die Kugel zu entfernen, aber er habe das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt. Sie würden für die Familie sammeln.
    Als Nächstes stand eine Reihe von Gewaltdelikten in der
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