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Die Spur des Dschingis-Khan

Titel: Die Spur des Dschingis-Khan
Autoren: Hans Dominik
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der Gipfel der Romantik zu sein. Die Ähnlichkeit mit seiner toten Braut benutzt das Schicksal, dich ihm zuzuführen.«
    »Nun ja, Helen … ein reiner Zufall war es doch nicht. Die Ähnlichkeit ist schließlich doch durch eine wenn auch entfernte Blutsverwandtschaft begründet.«
    »Ja, das mag ja sein, Maria. Aber wunderbar bleibt diese Fügung des Schicksals doch. Eine derartige fabelhafte Ähnlichkeit ist schon ein großes Wunder. Ich weiß, du mit deinem kühlen Blut empfindest das gar nicht so wie ich. Wenn ich das meinen Freundinnen drüben in den Staaten erzähle, wird man es mir kaum glauben wollen. Bitte, erzähle mir einmal genau, wie das war … damals auf dem Kirchhof.«
    Einen Augenblick sah Maria über die weite Fläche, und ein ernsterer Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Dann wandte sie sich zu Helen.
    »Es war kurze Zeit, nachdem wir hier in Berlin unser Heim gegründet hatten. Georg führte die Reste seines Haushalts von Wierny hierher. Darunter war auch ein Bild der Maria Ortwin. Die frappante Ähnlichkeit ließ mich sofort erraten, wen das Bild vorstellte. Dieses wunderbare Naturspiel wollte mir nicht aus dem Sinn gehen. Ich kam auf die Vermutung, daß hier irgendeine Blutsverwandtschaft vorliegen müsse. Aber von Georg konnte ich darüber nichts erfahren. Auf dem Bild standen nur der Geburtstag und der Todestag des Verstorbenen.
    An dem Sterbetag, der wenige Tage später war, forderte ich Georg auf, mich bei einer Spazierfahrt zu begleiten. Dem Chauffeur hatte ich den Kirchhof als Ziel angegeben. Georg achtete gar nicht auf den Weg. Erst als der Wagen vor dem Tor hielt, merkte er den Zweck der Fahrt.
    »Es ist heute ihr Todestag«, sagte ich zu ihm, als wir den Friedhof betraten. »Ich hätte ihn vergessen«, sagte er, aber der Druck seiner Hand zeigte mir, daß er mir dankbar war. Bald standen wir an dem Grab. Es war ein Familienbegräbnis. Neugierig suchte ich auf den anderen Grabsteinen nach Namen. Auf einem efeuüberwucherten Stein fand ich vermooste Buchstaben, den Geburtsnamen der Großmutter Marias. Es war der gleiche, den die Mutter meines Vaters als Mädchen trug.
    An diesem alten Grab fand meine Vermutung die erste Stütze. Ich forschte weiter nach, und es gelang mir durch Verwandte der Maria Ortwin, die fehlenden Glieder der Kette zusammenzubringen. Jene Ahne Marias und die Mutter meines Vaters waren in der Tat Basen. Das Zauberspiel hatte eine natürliche Erklärung gefunden.«
    Der Ruf »Helen!« schnitt dieser, die der Erzählung gespannt gelauscht hatte, die weiteren Fragen ab. Sie winkte ihrem Vater, der mit einem Brief in der Hand am Tisch stand, Antwort zu. Während sie sich ihm näherte, rief er schon: »Nachricht von Florence!«
    »Ein Brief von ihr?«
    Mit ein paar Sprüngen stand Helen neben ihrem Vater. »Nicht von ihr, my darling!«
    »Von wem dann?«
    »Von ihrem Vater.«
    »Wie kommt das? Was will John Dewey von dir?« »John Dewey wird alt. Der nüchterne, kalte Rechner scheint sich jetzt Idealen zu widmen. Seine Zuneigung zu den seiner Meinung nach unterdrückten Rassen treibt sonderbare Blüten. Er bittet, indem er seinem Wunsch ein philantropisches Mäntelchen umhängt, um nicht weniger als um meine Vermittlung zwischen ihm und Georg Isenbrandt.«
    »Und wozu, Pa?«
    »Um die Erfindungen Georg Isenbrandts auch für Afrika und die gesamte Welt herzugeben, ihre Wirkungen dort zu nutzen …«
    »Ach, Pa! Davon später! Was schreibt er von Florence?« »Nichts Gutes, Helen. Ihr Zustand hat sich anscheinend in keiner Weise gebessert. Die Lethargie, die sie nach dem Tod Lowdales umfängt, will nicht weichen. Sie lebt immer noch einsam, jeden Verkehr meidend, in ihren ständig verdunkelten Räumen dahin. Jeder Versuch, sie dieser schädlichen Selbstpeinigung zu entreißen, ist mißlungen. John Dewey hofft, daß sie ihm folgen wird, wenn er demnächst nach Afrika übersiedelt. Er hofft, daß die veränderten Verhältnisse einen heilsamen Einfluß auf ihren Zustand ausüben werden. Mag er nicht vergebens hoffen. Ihr Geschick ist von einer Tragik, die kaum zu überbieten ist. Vielleicht hätte das Schicksal mitleidiger gehandelt, wenn die Kugel, die das Herz, an dem sie ruhte, traf, auch sie mit hinweggerafft hätte. Wie sich ihr und ihres Geliebten Geschick gestaltet hätte, wenn jene Kugel ihr Ziel verfehlte? …
    Wer weiß es?«
    Nach einer kurzen Pause des Schweigens ergriff Helen wortlos den Arm Marias und zog sie zum Strand hinab. Das traurige Schicksal der Freundin ging
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