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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE
Autoren: Jack Vance
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Soviel man von ihm sehen kann, hat er sich seine eigenen Umweltsbedingungen mitgebracht, mit ihnen ist er sicher. Wagt er sich jedoch weiter heraus, wird die Kraft der Erde die von Jeldred auflösen, dann kann ich ihn mit der prismatischen Gewalt aus dem Potentium zurücktreiben …
    Aber genug von Blikdak für den Augenblick. Erzählt mir, wer ihr seid, weshalb ihr hierhergekommen seid und was es Neues über Thorsingol gibt.«
    Zögernd sagte Guyal: »Thorsingol ist schon lange nicht mehr, selbst die Erinnerung daran ist erloschen. Ringsum ist nichts als öde Tundra und die alte Stadt der Saponiden. Ich bin aus dem Süden, viele, viele Tagesreisen entfernt, und hierhergekommen, um mit Euch zu sprechen und meinen Wissensdurst zu stillen. Dieses Mädchen, Shierl, ist Saponidin und Opfer einer schrecklichen Sitte, nämlich dem Geheiß der Geister Blikdaks zu willfahren und schöne Menschen hierher zu entsenden.«
    »Ah!« hauchte Kerlin. »War ich so unaufmerksam? Wohl entsinne ich mich vage dieser jugendlichen Gestalten, die Blikdak benutzte, um seine lange, eintönige Wache angenehm zu gestalten. Wie Eintagsfliegen hinter einer Glasscheibe huschten sie durch meine Erinnerung. Ich beachtete sie nicht, weil ich sie für seine eigenen Geschöpfe hielt, die seine Fantasie hervorrief…«
    Shierl runzelte verwirrt die Stirn. »Aber weshalb? Wozu braucht er diese Menschen?«
    Kerlin antwortete stumpf: »Mädchen, Ihr seid lieblich und frisch wie der neue Tag. In Eurer Unschuld könnt Ihr Euch die schrecklichen Gelüste des Dämonenherrschers Blikdak nicht vorstellen. Diese jungen Menschen beiderlei Geschlechts dienen ihm als Spielzeug, mit denen er alle möglichen gräßlichen Dinge ausprobiert und vor nichts zurückschreckt, bis sie schließlich auf qualvollste Weise ihr Leben aushauchen.
    Dann schickt er einen Geist aus, um neues Spielzeug herbeizuschaffen.«
    Mit weißem Gesicht wisperte Shierl: »Wie Guyal und mich…«
    »Ich verstehe nicht«, murmelte Guyal verwirrt. »Sadismus, Perversionen und alles, was Ihr angedeutet habt, sind doch charakteristische Eigenschaften eines kranken Geistes, eines menschlichen Gehirns, das die Drüsen und Organe und somit die Lüste lenkt. Aber Blikdak ist nicht Mensch, sondern Dämon…«
    »Schaut ihn Euch doch an!« forderte Kerlin Guyal auf. »Sein Aussehen, seine Beschaffenheit. Er ist durchaus anthropoid und auf gewisse Weise menschlicher Abstammung, genau wie alle seiner Untertanen, die Dämonen und geflügelten, glutäugigen Kreaturen, die ihr Unwesen auf der alten Erde treiben. Blikdak und sie entstanden aus dem Geist des Menschen. Der stinkende Schweiß, die Niederträchtigkeit, der morbide Humor, die brutalen Gelüste, die Vergewaltigungen und die Unzucht, die skatopilen Ausschweifungen, die unzähligen Arten der Geilheit und Schlüpfrigkeit, sie alle sonderten im Lauf der Zeit etwas ab, das schließlich eine gewaltige Geschwulst bildete. Aus ihr entstand die Dämonenwelt, aus ihr erwuchs Blikdak. Ihr habt selbst gesehen, wie er seine Geschöpfe formt, und ihr könnt euch nun seine Gelüste vorstellen. Doch jetzt wirklich genug von Blikdak. Ich sterbe, ich sterbe!« Er drückte sich röchelnd in den Sessel.
    »Seht mich an! Meine Augen trüben sich. Mein Atem ist so flach wie der eines Vögelchens. Meine Knochen sind marklos wie verdörrte Ranken. Ich habe länger gelebt, als ich selbst weiß. In meinem Wahn ahnte ich nichts von Zeit und Vergänglichkeit. Wo das Bewußtsein es nicht erfaßt, gibt es auch keine somatischen Auswirkungen. Jetzt erinnere ich mich der Jahre, Jahrhunderte, Jahrtausende, der Äonen – sie sind wie flüchtige Blicke durch ein vergittertes Fenster. Und so habt ihr mich, indem ihr meinen Wahn heiltet, getötet.«
    Shierl starrte ihn erschrocken an. »Aber wenn Ihr sterbt –
    was dann? Blikdak…«
    »Ist denn im ganzen Museum der Menschheit nichts zu finden, das uns verraten könnte, wie dieser Dämon verbannt werden kann? Er ist zweifellos unsere größte Sorge«, rief Guyal.
    »Ja, Blikdak muß ausgelöscht werden«, erklärte Kerlin.
    »Dann erst kann ich in Ruhe sterben, und ihr werdet euch um das Museum kümmern.« Er benetzte seine trockenen Lippen.
    »Es ist ein alter Grundsatz, daß erst die Beschaffenheit einer Substanz ergründet werden muß, ehe man ihr zu Leibe rückt.
    Oder kurz gesagt, ehe wir wirkungsvoll gegen Blikdak vorgehen können, müssen wir seine Struktur erforschen.«
    Seine trüben Augen blickten Guyal an.
    »Damit habt Ihr
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