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Ein delikater Liebesbrief

Ein delikater Liebesbrief

Titel: Ein delikater Liebesbrief
Autoren: Eloisa James
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1
    Simon Darby erfährt unerfreuliche Neuigkeiten
    28 Park Lane
    London
    Manche Männer verwandeln sich in Walrösser, wenn sie in Wut geraten. Sie blähen ihre Nüstern und sträuben den Schnauzbart. Andere wiederum werden zu Schweinen mit aufgeblähten Backen und roten Äuglein.
    Nicht so Simon Darby. Er verwandelte sich in einen Kosaken. Seine Augen wurden zu Schlitzen. Seine hohen Wangenknochen – das Erbe der Darbys über Generationen hinweg – verliehen ihm ein furchterregendes, kantiges und ganz und gar fremdländisches Aussehen. In Gerard Bunges Augen sah der Mann geradezu wie ein Wilder aus.
    Soweit der Ehrenwerte Gerard Bunge sich erinnern konnte, war er das letzte Mal so aufgebracht gewesen, als sein Arzt ihm mitteilte, er habe Syphilis. Schon bei der Erinnerung an diesen Moment fühlte er sich unwohl. Die Krankheit war mit dem bangen Gefühl verbunden gewesen, dass der Himmel ihn bestrafte, von der zu erwartenden unangenehmen Behandlung ganz zu schweigen.
    Nur die Mitteilung, er würde sein Erbe verlieren, wäre schlimmer. Krankheiten kamen und gingen, aber das Leben war teuer. Selbst Taschentücher waren mittlerweile unerschwinglich.
    Darby hatte vermutlich einen Schock erlitten. Bunge wiederholte daher seine Worte. »Es kann keinen Zweifel geben. Ihre Tante nimmt zu.«
    Da Darby immer noch schwieg, schlenderte Bunge zum Kamin hinüber, dessen Sims eine Reihe Porzellanhunde zierte, und wägte erneut die Nachteile von Syphilis gegen Verarmung ab. Syphilis war eindeutig vorzuziehen.
    »Ich sagte gerade, dass Lady Rawlings enceinte ist. Die Gräfin von Trent hat sie auf dem Lande besucht und berichtet, dass die Lady einherwatschelt wie eine Ente. Haben Sie mich gehört, Darby?«
    »Wahrscheinlich waren Sie bis Norfolk zu hören.«
    Schweigen.
    Bunge konnte Schweigen schwer ertragen. Er musste jedoch zugeben, dass es nicht jeden Tag geschah, dass einem Manne die Erbschaft von einem ungeborenen Kind vor der Nase weggeschnappt wurde. Er schlug seine langen Manschetten um und rückte die Porzellanhunde in eine ordentliche Reihe. Es waren vierzehn oder fünfzehn dieser grellbunt angemalten kleinen Dinger, denen grässliche rosa Zungen aus den Lefzen hingen.
    »Schätze, die gehören einer Ihrer Schwestern«, bemerkte er über die Schulter hinweg. Beim Gedanken an Darbys Schwestern wurde Bunge ein wenig unbehaglich zumute. Denn wenn Esme Rawlings einen Knaben zur Welt brachte, würden auch sie ihre Mitgift verlieren.
    »Nein, meiner Stiefmutter«, erwiderte Darby.
    Eine ziemlich hohe Sterberate in Darbys Familie, überlegte Bunge. Vater, Stiefmutter und Onkel waren alle innerhalb eines Jahres verstorben. »Ich wünschte wirklich, Ihre Tante würde nicht zunehmen«, sagte er mit einem für ihn uncharakteristischen Anflug von Mitgefühl.
    Er unterdrückte einen Fluch, weil ihn der Saum seines gestärkten Kragens im Nacken kratzte. Wirklich, er durfte den Kopf nicht zu schnell drehen. Diese neumodischen hohen Stehkragen waren verteufelt unangenehm zu tragen.
    »Ihnen dürfte dieser Umstand wohl kaum zur Last gelegt werden. Soviel ich hörte, haben mein Onkel und meine Tante sich kurz vor seinem Tode wieder versöhnt.«
    »Es hat mich sehr erschreckt, dass er im Schlafgemach seiner Frau gestorben ist«, gestand Bunge. »Lady Rawlings ist ja keine unansehnliche Frau. Trotzdem lebte Ihr Onkel seit Jahren von ihr getrennt. Das letzte Mal sah ich ihn an Lady Childes Seite. Ich habe sogar geglaubt, Rawlings würde nicht einmal mehr mit seiner Frau sprechen.«
    »Das hat er, soviel ich weiß, auch nur noch sehr selten getan. Vielleicht haben sie einen Erben gezeugt, ohne dabei viele Worte zu verlieren.«
    »Manche behaupten ja, dass es nicht Rawlings’ Kind ist, wissen Sie.«
    »Da mein Onkel im Schlafzimmer seiner Frau gestorben ist, sind sie höchstwahrscheinlich einer Tätigkeit nachgegangen, der dieses Kindes zu verdanken ist. Und Sie werden mir den Gefallen tun und jedes Gerücht über diese Angelegenheit im Keim ersticken.« Darbys Augen zeigten nun wieder den gewohnten Ausdruck gleichgültiger Belustigung.
    »Sie müssen unbedingt heiraten«, drängte Bunge. »Ihnen dürfte es nicht schwerfallen, sich eine reiche Erbin zu angeln. Ich habe gehört, dass diese Saison ein Wollhändler seine Tochter auf den Heiratsmarkt werfen wird – alle behaupten, sie sei das reinste Mutterschaf.« Er brach in schrilles Gelächter aus.
    Darbys Blick wurde abweisend. »Dies Möglichkeit sagt mir weniger zu.« Er verneigte sich
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