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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte
Autoren: Prevost Andre
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Vermutungen bestätigte, aber nach einer Viertelstunde musste er sich der Erkenntnis beugen: junge-vomstrand schlief offensichtlich tief und fest. . .

 
18.
    Überraschung
     
    Auf dem Parkplatz vor der Sporthalle herrschte Hochbetrieb, und Rudolf schäumte vor Wut, als er keinen Parkplatz bekam und erst über hundert Meter entfernt hinter einem heruntergekommenen Mietshaus endlich einen freien Platz für seinen nagelneuen Porsche finden konnte. Geschieht ihm recht, dachte Sam, hoffentlich bereut er es, dass er unbedingt mitkommen wollte. Grandma hatte ihr hübsches Blümchenkleid angezogen, in dem sie beinahe fröhlich aussah, auch wenn sie dafür nicht in der richtigen Stimmung war. Grandpa hatte sich ausgiebig über so spannende Themen wie rote Bohnen in Dosen und die meistverkauften Konservenmarken in amerikanischen Lebensmittelgeschäften ausgelassen. Sam hatte die ganze Zeit die Zähne nicht auseinandergebracht, um allen klarzumachen, dass sie ihn gegen seinen Willen zur Schlachtbank brachten – was er sicher bald schmerzhaft erfahren würde. Tante Evelyn hatte es vorgezogen, nicht mitzukommen – sie fand Hockey für die Erziehung wesentlich förderlicher, wie sie Allan gegenüber mindestens tausendmal betont hatte. Und dass Lili mitkam, stand ohnehin außer Diskussion, schließlich musste man sie von ihrem verdorbenen Cousin fernhalten. Sam hatte morgens noch eine Mail von ihr bekommen, in der sie andeutete, sie habe eine ganze Wagenladung Bücher in der städtischen Bibliothek zurücklegen lassen. In gewissem Sinn war Sam dies recht.. .
    Sein erster Reflex beim Betreten der Sporthalle war, nach Monk Ausschau zu halten. Die Zuschauerränge waren bereits halb voll, und lautes Stimmengewirr hallte von der gewölbten Hallendecke wider. Die Scheinwerfer unter der Decke waren auf das halbe Dutzend Tatamis ausgerichtet. Schiedsrichter kontrollierten, ob die Matten alle ordnungsgemäß platziert waren. Die Mannschaftskapitäne standen in Gruppen zusammen, und einige Judokas waren dabei, sich in ihren Trainingsanzügen warmzumachen. Am Stand des Organisationskomitees wurden die Aufstellungslisten für die Wettkämpfe auf den Computerbildschirmen überprüft. Weit und breit kein Monk . . . War er über Nacht an Bronchitis erkrankt? Hatte er sich beim Frühstück das Handgelenk verstaucht, als er sich ein Erdnussbutterbrot schmieren wollte? Oder hatte ihn die plötzliche Erkenntnis getroffen, dass es gegen den Sportsgeist verstieß, wenn er seinem kleinen Vereinskameraden die Zähne ausschlug? Träumen war ja erlaubt. . .
    Samuel ließ seine Familie auf der Nicolas-Gill-Tribüne zurück – nach dem großen kanadischen Meister benannt – und machte sich ohne große Begeisterung auf den Weg zu den Umkleideräumen. Kurz darauf traf er Meister Yaku, der ihn mit einem unmerklichen Lächeln begrüßte. Meister Yaku war keiner von der mitteilsamen Sorte, trotzdem kümmerte er sich sehr intensiv um seine Schüler und wusste manchmal mehr über sie als die eigenen Eltern. Seine herausragenden menschlichen Qualitäten waren sicher auch der Schlüssel seines Erfolges als Lehrer und als Judoka. In der Zeit, als er selber noch an Wettkämpfen teilnahm und die unvergleichliche Fähigkeit unter Beweis gestellt hatte, in seinen Gegnern zu »lesen« und dadurch gezielte Konter anzubringen.
    »Freut mich, dass du da bist, Samuel. Ich weiß, du warst nicht besonders scharf auf diesen Wettkampf, aber es ist eine gute Erfahrung für dich. Denk immer daran: Du darfst keine Angst haben, dir selbst zu vertrauen. Jetzt geh, dich umziehen, und vergiss deine Lockerungsübungen nicht.«
    Sam bedankte sich abwesend und dachte insgeheim, dass er doch lieber ein Flugzeug ans andere Ende der Welt hätte nehmen sollen. Er suchte sich einen Spind etwas abseits in der Ecke und begann ohne große Eile mit dem Umkleiden, ohne auf die Scherze und das Geplänkel seiner Wettkampfkameraden zu achten.
    Er war einer der Jüngsten – schließlich war er erst vor einer Woche vierzehn geworden –, und seine Chancen, in dem Wettkampf zu bestehen, waren gleich null. Er zog seinen Anzug – seinen judogi – an, knotete seinen frisch erworbenen braunen Gürtel, und nach einigen Liegestützen und Lockerungsübungen ging er als einer der Letzten in den dojo, die Wettkampfhalle.
    Fast alle der sechzig Wettkampfteilnehmer hatten sich bereits gegenüber den Punktrichtern aufgereiht, und das Stimmengewirr der Zuschauer schwoll in gleichem Maße an, wie sich nach und
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