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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter
Autoren: Arne Sjöberg
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Fehler gemacht – ich weiß es jetzt, und das betrifft nicht nur die Frage, daß eben auch Fahrzeuge mit ausreichendem Aktionsradius in den Depots hätten stationiert werden müs sen, vielleicht auch Mannschaften. Wir werden daraus lernen, wie der Mensch immer aus allem gelernt hat. Aber geh zum ’Friedhof’ zurück, wenn das Allerschlimmste geschehen sollte. Ja, auch ich rechne damit. Ich muß damit rechnen, nach allem, was geschehen ist. Wir wollen nun mit offenen Karten spie len – du hast recht. Geh zurück also, und wenn du auf den Knien rutschen müßtest. Du bleibst wenigstens ein Mensch dann, und du wirst dir selber erhalten bleiben bis zu deiner letzten Stunde. Die Tantaliden jedoch – nein, Jorge, setze nicht mehr auf sie. Du wirst eine Funkanlage haben auf dem ’Fried hof’, und vielleicht kannst du dir damit einen Steiggleiter vom Plateau heranfunken – falls ’sie’ es zulassen. Auf dem Plateau aber hast du auch ein Feld und Ruhe und Sicherheit. Sogar einen Operationsautomaten wirst du dort finden. Viel leicht kann der dem Problemator helfen, und dann seid ihr immerhin zu zweit. Urteile selbst – was kann ich dir anderes raten?“
    Er hatte wohl recht auf seine Art, doch ich schwieg.
    Nach einer Weile sagte er nahezu sanft: „Fahr also diese fünfzig Kilometer zurück. Ich bin einverstanden damit. Und wenn du vernünftig bist, überlegst du es dir dann doch noch. Fahr, mein Freund!“ Es war schon wie ein Abschied.
    Anderthalb Stunden später stand ich auf einem Felsabsatz, etwa vierzig Meter über dem Tal. Ich hatte einen guten Ein stieg gefunden und war rasch hinaufgelangt. Drunten aber, in der Klamm, befand sich die Katze mit dem Problemator wohl geborgen unter einem Gesteinsbogen von beruhigenden Aus maßen.
    Ich sagte mit erstickter Stimme in meinen Kommunikator hinein: „So, Navigator, nun tu, was du tun mußt. Und leb wohl! Lebt alle, alle wohl!“
    Er antwortete nicht mehr. Vielleicht auch hatten sie bereits die Verbindung zu mir gelöst, wie er es mir angekündigt hatte. Wahrscheinlich wollte er es mir ersparen, akustischer Zeuge ihres Unternehmens zu werden, wie immer es auch ausgehen mochte.
    Ich brauchte nicht lange zu warten. Am Himmel ging eine zweite Sonne auf, gewann machtvoll an Glanz, sank hernie der auf Tantalus und stieg gleich darauf wieder empor. So verharrte sie einen zaudernden Augenblick lang, irgendwo an der Grenze der Stratosphäre, und es war, als wirkten zwei übergroße, einander entgegengesetzte Kräfte auf sie ein. Dann obsiegte die eine, und der Glutball stieg weiter in die Höhe, und bei diesem Anblick begann ich irgendwelche sinnlose, abge rissene Wortfetzen vor mich hin zu stammeln. Die Sonne von Menschenhand jedoch erhöhte ihre Leuchtkraft noch, schien den ganzen Himmel verschlingen zu wollen, und dann begann sie unvermittelt in sich zusammenzufallen und zu verlöschen. Einzelne Glutfetzen sanken tantaluswärts, kometenschweifig, mit zuckenden, schillernden, rasch vergehenden Farben.
    Und das war alles. Es gab keine ALGOL mehr.
    Ein matter Donner fiel erst Minuten später auf die Gipfel hernieder, und ein warmer Luftstrom atmete sich lau die Hange hinan.
    „Castor!“ schrie ich. „Commodore! So meldet euch doch! Ich bitte dich, gib Antwort!“
    Ich hätte meinen Kommunikator ebensogut auch gleich weg werfen können. Doch ich tat es nicht. Ich habe ihn heute noch und weiß selber nicht, warum.
    Ich stand dann dort droben, wankte und wich nicht vor dem mich anspringenden heißen Wind, und ich drohte zu den ra send heranziehenden, schwarzen Wolken mit beiden Fäusten hinauf.
    „Tantalus!“ brüllte ich aber gegen den grollenden Donner an. „Tantalus! Wahrhaft verflucht bist du bis in alle Ewigkeit! Ach, hätten wir doch den Mut gehabt, uns das am ersten Tage schon einzugestehen!“

X II
    Baskow starb im Turm der Tantaliden. Ich wachte getreulich über seine letzten Stunden.
    Als die ALGOL vernichtet war, hatte ich mir noch einmal alles sorgfältig überdacht. Ich war schließlich nicht in Richtung „Friedhof“ gefahren. Ich mochte einfach nicht mehr. Ein Ende mit Schrecken schien mir besser zu sein als Schrecken ohne Ende.
    Der Treibstoff der Katze reichte nachher nur noch bis knapp zum Kessel.
    Ich staunte nicht einmal mehr, als ich auf die offene Fläche hinaustrat. Nicht nur, daß die Trümmer unserer Fahrzeuge unberührt an Ort und Stelle lagen, auch sonst war nicht die Spur einer neuerlichen Gewalteinwirkung zu erkennen. Castors Angriff hatte
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