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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE
Autoren: Jack Vance
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»Das steht fest.« Fiebernd starrte er auf die Birne. »Glüh! Glüh! Glüh!«
    Die Schleierschwaden des durch die Tür dringenden Geistes wuchsen.
    »Glüh! Birne, glüh!«
    Sie glühte. Guyal stieß einen lauten, erleichterten Seufzer aus, legte Hebel und Knebel zurück, schob die Haube nach hinten.
    Kerlin, der Kurator, blickte ihn an.
    Hinter ihm formte sich der Geist – ein großes weißes Etwas in wallendem Gewand –, und die dunklen Augenhöhlen schienen ins Nichts zu starren.
    Kerlin, der Kurator, schüttelte den Kopf.
    Der Geist dehnte sich unter dem Schleiergewand aus. Eine Hand wie ein Vogelfuß bildete sich. Sie warf einen dunklen Klumpen auf den Boden. Er zersprang zu schwarzem Staub.
    Die einzelnen Staubkörnchen wuchsen, wurden zu einer Unzahl krabbelnder Insekten. Wie auf Befehl rannten sie über den Boden und schwollen mit jeder Bewegung an, während sie sich ausbreiteten, bis sie zu springenden Kreaturen mit Affenköpfen geworden waren.
    Kerlin, der Kurator, rührte sich. »Stab!« rief er. Er hob die Hand – und im nächsten Augenblick hielt er ihn. Der Stab spuckte eine orangefarbige Wolke aus. Vor der anstürmenden Horde zerplatzte sie, und jedes Stäubchen wurde zu einem roten Skorpion, der sich auf die affenköpfigen Kreaturen warf.
    Eine wilde Schlacht entbrannte, schrille Schreie und Kreischen zerrissen die Luft.
    Die affenköpfigen Kreaturen wurden zurückgeschlagen und niedergemetzelt. Der Geist seufzte. Wieder hob er seine Krallenhand. Aber der Stab des Kurators sprühte blendendes Licht aus und der Geist löste sich auf.
    »Kerlin!« brüllte Guyal. »Der Dämon bricht in die Halle ein!«
    Kerlin warf die Tür ganz zurück und trat hinaus.
    »Stab!« befahl er. »Tu dein Bestes!«
    »Nein, Kerlin!« flehte der Dämon. »Ruft ihn zurück. Ich hielt Euch für machtlos. Ich ziehe mich zurück.«
    Wallend und brodelnd schob die graugrüne Masse sich wieder in die Wand, bis nur noch die gräßliche Fratze herausschaute.
    »Stab!« befahl Kerlin. »Halte Wacht!«
    Der Kurator drehte sich um und sah Guyal und Shierl an.
    »Nicht mehr viele Worte, denn mein Ende ist nahe. Ich sterbe, und das Museum bleibt unbeaufsichtigt zurück. So laßt uns schnell sprechen, schnell…«
    Mit Beinen, die ihn kaum noch trugen, schwankte Kerlin zu einer Tür, die von selbst aufsprang, als er sich ihr näherte.
    Guyal und Shierl, die nicht wußten, ob Kerlin ihnen wohl gesinnt war oder nicht, blieben zögernd stehen.
    »Kommt! Kommt!« rief der Kurator ungeduldig. »Meine Kräfte schwinden. Ihr seid mein Tod!«
    Unentschlossen folgte ihm Guyal, mit Shierl etwa einen Schritt hinter ihm. Auf die unerwartete Anschuldigung fiel ihm keine Erwiderung ein, keine Worte, die überzeugen konnten.
    Kerlin musterte sie mit einem schwachen Lächeln.
    »Vergeudet keine Zeit mit unnötigen Befürchtungen, beeilt Euch. Zumindest das Allernötigste müssen wir schaffen, auch wenn es ist, als wollten wir die gesammelten Werke Kaes mit einem Minimum an Tinte niederlegen. Ich erlösche – mein Puls kommt nur noch stockend, meine Augen lassen nach…«
    Er machte eine verzweifelte Geste, dann trat er in das innere Gemach, wo er sich in einen weichen Sessel fallen ließ. Guyal und Shierl warfen unsichere Blicke auf die Tür und setzten sich schließlich auf eine Couch.
    Mit schwacher Stimme spöttelte Kerlin: »Ihr fürchtet die weißen Phantasmen? Pah, der Stab hält sie von der Museumshalle fern und gestattet ihnen keine Bewegung. Nur, wenn ich bewußtlos bin – oder tot –, verliert der Stab seine Wirkung. Ihr müßt wissen«, fügte er ein wenig lebhafter hinzu,
    »daß die Energie und Dynamik des Stabs nicht von mir, sondern dem perpetuellen Potential des Museums kommen. Ich befehle und leite den Stab nur.«
    »Aber dieser Dämon – wer oder was ist er? Weshalb schaut er durch die Wand?«
    Kerlin machte ein verdrießliches Gesicht. »Er ist Blikdak, der Gottherrscher der Dämonenwelt Jeldred. Er riß das Loch in die Wand, weil er sich das Wissen des Museums aneignen wollte. Aber ich hinderte ihn daran. Und so wartet er in dem Riß, bis ich sterbe. Dann wird er sich mit dem gesammelten Wissen vollpumpen – zum Schaden der Menschheit.«
    »Weshalb kann dieser Dämon denn nicht verbannt und der Riß geschlossen werden?«
    Kerlin, der Kurator, schüttelte traurig den Kopf. »Die Feuer und wilden Kräfte, über die ich Macht habe, sind in der Dämonenwelt unwirksam, denn dort sind Substanz und Form völlig anders als hier.
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