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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte
Autoren: Prevost Andre
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sehen wollte, wie . . .
    »Hajime!«, bellte der Schiedsrichter.
    Also dann: wenigstens dreiundvierzig Sekunden durchhalten, das war zu überbieten!
    Monk sprang auf Sam los, der mit größter Mühe gerade mal seine Deckung bewahrte. Der andere erwischte ihn dennoch am Ärmel und versuchte, ihn umzudrehen. Sam stemmte sich nach besten Kräften dagegen. Natürlich war Monk wesentlich schwerer, wesentlich kräftiger. Er verströmte beißenden Schweißgeruch, aus allen Poren ... Waren schon zehn Sekunden um? Der Yeti schob das Bein vor, ganz ruhig, um seine rechte Seite zu testen. Wie beim Training ... Er schien es überhaupt nicht eilig zu haben. Als wollte er Sam zunächst nur müde machen, ein bisschen mit ihm herumspielen . . . Das alte Katz-und-Maus-Spiel! Dann machte Monk eine Drehbewegung mit der Hüfte, und Sam hatte gerade noch Zeit, sein Gewicht zu verlagern, um ihm auszuweichen. Dabei verdrehte er sein Handgelenk und musste sich einen Schmerzensschrei verkneifen. Diese riesige, groteske Gestalt, die sich an seinen judogi krallte, kam ihm so unwirklich vor. Das einzig Reale war dieser heiße, hasserfüllte Atem.
    Dann bemerkte Sam auf einmal, dass sich Monks Bewegungen immer häufiger zu wiederholen schienen. Wie die seiner Cousine Lili, nachdem er in den Keller zurückgekehrt war ... Oder die der kleinen Löwen im Fernsehen ... Monk streckte den Arm aus, um nach seinem Revers zu greifen, deutete eine kurze Rückwärtsbewegung an, um ihn zu sich heranzuziehen, und streckte neuerlich wieder den Arm aus, machte wieder dieses Finte . . . Sam war so verwirrt, dass er den Wahnsinns-Feger nicht kommen sah, der ihn auf die Matte schickte. Er schlug hart auf dem Boden auf und entging nur knapp einem Ippon, weil er statt auf dem Rücken auf dem Hintern landete.
    » Waza-arü«, verkündete der Schiedsrichter.
    Samuel rollte sich zusammen, um Monks großen Händen zu entkommen, die ihn umdrehen wollten. Wenn Monk es darauf angelegt hätte, hätte er Sam mit Leichtigkeit auf dem Boden fertigmachen können. Aber er hatte offensichtlich andere Pläne.
    »Mate!« – Stopp!
    Der Schiedsrichter befahl den beiden Kontrahenten, auseinanderzutreten und ihre Kleidung zu ordnen. Auf den Rängen herrschte Totenstille; das Publikum hielt den Atem an, als ahnte es, dass der Yeti gleich kurzen Prozess machen würde.
    Monk tänzelte betont lässig auf Sam zu, ein leises Lächeln in den Mundwinkeln. Dann zog er sich abrupt zurück und begann erneut, nach vorne zu hüpfen, wieder das gleiche gemeine Lächeln in den Mundwinkeln. Samuel klimperte mit den Augen: Er sah tatsächlich jede von Monks Bewegungen zweimal hintereinander: wieder dieser Déjà-vu-Effekt, bei dem er immer eine oder zwei Sekunden früher mitbekam, was gleich passieren würde. Im selben Moment, als Monk dazu ansetzte, ihm die Füße nach außen zu drücken, hatte Sam bereits schnell den Knöchel nach außen gebogen. Er sah die Aktionen seines Gegners, noch bevor der sie überhaupt ausgeführt hatte! Diese Art, sich zu ducken, zum Beispiel: Monk wollte ihm gerade seinen Arm durch die Beine schieben, ihn hochheben und über seine Schulter kippen, um ein spektakuläres Ippon zu erreichen! Samuel brauchte nur einige Zentimeter zurückweichen, um seinen Gegner ins Leere laufen zu lassen und ihn seinerseits kurz ins Schwanken zu bringen. Der Yeti guckte erstaunt, und ein Raunen ging durch die Zuschauer. Was war da los? Monk kam also wieder näher heran und setzte eine Hüftdrehung ein, um Sam auf die Seite zu befördern. Doch auch dieses Mal hatte Sam es vorausgesehen. Zeitgleich umrundete er Monk und platzierte einen schüchternen Feger. Der Yeti schien vollkommen fassungslos: ein zweiter Versuch, der fehlgeschlagen war! Noch dazu auf so unerklärliche Weise! Allerdings konnte man unter diesen Bedingungen nicht gerade von Chancengleichheit sprechen, dachte Sam kurz. Aber die war bei einem Kampf gegen Monk sowieso nie gegeben!
    In den kommenden, schier endlos erscheinenden Sekunden versuchte Monk immer wieder, seine Griffe anzubringen, doch jedes Mal gelang es seinem schmächtigen Gegner, sie zu unterlaufen und gelegentlich sogar in einen Konter zu verwandeln. Aus dem Kampf wurde so etwas wie ein Tanz, eine Art Pas-de-deux zwischen David und Goliath. Und Monk wurde immer rasender ... Er wurde es langsam leid, nie richtig zum Zug zu kommen. Schließlich setzte er zu einem seiner Lieblingsgriffe an, Morote, bei dem der gebeugte Unterarm unter die Achsel des Gegners fährt und
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