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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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alten Heimat je hätten werden können.
    Marthe legte ihre Hand auf seinen Arm. »Diese Sache solltest du genauer untersuchen. Ich glaube, jemand hat eine ganze Bande Kinder hergebracht, die er für sich stehlen lässt. Befrag den Jungen, der ist halb verhungert und grün und blau geschlagen, und finde den Mann.«
    Als er die Runde später auflöste, forderte Christian den Bergmeistermit höflichen Worten auf, noch einen Moment zu bleiben.
    Mit einem bedauernden Blick bat er Marthe um Verzeihung für das, was er jetzt eröffnen musste.
    »Markgraf Otto will, dass ich ihn gleich nach Ostern zum Hoftag des Kaisers nach Goslar begleite. Dort soll ich noch mehr Bergleute anwerben. Nach Eurem jüngsten Bericht über die Erzgänge in der Nähe will der Markgraf auch dort die Förderung so schnell wie möglich beginnen.«
    Der Bergmeister starrte ihn verblüfft, beinahe entsetzt an. »Ihr sollt dem Kaiser unter seinen Augen Bergleute aus seiner eigenen Stadt abwerben?«
    »Ich verstehe Eure Bedenken, Bergmeister. Aber der Befehl des Markgrafen ist unmissverständlich«, entgegnete Christian hart. Gleich nach dem ersten Silberfund hatte Markgraf Otto Bergleute nach Christiansdorf kommen lassen und die Erzförderung energisch vorangetrieben. Doch jetzt gab es für ihn einen zusätzlichen Grund, den Abbau zu beschleunigen. Der Kaiser, den die Lombarden spöttisch »Barbarossa« nannten, hatte die Absicht zu einem erneuten Feldzug nach Italien bekundet. Die Bereitschaft unter den deutschen Fürsten, sich daran zu beteiligen, war alles andere als groß. Der letzte Italienfeldzug, der immerhin schon sechs Jahre zurücklag, hatte sich als Desaster erwiesen, und es sprach wenig dafür, dass der nächste glücklicher verlaufen würde. Otto wollte sich – wie manch anderer auch – von der Teilnahme am Feldzug freikaufen. Doch dafür brauchte er Silber. Viel Silber.
    Gemäßigter fuhr Christian fort: »Ich würde gern einen von Euren Männern mit in den Harz nehmen. Nicht Euch selbst, das wäre zu auffällig. Vielleicht einen der Steiger, jemanden, der Verwandte dort hat, die er ohne großes Aufsehen überzeugen kann, hierherzuziehen.«
    »Ich werde Euch bis morgen jemanden benennen«, sagte Hermann nachdenklich und verabschiedete sich mit einem Dank für das Mahl.
    Christian sah den Augenblick nahen, wo er wieder mit Marthe allein sein konnte, um endlich die schlimmsten Neuigkeiten loszuwerden. Doch da stand noch Karl, der unverkennbar etwas auf dem Herzen hatte.
    Obwohl der junge Schmied vor Kraft nur so strotzte und bei Gefahr viel Mut bewiesen hatte, wirkte er diesmal reichlich eingeschüchtert.
    Jonas stieß ihn leicht in Christians Richtung, Marthe lächelte ihn aufmunternd an. Mit verschränkten Armen wartete Christian gespannt, was nun kommen würde.
    Karl trat mit verlegener Miene noch einen Schritt näher.
    »Herr, ich möchte Euch um die Erlaubnis bitten, heiraten zu dürfen«, brachte er endlich hervor.
    Christian war überrascht. »Wer soll die glückliche Braut sein?«
    »Agnes, die Tochter des Obersteigers. Ich kann sie ernähren, in der Schmiede gibt es jede Menge Arbeit«, beeilte er sich anzufügen, denn eigentlich war er mit zwanzig Jahren noch zu jung, einen eigenen Hausstand zu gründen.
    Christian rief sich das Mädchen in Erinnerung: ein schüchternes Wesen mit kastanienbraunem Zopf, das äußerlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Marthe aufwies. Er hoffte sehr, dass Karl sie um ihrer selbst willen mochte und nicht nur als Ersatz für Marthe, die er geliebt hatte. Aber für Agnes würde es bestimmt keine schlechte Verbindung sein: Karl war als Schmied eine gute Partie und ein kräftiger, gutaussehender Kerl, der mit seinen jüngeren Schwestern liebevoll umging.
    »Was sagt ihr Vater?«
    »Er ist einverstanden.«
    »Und sie selbst?«
    Karl grinste und wurde noch verlegener. »Auch.«
    Christian legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wann dachtet ihr?«
    »Ihr seid einverstanden?«, fragte Karl so erleichtert, als hätte er statt mit der Zusage mit einem riesengroßen Donnerwetter gerechnet.
    »Natürlich. Meinen Segen habt ihr.«
    »Im Mai werde ich einundzwanzig«, sagte Karl, vor Glück strahlend.
    »Also nach der Heuernte. Abgemacht? Wenn deine Stiefmutter einverstanden ist, überlassen wir euch das Haus und das Land deines Vaters.« Er wusste, dass Marthe diesen Vorschlag gutheißen würde, denn sie hatten darüber schon einmal gesprochen.
    »Das würdet Ihr tun?«, brachte Karl erstaunt hervor.
    »Wir haben
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