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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Raymond E. Feist
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vom Gut her sandte. Seine Geliebte Teani stand selten vor dem Nachmittag auf, und seine Toleranz für das Geschäftliche verließ ihn in dem Augenblick, da sie erwachte. Mit einem Charme, von dem selbst der älteste Bote mit Bewunderung berichtet hatte, pflegte sie Buntokapi dann ins Bett zu locken, bis kaum noch genug Zeit blieb, um aufzustehen und sich zum Essen anzukleiden. Dann ging das Paar ins Theater und sah sich eine Komödie an, in die Taverne, um Sängern zu lauschen, oder in die Spielhäuser, obwohl Teani über keinerlei Reichtum verfügte außer dem, was ihr geschenkt wurde. Sie zog ein seltsames Vergnügen daraus, wenn sie ihren Geliebten zum Wetten ermutigte, und es ging das Gerücht, daß ihre Augen noch heller strahlten, wenn er verlor. Mara runzelte nachdenklich die Stirn. Viele Diener hatten Beschimpfungen ertragen und Schläge einstecken müssen, um diese Informationen zu erhalten. Der letzte Läufer, der ein Dokument zu Buntokapi hatte bringen sollen, war sogar ernsthaft verprügelt worden. Doch in dieser Angelegenheit war das Schicksal eines Sklavenjungen nur von geringer Bedeutung. Es würde noch schlimmer werden, sollte der Mann, den sie geheiratet hatte, weiterhin den Mantel des Lords tragen. Ayakis wütendes Schreien hallte durch den Korridor jenseits der Läden, gefolgt von Nacoyas scheltender Stimme. Wenn das Kind schmutzige Windeln hatte, würde das Kinderzimmer für kurze Zeit zum Schauplatz eines mittleren Spektakels werden. Ayaki wehrte sich jedesmal wie ein junger Harulth, wenn irgend jemand versuchte seine Windeln zu wechseln. In einer Mischung aus Nachsicht und Verzweiflung verbarg Mara das Buch unter der alten Pergamentlandkarte und fuhr mit ihrem Studium des Kaiserreichs fort. Die Grenzen der Ländereien auf dieser Ausgabe stimmten nicht mehr ganz, da sie bereits gezogen worden waren, als sie ein kleines Mädchen gewesen war. Doch die Farben waren noch immer klar, und die meisten Besitztümer der wichtigsten Lords des Kaiserreichs waren deutlich zu erkennen. Da Buntokapi alles verabscheute, was mit Wörtern auf Papier zu tun hatte, würde er niemals dieses eine Dokument aus seinem Arbeitszimmer vermissen. Den einzigen Nutzen, den er aus einer Karte zog, war der, die Ländereien zu finden, die für die Jagd offen standen.
    Während Ayakis Geschrei näher rückte, erkannte Mara gleich am Anfang eine interessante Tatsache: Der Lord der Zalteca, ein Nachbar von geringem Rang, der einen blühenden Handel mit Töpferwaren betneb, benutzte ein Stück Land zwischen seinen eigenen Ländereien und der Kaiserlichen Straße, das das Eigentum des Lords der Kano zu sein schien, der weit im Osten in der Nähe der Stadt Ontoset lebte. Mara fand dies auf unerklärliche Weise amüsant. Vielleicht würde es sich später noch als nützlich erweisen, daß sie über die Besetzung von Gebietsrechten durch andere Familien Bescheid wußte. Sie würde Arakasi danach fragen, wenn er zurückkehrte, und dieser Gedanke erinnerte sie schlagartig an etwas anderes: Es blieb nur noch eine Woche, bis sie und Buntokapi ihren ersten Hochzeitstag feiern würden. Jederzeit konnte der Supai auf das Gut zurückkehren.
    Besorgnis erfüllte Mara, selbst dann noch, als Nacoya mit dem schreienden Ayaki in ihren Armen hereinkam. »Euer Sohn würde einen guten Ersatz für einen Guli abgeben«, sagte die alte Frau und bezog sich damit auf die haarigen, trollähnlichen Geschöpfe aus Kindermärchen; sie erschreckten ihre Opfer mit grauenhaften Schreien zu Tode.
    Mara nickte nur. Nacoya überlegte kurz, ob ihre Herrin möglicherweise taub geworden war, dann rief sie die Sklavin zu sich, die gerade saubere Decken in die Wiege packte, und zusammen mit ihr versuchte sie, den Erben der Acoma zu bändigen. Der Junge schrie, bis sein Gesicht rot war und allen anderen die Ohren schmerzten. Schließlich stand Mara auf. Sie beugte sich über das Kind und klimperte mit den Perlen, um es abzulenken. Als Ayakis Geschrei sich in einer seiner launenhaften Anwandlungen in Gelächter verwandelte, wandte sie sich wieder ihren eigenen Gedanken zu.
    Irgendwie mußte sie verhindern, daß Arakasi unter die Kontrolle Buntokapis geriet. Ihr bulliger Mann würde dieses Informationsnetzwerk nur verschwenden oder, schlimmer noch, seinem Vater zur Verfügung stellen. Damit würde jedoch der Lord der Anasati eine viel zu große Macht in den Händen halten. Die Notwendigkeit machte Mara kühn. Sie mußte sich sofort auf Arakasis Ankunft vorbereiten, damit
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