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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte
Autoren: Prevost Andre
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herumgeführt! Er war gestern gar nicht in der Barnboimstraße! Oder das Wochenende davor am Bahnhof. Was weiß ich, wo er sich herumtreibt!«
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Sam, Rudolf hätte tatsächlich etwas herausgefunden. Und warum führte er sich die ganze Zeit auf, als würde er die Sache persönlich nehmen? Oder hatte Lili sich verplappert? Nein, das war nicht möglich. Rudolf konnte es nur einfach nicht ertragen, wenn jemand nicht nach seine Pfeife tanzte, das war alles.
    »Donnerstagabend lief eine tolle Sendung über Städte in Europa«, sagte Sam. »Haben Sie die nicht gesehen? Ich habe nur den Bildschirm fotografiert. . .«
    »Du lügst! Die Fotos wären niemals so gestochen scharf geworden!«
    »Täuschen Sie sich nicht, Rudolf, dieser Apparat hat eine sehr gute Auflösung. Zwei Millionen Pixel, wenn ich richtig gelesen habe . . . Sie kaufen immer nur beste Qualität, nicht wahr? Und jetzt entschuldigt mich, ich muss mich aufwärmen gehen.«
    Als er wieder im dojo ankam, hatten die Wettkämpfe natürlich noch längst nicht wieder angefangen. Auf den Tribünen aßen viele noch ihr Sandwich, und die Judokas standen in vereinzelten Grüppchen bei den tatamis.
    »Du hast ja heute deinen großen Tag!«, stichelte Pete Moret freundschaftlich. »Ich glaube, ich habe dich noch nie so in Form erlebt!«
    »Danke!«
    »Weißt du, gegen wen du im Viertelfinale antrittst?«
    »Ich . . . ich schau mal nach.«
    Sam ging jedoch erst einmal zu den Umkleideräumen. Er hatte nämlich gerade noch rechtzeitig Monk bei den Bildschirmen erspäht, und Sam hatte keine Lust auf weitere sarkastische Sticheleien. Monk an den Computern . . . ging es ihm beim Händewaschen durch den Kopf. Monk an den Computern! Aber natürlich, wie konnte er nur so blöd sein!
    Schnell zog er seinen judogi an und eilte zum Stand des Organisationskomitees. Hatte nicht Cathie gesagt, Monk sei ein Ass in Informatik? Er war sogar für die Betreuung der Vereins-Computer zuständig! Sicher konnte er mit Leichtigkeit das Auslosungsverfahren so manipulieren, dass Sam einige Runden überstand, bevor er auf ihn treffen würde! Ganz einfach, indem er Sam schwächere Gegner zuschob ... Das würde auch seine Erfolgsserie am Vormittag erklären!
    »Entschuldigen Sie, haben Sie schon die Aufstellung für das Viertelfinale?«
    Jonathan Robin, der Schriftführer des Vereins, ließ den Drucker schnarren und reichte ihm das Blatt. »Viel Glück, Faulkner!«
    Hastig überflog Sam die Tabelle: Viertelfinale A: Jerry Paxton/Samuel Faulkner. Uff! Also nicht Monk! Sam kannte Jerry Paxton, er gehörte zur Mannschaft von Saint-Mary ... Er war nicht gerade ein Monster, aber ziemlich gut gebaut und äußerst zäh; gegen ihn zu verlieren wäre also überhaupt keine Schande . . . Da konnte Monk so viel manipulieren, wie er wollte! Samuel lächelte zufrieden: Er würde sich gegenüber Paxton nur ein bisschen verteidigen, gerade so viel, dass er das Turnier unbeschadet beenden konnte, ohne sein Gesicht zu verlieren! Rudolf konnte sich seine Bemerkungen über Disziplin und Charakter sonst wohin stecken! Schlimmstenfalls, wenn Paxton ein wirklicher Patzer passieren sollte . . . Sam sah sich noch einmal die Liste an: Viertelfinale B: Milton Farley/Ronald Joly. Mit einem von diesen beiden musste er im Halbfinale rechnen. Ach, konnte das Leben schön sein!
    Sam ließ den Blick über die Tribüne schweifen und suchte nach seinem nächsten Gegner. Das Publikum strömte wieder in die Halle zurück, die Ränge füllten sich, einige wechselten ihre Plätze oder standen noch, um auf Freunde zu warten. Jerry musste irgendwo bei den Älteren aus dem Verein herumhängen, dort auf der Nordtribüne. Plötzlich traf es Sam wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Dort saß Paxton, etwas abseits von den anderen, in der untersten Reihe der Tribüne, einen Arm liebevoll um den Hals von . . . Alicia Todds geschlungen. Seiner Alicia Todds! DENN ALICIA TODDS WAR DA! Sie ging mit Jerry Paxton! Samuel musste sich an der Anzeigetafel abstützen, um nicht umzukippen. Plötzlich sah er Yser wieder vor sich, und ihr Bild verschmolz mit dem von Alicia in ihrer engen Jeans und dem schwarzen Top, das über ihrem Bauchnabel endete. Selbst aus dieser Entfernung überstrahlte ihre Schönheit die ganze Halle. Paxton küsste sie heiß – wahrscheinlich war sie gerade erst eingetroffen –, und ihre Hände verschlangen sich ineinander. Sam wurde übel . . . Seine gute Laune war mit einem Schlag verflogen. Sein
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