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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
Autoren: Bethany Griffin
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meinst du nicht auch?«, fragt April.
    »Lass uns weitergehen, bis wir eine Leiter finden.«
    In diesem Augenblick beginnt der Boden unter unseren Füßen zu beben. Als wir um die Ecke biegen, sehen wir eine Wand aus schwarzem Wasser auf uns zurauschen. Ich pralle mit dem Gesicht gegen die Ziegelmauer, und meine Maske gibt ein Knacken von sich, als würden Knochen zersplittern. Elliotts Ring rutscht mir vom Finger. Eilig mache ich eine Faust. Ich will ihn nicht verlieren.
    Das Wasser reicht uns bis zur Taille, doch die Strömung ist spürbar stärker geworden. Ich spüre den Sog und male mir unwillkürlich aus, wie er mich in die Tiefen der Gänge unter uns ziehen wird.
    »Araby!« April zeigt auf eine Leiter.
    Verzweifelt strecke ich die Hände danach aus. Als ich das Metall spüre, kralle ich mich mit aller Kraft an der Sprosse fest, während die Strömung mich gegen die Wand drückt.
    April klettert eilig nach oben. Ich bin nur wenige Sprossen hinter ihr.
    »Los, komm schon, Araby«, ruft sie.
    Aber ich kann nicht. Ich bin wie erstarrt. Etwas macht sich an meinen Knöcheln zu schaffen. Etwas ist aus einer dunklen verlassenen Ecke herangetrieben und schwimmt neben mir im Wasser.
    Eine Leiche schwimmt vorbei. Vielleicht war sie es ja, die mich gestreift hat.
    In diesem Moment höre ich eine Stimme von oben. Und sehe ein Gesicht, umrahmt vom hellen Tageslicht wie ein Heiligenschein.
    »He, ihr müsst da raus!«, ruft eine hohe Jungenstimme.
    Verblüfft sehe ich nach oben.
    Die dicken Eisenschrauben, mit denen die Leiter an der Wand befestigt ist, müssen sich gelockert haben, denn sie beginnt sich mit einem abscheulichen Kreischen zu biegen. Ich spüre, wie sie unter mir nachgibt, als ich den Fuß auf die nächste Sprosse setze.
    Wir werden es nur schaffen, wenn eine von uns die Hand des Jungen ergreift. Aber er ist krank. Und wir wissen beide, dass wir um keinen Preis einen Kranken berühren dürfen. Eiter sickert aus einer Wunde auf seinem Arm und tropft ins Wasser. Ich sehe die Angst auf Aprils Zügen, ihren an Panik grenzenden Ekel.
    Sie trägt keine Maske, die sie schützen kann, abgesehen davon gehört er der Armee ihres Vaters an. Er ist unser Feind.
    Und auch ich will seine Hand nicht ergreifen.
    Mit einem lauten Kreischen löst sich die Leiter von der Wand.
    Ich schließe die Augen und greife an April vorbei nach oben. Die Leiter bewegt sich und wird von der Strömung hin und her gerissen, doch der Junge hält meine Hände fest umfasst. Etwas bohrt sich durch meine Schulter – eine der Metallstreben, die mich aufspießen, als die Leiter sich vollends aus der Halterung löst? Es könnte aber auch ein Krokodil sein, das mich verschlingen will.
    April schlingt die Arme um meine Taille.
    Der Junge ist unsere einzige Hoffnung. Unsere vollgesogenen Röcke machen uns so schwer, dass wir ihn in die Tiefe ziehen werden …
    Aber er hat erstaunlich viel Kraft. Er zieht mich hoch auf die Straße. Ich lasse seine Hand los und stemme mich vollends aus dem Tunnelloch, bis ich auf dem Bürgersteig liege. Kurz darauf liegt April neben mir. Eine Leiche liegt so dicht neben mir, dass ich sie berühren könnte, würde ich die Hand ausstrecken. Die Leiche eines Mannes mit blutüberströmten Wangen.
    Ich wende mich April zu, um sie zu warnen, nicht hinzusehen. Bei ihrem Anblick, ohne Maske, inmitten von Leichen, schießen mir die Tränen in die Augen. Wie konnte das passieren?
    April packt mich an der Schulter. Nur mühsam kann ich einen Schmerzensschrei unterdrücken. »Oh Gott, du bist ja voller Blut. Das gibt bestimmt eine Narbe.« Sie wimmert. »Du wirst nie wieder ein rückenfreies Kleid tragen können.«
    Plötzlich hören wir Schreie aus einem der angrenzenden Häuser dringen. Ich rapple mich hoch und strecke April die Hand hin.
    »Danke«, sage ich zu dem Jungen. Er ist noch sehr jung und hat ein nettes, offenes Gesicht. Erst jetzt merke ich, dass es der Junge aus dem Tunnel ist. »Du hast uns das Leben gerettet.«
    Er starrt auf meine Maske. Ich berühre sie. Der wichtigste Teil ist noch intakt, nur auf der Innenseite ertaste ich einen Sprung.
    »Ich wusste es nicht«, sagt er und starrt auf seine Hände. Offenbar dachte er, wir wären ebenfalls krank, so wie er. »Du bist verletzt«, stellt er fest. Eine Pustel unter seinem Auge platzt auf, und der Eiter fließt ihm über die Wange, ohne dass er es bemerkt. April gibt einen Laut von sich.
    »Tut mir leid«, sagt er. »Wir decken die Wunden nicht ab, weil es unter dem
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