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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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entrüstete sich Thomas zur heimlichen Belustigung seines Vaters. »Aber alle sagen, dass sie es bald tut«, fügte er mit wichtigtuerischer Miene hinzu.
    Clara war ein dreiviertel Jahr alt. Ihr Bruder hegte vom Tag ihrer Geburt an ritterliche Gefühle für seine Schwester und beobachtete genau jeden Fortschritt, den die Kleine machte.
    Der Junge strampelte, um auf dem Boden abgesetzt zu werden, und zerrte seinen Vater zur Wiege, der nur zu bereitwillig mitging. Gerührt betrachtete er seine Tochter. Während Thomas nach ihm kam, versprach die kleine Clara mit ihren grünen Augen und dem kastanienbraunen Haar das Abbild ihrer Mutter zu werden. Jetzt schlief sie. Ihre Lippen zuckten leicht, als ob sie saugen würde, ihr Gesicht war rund und rosig. Jeden Tag dankte Christian Gott dafür, dass er ihn mit zwei gesunden Kindern gesegnet und dass seine Frau die Entbindungen überlebthatte. Er konnte sich nicht vorstellen, wie er ohne Marthe leben sollte. Sie war die Liebe seines Lebens.
    Mechthild, die Köchin, kam zu ihnen. »Wollt Ihr heiße Suppe, Herr? Das Bad ist gleich fertig.«
    Christian beschloss, sich das Essen in der Küche geben zu lassen, die wegen der Brandgefahr etwas abseits des Haupthauses stand. Dort war es wärmer, und die Mahlzeiten wurden nicht kalt auf dem Weg in die Halle. Die Köchin füllte ihm eine Schüssel und schob ihm einen Kanten Brot zu. Frisch gebacken, merkte Christian beim ersten Bissen und sog den verführerischen Duft der Suppe ein, ehe er zu essen begann. Bohneneintopf, auf jene besondere Art mit Kräutern gewürzt, die nur Marthe beherrschte. Er tunkte das Brot in die Schüssel und ließ seinen Sohn davon abbeißen.
    Die heiße Suppe und das Herdfeuer taten ihm gut. Erst jetzt merkte er, wie erschöpft und durchgefroren er war. Der harte Ritt hatte ihn trotz der Kälte schwitzen lassen. Seine in Heilkünsten erfahrene Frau würde darauf bestehen, dass er schnellstens die nassen Sachen ablegte und ins heiße Wasser stieg.
    Er schob die Schüssel mit dem Rest der Suppe zu seinem Sohn, der ihn mit immer kleiner werdenden Augen ansah.
    »Wenn du aufgegessen hast, gehst du schlafen.«
    Der Junge verzog das Gesicht. »Noch nicht«, bettelte er.
    »Gehorche, dann reiten wir morgen zusammen aus.«
    Freudestrahlend sah Thomas zu ihm auf. Christian strich ihm über das seidige Haar. Nachdem er seinen Sohn wieder Marie übergeben hatte, ging er hinauf in die Schlafkammer, wo schon heißes Wasser im Badezuber dampfte und Tücher bereitgelegt waren.
    Während er es genoss, wie sich sein Körper entspannte und durchgewärmt wurde, kreisten seine Gedanken um die Reise, von der er gerade zurückgekehrt war.
    Was ihm sein Lehnsherr, Markgraf Otto von Meißen, aufgetragen hatte, konnte beträchtlichen Ärger mit sich bringen. Wieder einmal standen das Schicksal seines Dorfes und sein eigenes auf dem Spiel. Das Silber war Segen und Fluch zugleich. Es hatte ihnen zu einem gewissen Wohlstand verholfen, gemessen an den Entbehrungen der ersten harten Jahre nach ihrer Ankunft in der Einöde, aber es hatte auch Begehrlichkeiten von Feinden geweckt, Blut und Leid gekostet.
    Doch noch mehr beschäftigte ihn ein anderer Gedanke. Die nächsten Wochen würden Klarheit darüber bringen, was aus seinem erbittertsten Feind geworden war, mit dessen Rückkehr er schon seit Monaten rechnete. Der Mann, den zu töten er geschworen hatte.
     
    Das Knarzen der Tür riss ihn aus seiner Versunkenheit.
    Da stand sie, schlank und zierlich, noch mit Schneeflocken auf dem Umhang. Ihr Gesicht leuchtete vor Freude.
    Mit einer schnellen Bewegung erhob sich Christian und stieg aus dem Zuber.
    Marthe griff nach einem der Tücher und ging auf ihn zu, um ihn trockenzureiben. Doch er hinderte sie daran, indem er sie fest in seine Arme schloss und an sich zog. »Du hast mir gefehlt.« Der Begrüßungskuss schien kein Ende zu nehmen. Schließlich löste sie sich von ihm und sagte, glucksend lachend: »Das sehe ich«, während sie ihren Blick seinen Körper hinabwandern ließ.
    Sie verschränkte ihre Arme in seinem Nacken, küsste ihn sanft und flüsterte: »Ich hab dich auch vermisst.«
    Er schob die Haube von ihrem Kopf, so dass er ihr kastanienbraunes Haar sehen und mit den Händen hindurchfahren konnte, und streifte ihr den Umhang von der Schulter. Dann nahm er sie auf seine Arme und trug sie zum Bett.
    Während seine Lippen ihre Schulter liebkosten, glitten seine Hände schon ihre Schenkel empor, die sie bereitwillig öffnete.
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