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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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klarzumachen, dass die Gefahr
noch nicht vorüber war. Beide starrten konzentriert auf den
Bildschirm und auch Sarn wirkte plötzlich angespannt,
beinahe ängstlich. Bevor Mike eine entsprechende Frage
stellen konnte, schaltete Trautman die großen Scheinwerfer
der NAUTILUS ein. Im Schein der turmdicken Lichtstrahlen
erkannte Mike eine Anzahl kleiner, silbrig glänzender
Umrisse, die sich zu schnell bewegten, um sie identifizieren
zu können. Trotzdem erinnerten sie ihn an etwas. Und es war
keine gute Erinnerung ...
»Sind das ... Haie?«, murmelte er. »In dieser Tiefe? Aber
das ist doch unmöglich!«
»Es sind keine normalen Haie«, antwortete Trautman
und
Singh sagte:
»Du hast vorhin gefragt, wieso sie die NAUTILUS brauchen.
Da hast du die Antwort.«
Mike sah noch einmal hin und sein Atem stockte, als ihm
klar wurde, was Singh mit seinen Worten meinte.
Die
silbrigen Umrisse, deren Zahl immer mehr und
mehr
zunahm, waren tatsächlich Haie; Tiere der unterschiedlichsten Gattung: Tigerhaie, Hammerhaie,
die
gefürchteten weißen Haie, aber auch Arten, wie Mike sie
noch niemals erblickt hatte. Alle Tiere waren groß, aber es
waren auch wahre Giganten unter ihnen, zwanzig Meter lange
Walhaie und andere, noch viel größere Kolosse.
Es war nicht das erste Mal, dass Mike diese unterirdische
Haifisch-Armee sah. Schon als die NAUTILUS die Stadt auf
dem Meeresgrund erreicht hatte, war sie von zahllosen Haien
der unterschiedlichsten Art flankiert worden. Diesmal aber
waren es mehr, sehr viel mehr der gefährlichen Tiere. Und er
sah nicht nur die unheimlichen Riesenhaie, von denen einige
fast halb so lang wie die NAUTILUS zu sein schienen, sondern
zwischen ihnen auch kleinere, bizarre Geschöpfe, die wie eine
grauenhafte Mischung aus Mensch und Haifisch aussahen. Er
war Wesen wie diesen schon mehrmals begegnet – an Bord der
NAUTILUS, im Wrack des gesunkenen Frachters, aus dem sie
Argos’ Kameraden geborgen hatten, und das letzte Mal am
vergangenen Morgen, in den unterirdischen Erzgruben Lemuras.
»Sieh hin«, sagte Singh.
Nicht dass seine Aufforderung nötig gewesen wäre. Mike war
viel zu gebannt von dem unheimlichen Anblick, als dass es ihm
auch nur möglich gewesen wäre, den Blick vom Bildschirm zu
lösen; selbst wenn er es gewollt hätte.
Die Anzahl der Haie wuchs immer weiter. Es mussten
mittlerweile nicht mehr Hunderte sein, sondern Tausende. Die
Raubfische umkreisten die NAUTILUS in dichten Schwärmen.
»Es scheint zu funktionieren«, murmelte Trautman gepresst.
»Was?«, fragte Mike.
Trautman deutete auf einen der gigantischen Walhaie. Mike
schätzte die Länge des Tieres auf fünfunddreißig Meter, wenn
nicht mehr. »Den Burschen da erkenne ich wieder«, sagte er.
»Als wir das letzte Mal versucht haben, die Kuppel zu
verlassen, haben er und ein paar seiner Brüder die NAUTILUS
beinahe in Stücke gerissen.«
Aus Mikes Beunruhigung wurde allmählich nackte Angst. Er
glaubte Trautman aufs Wort. Der Walhai war nicht annähernd
so groß wie die NAUTILUS, aber Mike wusste, wie
unvorstellbar stark diese Tiere waren. Einem Angriff gleich
Dutzender dieser Kolosse würde nicht einmal die NAUTILUS
standhalten.
Seltsamerweise griffen die Tiere jedoch nicht an. Es
wurden
immer noch mehr und sie kamen auch näher, hielten aber
trotzdem einen gewissen Abstand zur NAUTILUS ein. Zwischen
ihnen gewahrte er immer mehr der unheimlichen
Haifischmenschen.
»Wächter«, murmelte er. »Chris nannte sie Wächter.«
Singh nickte grimmig. »Ein letzter Gruß von Serenas Vater«,
sagte er mit zornbebender Stimme. »Die alten Atlanter haben
diese Ungeheuer erschaffen, um Lemura zu bewachen. Sie sind
erbarmungslos. Schlimmer als Maschinen.«
»Deshalb sind sie immer in unserer Nähe aufgetaucht, seit wir
Argos begegnet sind«, murmelte Mike. »Sie waren hinter ihm
her, gar nicht hinter uns.«
»Niemand kann ihnen entkommen«, bestätigte Singh.
»Sie
wurden dazu erschaffen, die Bewohner Lemuras zu bewachen
und überall aufzuspüren, ganz egal, wohin sie auch fliehen.«
Auf dem kleinen Bildschirm entstand plötzlich hektische
Bewegung. Die Hai-Armee teilte sich. Der größte Teil blieb bei
der NAUTILUS zurück, aber Hunderte der Tiere bewegten sich
auf das gewaltige Loch in der Unterseekuppel zu, durch das die
NAUTILUS herausgekommen war. Eine Sekunde später
erkannte Mike auch den Grund dafür: Die beiden Jagd-U-Boote,
die ihnen schon im Hafenbecken zu schaffen gemacht hatten,
schossen wie große silberne Fische aus
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