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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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Erzbischof Wichmann reisen, um auf einer Synode in Halle von ihm »unter Tränen«, wie die Lautersberger Chronik des Hauses Wettin berichtet, die Aufhebung des Banns zu erwirken. Der Streit darum zog sich Monate hin, die für Konrads Angehörige sehr quälend gewesen sein müssen. Erst danach, gegen Ende des Jahres 1176, folgte Dietrich dem Kaiser nach Italien.
    Dietrichs Verhältnis mit Hedwig ist frei erfunden. In alten – durchweg von Männern geschriebenen – Quellen kommt Hedwig als »zänkisches Weib« ziemlich schlecht weg. Doch die Zukunft sollte zeigen, dass sie recht hatte mit dem, was sie Otto nahelegte. Ich habe den dringenden Verdacht, dass ihr die – durchweg männlichen – Chronisten übelnahmen, sich in Ottos Geschäfte eingemischt zu haben.
    Auch dass der Thüringer Landgraf Ludwig III., der später wegen seiner Großzügigkeit gegenüber der Kirche wirklich den Beinamen »der Fromme« erhielt, Ottos Silber rauben wollte, ist nicht belegt und also eine Unterstellung von mir. Doch es ist überliefert, dass es schon in früher Zeit immer wieder Überfälle auf Christiansdorf bzw. Freiberg und das dortige Silber gab. Und tatsächlich hat sich Ludwig gleich nach seiner Machtübernahme nicht nur in militärische Auseinandersetzungen mit den Askaniern verstrickt, insbesondere mit Hedwigs Brüdern Hermann von Weimar-Orlamünde und Bernhard von Aschersleben, sondern auch sehr bald schon mit dem Meißner Markgrafen.1184 nahm Ludwig den Wettiner Otto sogar gefangen und hielt ihn auf der Wartburg fest. Ottos und Hedwigs Tochter Sophia war vermutlich älter als vier Jahre, als sie mit Ulrich von Böhmen vermählt wurde. Die Geburtsdaten der frühen Wettiner sind nicht überliefert. Für Ottos Alter gibt es Schätzungen anhand seines ersten Auftretens bei einem Hoftag gemeinsam mit seinem Vater, daran habe ich mich bei der literarischen Ausgestaltung gehalten. Das Alter von Hedwig und ihren Kindern habe ich für die Romanhandlung so »festgelegt«, dass ich den künftigen Bruderstreit zwischen Albrecht und Dietrich schon im ersten Band andeuten konnte. Das heißt, Albrecht durfte zu Beginn der Handlung nicht älter als sieben oder acht Jahre sein, sonst wäre er bereits als Page an einen anderen Hof geschickt worden. Jedoch sind solche »Kindhochzeiten« beim Hochadel nicht selten gewesen.
    Bei der Figur des Sebastian habe ich mich von der Person des Konrad von Marburg inspirieren lassen, des Beichtvaters der heiligen Elisabeth von Thüringen, die später eine Verwandte der Wettiner werden sollte.
     
    Einige Bemerkungen noch zum Stichwort Hexenprozesse.
    Das gängige Bild von Inquisition, grausamer Folter und unweigerlicher Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen trifft erst ab dem 15. Jahrhundert zu. Die Mehrzahl der grausamen Hexenprozesse erfolgte nicht im als dunkel verpönten Mittelalter,sondern in der Neuzeit, und das auch nicht in allen Teilen Deutschlands. Für Kursachsen sind »nur« 900 Fälle belegt, von denen lediglich ein Teil mit der Todesstrafe endete.
    Doch Vorläufer gab es längst, wenngleich in anderer Form. Geklagt wurde damals vor allem wegen Schadenszauber und Aberglaubens. Die Verfahren wurden ursprünglich oft eingeleitet, um den oder die Beklagten vor Lynchjustiz zu schützen. So wurden beispielsweise in Freising 1090 drei Wettermacherinnen verbrannt – gegen den Willen der Kirche. In dem im Jahr 906 verfassten »Canon episcopi«, einer für Jahrhunderte verbindlichen Rechtsordnung, werden der Hexenflug und die Verwandlung von Menschen in Tiere als vom Teufel vorgespiegelte Wahnvorstellungen definiert.
    Der Kläger hatte die Beweispflicht, sonst fiel die Strafe auf ihn zurück. Doch wie beweist man, dass die böse Nachbarin der Kuh die Milch weggezaubert hat? Nicht selten wurden solche Vergehen lediglich mit einer Geldbuße geahndet. Bekam es allerdings das Opfer mit einem religiösen Eiferer zu tun, so hatte es keine Chance.
    Um 1150 wird die Verbrennung in Nordfrankreich und Deutschland die übliche Strafe für Ketzer, die damals noch »Häretiker« genannt wurden. Auch Eike von Repgows »Sachsenspiegel« von 1225, der übliches, seit langem praktiziertes Recht zusammenfasst, setzt für Ketzerei und Zauberei die Todesstrafe fest.
    Die »Probe auf dem kalten Wasser« wurde später tatsächlich in Sachsen abgeschafft. Und für spätereZeiten ist in Sachsen auch belegt, dass Adlige ohne Zustimmung des Fürsten weder der Ketzerei angeklagt noch der Folter unterzogen werden
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