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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds
Autoren: Walter Jon Williams
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kommt Hilfe, die inzwischen ebenfalls einen tödlichen Zwist mit ihren orbitalen Auftraggebern hat. Zusammen mit Cowboys Freunden versuchen die beiden, wenigstens einen Supermulti zu Fall zu bringen. Inwieweit ihnen das gelingt, bleibt jedoch offen. Alles findet seinen Höhepunkt im beliebten ›boy meets girl‹.
    Die Action in diesem Roman ist dicht gepackt, was die mangelnde Originalität der Handlung, die – abgesehen von Neuromancer – Parallelen zu Roger Zelaznys Damnation Alley (dt. Straße der Verdammnis, zuletzt in dem Vierfachband Heyne Science Fiction & Fantasy 06/4335, München 1986) und Samuel R. Delanys Nova (dt. Nova, Science Fiction Bestseller 22058, Bergisch Gladbach 1984) aufweist, allzu leicht vergessen machen läßt. Auch die Akteure sind an Gibsons Personal orientiert. Steht im Mittelpunkt von dessen Erstling ein Konsolen-Cowboy namens Case, der seinen Kitzel und seinen Lebensunterhalt daraus bezieht, den absoluten Ausstieg aus der Realität in ein neuronal-kybernetisches Interface zu schaffen, haben wir bei Williams die Figur des Westerners, der in einer Welt voller Zwänge die Freiheit sucht und dabei zur lebenden Legende wird. Noch deutlicher miteinander verwandt sind die weiblichen Protagonisten. In Sarah, die bei Gibson Mollie heißt und eine Killerin mit Rasierklingen unter den Fingernägeln ist, haben wir eine Person, die fast bis aufs Haar ihrem Gegenstück aus Neuromancer gleicht: eine tödliche Metallschlange in der Kehle macht sie zum gefährlichsten Wesen der Welt. Williams fängt diese bedenkliche Parallelführung durch einen rasanten Stil wieder auf, der dem Leser keine Möglichkeit zur Atempause läßt. Wo Gibson stilistisch in die Tiefe geht und das Geschehen im Augenblick der Formulierung als bloße Fiktion enttarnt, als Phänomen, das die zersplitterte Psyche des Betrachters vor diesen hinprojiziert und das keinen Bestand hat, breitet Williams sich an der Oberfläche aus und entfesselt Wortkaskaden, die in ihrem unablässigen Fließen völlige Authentizität und Absolutheit beanspruchen. So heißt es beispielsweise im vorliegenden Roman: »Oft, dachte Steward, ist es unmöglich, zu vergessen, daß all dies Wirklichkeit ist.« Die totale Realität des Gesprochenen und Geschriebenen wird nicht in Frage gestellt. Dabei ist der ehemalige Eisfalke Steward für Williams' zweiten Cyberpunk-Roman Voice of the Whirlwind, was Cowboy für Hardwired war. Seine geschiedene Frau Natalie findet ihre Entsprechung in Sarah und Mollie. Wieder verwendet Williams eine Konstellation aus zwei Personen, um die herum die Welt sich überhaupt erst aufrichtet. Stärker als Gibsons Texte sind die von Williams allerdings radikale Liebesgeschichten, bei denen es um drohenden Verlust des weiblichen Partners geht, der im Zeitalter der Kybernetik seine Ersetzung durch das elektronische Repertoire erfährt, das die Zukunft bereithält. Die Geschwindigkeit des Handlungsablaufs bei Williams, auch im vorliegenden Buch zu beobachten, ist dabei auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Gedanken des männlichen Protagonisten, die den Roman erst erschaffen, keinen Stillstand finden, nicht nach ihrem eigenen Anlaß fragen, sondern unablässig von einer Feststellung zur anderen, von einer Beobachtung zur nächsten hasten. Auf diese Weise gestaltet sich der Roman als Innenraum von Stewards Psyche.
    »Das Universum war feindlich«, heißt es in diesem Buch. »Deshalb beschloß er, sich ein eigenes zu erschaffen. Er beschloß, Konstellationen in seinem Kopf zu erbauen, sich an die Sterne zu erinnern und an die Art, wie sie angeordnet waren. Einer nach dem anderen, bis er den Himmel in seinem Geist hatte.« Voice of the Whirlwind ist ein Roman der Erinnerung, der Erinnerung an das Aufgehen im Anderen, das nur auf Kosten der Loslösung von ihm möglich ist. Am Ende steht Steward allein da, treibt im kalten Erdenlicht, das weißlich auf seine Haut scheint, während die Raumstation um ihn herum ihren Walzertanz aufführt. Neues Leben, denkt er, der sich als Gamma versteht, geboren aus Alpha und Beta, den beiden Komponenten, deren Abspaltung ihm seine Sorge, aber gleichzeitig damit überhaupt erst die Möglichkeit zu dieser Sorge bescherte. Williams' großes Vorbild, nämlich Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum, ist hier nicht zu übersehen. Der Wirbelwind, die vollendete Ekstase, das Aufgeben von Alpha und Beta ineinander, das mit dem Verschlucktwerden von Gamma und seiner gleichzeitigen Geburt einhergeht, ist das
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