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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE
Autoren: Jack Vance
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Spulen: Der Fleck verbreitete sich über die ganze Fratze, über das Stück schräg aus der Wand ragenden Schädel.
    Blikdaks Wulstlippen hingen schlaff herab. Der Dämon zischte unsicher.
    Dreißig Spulen: Blikdaks Gesicht sah aus, als fange es an sich von innen heraus zu zersetzen. Die graugrüne Haut hatte nun einen weinroten Ton angenommen, die Augen quollen aus den Hautlappen, der Mund war keuchend aufgerissen, die Zunge hing schlaff heraus.
    Fünfzig Spulen: Blikdak sank in sich zusammen. Die Stirn sackte gegen die nicht länger wulstigen Lippen. Die Augen glühten wie im Fieber.
    Sechzig Spulen: Blikdak war nicht mehr.
    Und mit der Vernichtung des Dämons löste sich auch Jeldred auf – die Geisterwelt des Grauens, einst aus der Verderbheit entstanden. Hinter dem klaffenden Spalt in der Wand befand sich nun undurchdringlicher Fels.
    Sechzig Spulen lagen ordentlich aufgestapelt. Das darauf aufgewickelte Böse schillerte in hellen Pastelltönen.
    Kerlin sackte gegen die Wand. »Ich sterbe. Meine Zeit ist gekommen. Ich habe für die Erhaltung des Museums gesorgt, und gemeinsam haben wir die ihm von Blikdak drohende Gefahr beseitigt… Hört mir gut zu. Ich übergebe es euch zu treuen Händen. Ihr seid von nun an die Kuratoren, um es zu beschützen und zu erhalten.«
    »Aber wozu?« fragte Shierl. »Die Erde stirbt – wie Ihr…
    Wozu soll das Wissen da noch nutzen?«
    »Es ist nun – wichtiger – denn je!« keuchte Kerlin. »Hört mich an: Die Sterne – sind hell. Die Sterne – tragen Leben! Die Speicher bergen – wundersamen Zauber –, der euch – zu jungen Welten – bringen kann. Jetzt – verlasse – ich euch.«
    »Wartet!« rief Guyal. »Wartet! Ich flehe Euch an!«
    »Warum warten?« wisperte Kerlin. »Der Weg zum Frieden –
    ist mir offen. Weshalb ruft Ihr mich zurück?«
    »Wie gelange ich an das Wissen der Speicher?«
    »Der Schlüssel zum Index ist in meinen Gemächern, der Index – mein Lebenswerk…« Und Kerlin starb.
    Guyal und Shierl stiegen die Zickzacktreppe hinauf und traten durch das Außenportal hinaus auf die uralten Steinplatten. Es war Nacht. Der Marmor zu ihren Füßen schimmerte schwach, die Säulenstümpfe hoben sich vom dunkleren Himmel ab.
    Die gelben Lichter von Sapons leuchteten warm durch die Bäume, und die Sterne funkelten hoch über ihnen.
    Guyal sagte zu Shierl: »Dort ist deine Heimat. Dort ist Sapons. Möchtest du in deine Stadt zurückkehren?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir blickten gemeinsam durch die Augen des Wissens«, murmelte sie. »Wir haben das alte Thorsingol gesehen, das Imperium von Scherit vor ihm, Golwan Andra davor und die Vierzig Kaden, die ihm Platz machten. Wir haben die kriegerischen Grünmänner gesehen, die gelehrten Pharials und Klambs, die die Erde verließen, um eine neue Heimat im All zu finden, genau wie es die Merionethen vor ihnen taten und die Grauen Magier noch früher. Wir haben die Geburt und den Tod von gewaltigen Ozeanen geschaut, haben gesehen, wie Berge stolz in den Himmel wuchsen, ehe der Regen von Äonen sie abtrug. Wir durften die Sonne in all ihrer Schönheit bewundern, als sie noch jung und glühend und gelb war… Nein, Guyal, ich würde mich in Sapons nicht mehr wohlfühlen…«
    Guyal lehnte sich gegen eine der verwitterten Säulen und blickte zu den Sternen auf. »Alles Wissen steht uns offen, Shierl – wir brauchen nur danach zu greifen. Was sollen wir tun?«
    Gemeinsam betrachteten sie den Sternenhimmel.
    »Was werden wir tun?«
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