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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima
Autoren: Franziska Wulf
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Feier nach Hause fahren wollte, sie aber vor dem Auto auf dem Gehweg ausgerutscht und gestürzt sei. Und da sie nicht mehr aufstehen konnte, hatten sie sie sofort ins Auto getragen und ins Krankenhaus gebracht.
    »Das übliche Notfalllabor«, sagte Beatrice zu Susanne, die in diesem Moment mit einem Infusionsständer kam, drückte ihr die Blutröhrchen in die Hand und schloss die Infusionslösung an. Sie war erleichtert. Nun wusste sie endlich, wonach sie zu suchen hatte. Und tatsächlich, als sie mit Susannes Hilfe der alten Frau das knöchellange Kleid ausgezogen hatte, fiel sofort das verkürzte, nach außen rotierte rechte Bein auf.
    »Schenkelhalsfraktur?«, fragte Susanne leise.
    Beatrice nickte. »Vermutlich.« Sie wandte sich an den Mann. »Ihre Mutter hat sich wahrscheinlich das Bein gebrochen. Außerdem hat sie einen Schock erlitten. Deshalb haben wir sie an den Tropf angeschlossen. Wir müssen jetzt ein paar Untersuchungen durchführen. Wir werden ihr Blut untersuchen, das Bein röntgen und ein EKG machen. Hat Ihre Mutter irgendwelche Erkrankungen? Zum Beispiel Asthma? Diabetes? Bluthochdruck?« Er schüttelte den Kopf. »Nimmt sie regelmäßig Medikamente ein?«
    »Nein. Sie ist gesund.«
    In diesem Augenblick kam wieder Leben in die alte Frau. Sie bewegte sich und stöhnte vor Schmerzen. Susanne pumpte erneut die Blutdruckmanschette auf.
    »Hundertzehn zu sechzig.«
    Die Erleichterung war ihr deutlich anzumerken, und auch Beatrice fiel ein Stein vom Herzen – die alte Frau stabilisierte sich wieder. Das Schlimmste war zunächst überstanden.
    »Wie heißt Ihre Mutter?«, fragte Beatrice.
    »Alizadeh, Mahtab Alizadeh. Aber sie spricht kein Deutsch.«
    »Dann übersetzen Sie bitte für mich. Frau Alizadeh?« Die alte Frau schlug die Augen auf und sah Beatrice an. Ihr Blick war getrübt, sicherlich durch die Schmerzen. Sie nahm ihre Hand. »Frau Alizadeh, mein Name ist Dr. Helmer. Wissen Sie, was passiert ist?«
    Während ihr Sohn übersetzte, wanderte ihr Blick zwischen ihm und Beatrice hin und her. Die Stimme der Frau war leise, aber obwohl Beatrice kein Wort verstand, hatte sie den Eindruck, dass die Antwort klar und nicht verwirrt war.
    »Sie sagt, sie weiß, dass sie ausgerutscht ist und dann nicht mehr aufstehen konnte. Sie hat Schmerzen im Bein.«
    »Fragen Sie sie bitte, ob sie noch an anderen Stellen Schmerzen hat.«
    »Nein, nur im Bein.«
    »Sobald wir die Röntgenbilder haben, kann ich ihr etwas gegen die Schmerzen geben. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es nicht zu lange dauert.« Beatrice drückte der alten Frau die Hand und nickte Susanne zu. »Kannst du die Personalien aufnehmen? Ich bringe sie schon mal zum Röntgen.«
    Beatrice fuhr die Liege drei Türen weiter, reihte sie in die Schlange der dort wartenden Patienten ein, füllte den Röntgenschein aus und klemmte ihn unter das Kopfende. Dann kehrte sie ins Arztzimmer zurück, wo sie bereits von Heinrich erwartet wurde. Heinrich war derzeit als Student im praktischen Jahr in der Chirurgie tätig. Er war ziemlich ehrgeizig und nahm sogar freiwillig an den Nachtdiensten teil. Mittlerweile hatte er genug Erfahrung gesammelt, um in weniger schweren Fällen auch selbstständig arbeiten zu können. Das war natürlich besonders in Nächten wie dieser eine erhebliche Entlastung. Der Kampf um die einzige freie AiP-Stelle in der Chirurgie war hart. Und Beatrice hoffte, Heinrich würde sie ergattern. Er hatte es sich verdient.
    »Was liegt an?« Beatrice setzte sich wieder und nahm einen großen Schluck von dem mittlerweile nur noch lauwarmen Kaffee.
    »Fünfunddreißigjähriger Patient, gestürzt, frontale Kopfplatzwunde und Prellmarke. Keine Seitenzeichen, neurologisch weitgehend unauffällig. Er wirkt bewusstseinsgetrübt, was entweder durch den Sturz hervorgerufen sein kann oder aber durch ausgiebigen C2-Abusus.«
    »Du meinst, er ist besoffen?«, fragte Beatrice mit amüsiertem Lächeln. Heinrich redete immer, als würde er gerade einen Arztbrief diktieren. »Hast du ihn denn schon röntgen lassen?«
    »Ja.« Er klemmte zwei Bilder an den Leuchtkasten. »Schädel in zwei Ebenen. Aber ich weiß nicht…«
    Beim Blick auf die Röntgenbilder verstand Beatrice Heinrichs Unsicherheit. Der Schädel war von mehreren geraden Linien durchzogen, die dort nicht hingehörten. Aber nichts davon war besorgniserregend, da es sich ohne Ausnahme um alte Frakturen handelte. Dann sah Beatrice den Namen auf den Röntgenbildern – Andreas Bauer. Und sie
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