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Die Stimme der Jaegerin

Die Stimme der Jaegerin

Titel: Die Stimme der Jaegerin
Autoren: Thea Harrison
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gewaltiger Anstrengung hob der Hund den Kopf und packte mit den Zähnen den Saum ihrer Jeans.
    Claudia rührte sich nicht. »Ich war genervt. Ich wusste, dass er mir einen Strafzettel schreiben würde, obwohl ich nur versucht habe, diesem Hund das Leben zu retten.«
    »Okay, das ist sicher wahr. Aber ich glaube, es war mehr als das, nämlich nicht nur Ihr Verhalten, sondern auch Johns.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Jackson schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Wissen Sie, Nirvana ist wie jede andere Kleinstadt auch. Es gibt eine Menge privater Seifenopern, und die Hälfte der Kirchgänger geht wegen Klatsch und Tratsch hin. Sie kennen das doch. Einer tut dem anderen unrecht. Oder er hat etwas oder jemanden, das oder den jemand anderes haben will. Aber im Grunde ist hier alles sehr einfach. Diese Stadt gehört jemandem. Es gibt einen großen Arbeitgeber, die
Nirvana Silver Mining Company
, und einen Besitzer dieser Firma, Charles Bradshaw. Den eigentlichen Minenbetrieb leitet sein Sohn Scott Bradshaw.«
    »Das ist eine ganze Menge mehr, als ich noch vor ein paar Stunden gewusst habe«, sagte Claudia. Sie beugte sich zur Seite und schob eine Hand unter den Tisch. Als sie dem Hund über den Kopf streichelte, bewegten sich ihre Finger so sanft, dass er seufzend ihre Jeans losließ. Durch die Medikamente kam ihm ihre Berührung so weit entfernt vor wie die Schmerzen. Er wünschte, es wäre nicht so. Bei allen Göttern, war er müde. Er legte die Schnauze wieder auf ihren Schuh.
    »Wie Sie sehen, sind die Machtstrukturen in dieser Gegend nicht sonderlich komplex.«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Jackson?«
    »Ich weiß es nicht.« Er machte eine Pause. »Doch, ich weiß es. Sehen Sie, John muss sich vor den existierenden Machthabern verantworten. Und Scott Bradshaw ist dumm und gemein. Natürlich ist John nicht als Einziger davon betroffen, dieses spezielle Kreuz hat jeder hier in Nirvana zu tragen. Scotts Vater ist clever und gemein, was um einiges schlimmer ist, aber immerhin lebt Bradshaw Senior in Las Vegas und bleibt auch meistens dort. Scott hingegen – ich kann mir gut vorstellen, dass er einen Hund quält. Er kann verteufelt ungemütlich werden.«
    »Oh.« Claudia klang nachdenklich.
    »Oder vielleicht hat auch einer seiner Spezis das Tier misshandelt«, sagte Jackson. »Scott hat vier oder fünf Kumpel, die kein Stück besser sind als er. Vielleicht war es einer von denen. Dann hat John jetzt ein Problem. Vielleicht muss er für andere Leute den Dreck wegräumen, oder er ist derjenige, der es mit Bradshaw Senior zu tun bekommt.«
    »Niemand zwingt Rodriguez, Sheriff zu sein«, sagte Claudia. »Es ist seine freie Entscheidung.«
    »Das weiß ich.« Jackson seufzte. »Himmel, ich weiß eigentlich nicht einmal, wovon ich da rede. Das ist nur die Richtung, in die meine Gedanken gewandert sind, während ich im Diner war.«
    »Mit dem Gesetz ist das so eine Sache«, sagte Claudia. »Wenn es fair und unparteiisch und auf deiner Seite ist, kann es das Rückgrat einer Gesellschaft sein. Aber während meiner Zeit in der Army habe ich in vielen Gemeinden Korruption auf lokaler Ebene erlebt. Jemand nimmt das Gesetz selbst in die Hand und nutzt es zu seinem eigenen Vorteil; das geht nie gut aus.«
    Kurz nach diesem Gespräch stand Jackson auf und ging. Eine Sand-Böe wehte durch die Tür herein, ehe er sie zuschlug. Claudia räumte die Essensbehälter weg.
    Der Wind war stärker geworden und klang jetzt wie ein endloses, trauerndes Heulen. Im Wohnwagen war es warm, aber der Boden kam ihr kühl vor, weshalb sie eine der alten Baumwolldecken, die sie gefunden hatte, über dem Hund ausbreitete. Sie sah nach der Schachtel mit dem Schmorgericht. Vorhin war es zu heiß gewesen, doch inzwischen hatte es sich auf eine angenehme Temperatur abgekühlt.
    Der Hund hatte gedöst, schlug aber die Augen auf, als sie sich mit der Schachtel und einigen Brötchen neben ihm auf den Boden setzte. Ihre Vermutung war richtig gewesen: Der Boden war kalt. Sie zog sich ein Stück der Decke über die Beine. Dann riss sie ein Stück Brötchen ab, tunkte es in die Sauce und hielt es ihm vor die Schnauze. Er betrachtete den Happen, rührte sich aber nicht.
    »Zurzeit muss dir das Schlucken ziemlich wehtun«, sagte sie. »Aber probier ein paar Bissen. Bitte. Wenn du essen kannst, kommst du schneller wieder zu Kräften.«
    Mit offensichtlichem Widerwillen nahm er das Essen entgegen. Sie wandte den Blick von seinen mühevollen Schluckversuchen ab und
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