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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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zum Zerwürfnis zwischen dem Kaiser und dem Löwen kommen.
    Während Dietrich las, trank Christian von dem köstlichen Burgunder und beobachtete den Markgrafen der Ostmark. Der Landsberger war düsterer geworden seit dem Tod seines Sohnes. Er und seine Brüder hatten quälende Monate hinter sich, bis Erzbischof Wichmann endlich erlaubte, dass Konrad in geweihtem Boden bestattet wurde.
    Das christliche Begräbnis, an dem auch Marthe und Christian teilnahmen, riss die alten Wunden wieder auf.
    Markgraf Dietrich war nicht der Einzige, der am Grab in Tränen ausbrach, und niemand wunderte sich, als ihn schließlich seine Schwägerin Hedwig mit Ottos Erlaubnis tröstend in den Arm nahm.
    Zum Totenmahl hatte Christian einen verlorengeglaubten und unverhofft wieder aufgetauchten Freund aus alter Zeit mitgebracht: Ludmillus, den Spielmann.
    Nachdem er in Eisenach niedergestochen worden war, hatte ihn sein Mädchen nach langer Suche gefunden und gesundgepflegt. Erst später erfuhr er, dass es ihr Bruder gewesen war, der ihn töten wollte, um zu verhindern, dass seine Schwester fortzog und er den Lohn ihrer Arbeit einbüßte. Ludmillus lag so lange auf den Tod, dass er keinen Boten nach Meißen schicken konnte. Und es dauerte Monate, bis er weit genug wiederhergestellt war, um die Heimreise anzutreten und bei seiner Ankunft zu seiner großen Erleichterung Christian und Marthe gemeinsam und bei bester Gesundheit anzutreffen. Nachdem ihn der Kaplan mit dem Mädchen vermählt hatte, das ihn begleitete, begann er auch wieder zu singen und seinen Spielmannsnamen zu führen. So sang er ein Lied zu Ehren des toten Konrad, eines jungen Ritters voller Mut und Ehrgefühl, das alle Anwesenden zutiefst berührte.
     
    Markgraf Dietrich hatte zu Ende gelesen. Mit zufriedener Miene warf er das Pergament in die Flammen.
    »Unsere Verbündeten stehen bereit«, erklärte er. »Kommt es heute zum Bruch zwischen dem Kaiser und dem Löwen, wird sich Heinrich einer Übermacht gegenübersehen, gegen die er keine Chance hat.«
    Er stand auf und warf einen Blick aus dem Fenster.
    »Die Zusammenkunft beginnt. Begleitet mich.«
    Christian sah mit skeptischem Blick an seinem Umhang hinab, der während der langen, strapaziösen Reise sichtlich gelitten hatte. »Ich fürchte, in diesem Aufzug kann ich nicht vor den Kaiser treten.«
    Dietrich rief einen Diener herbei und ließ Christian einen neuen Umhang bringen. »Das muss genügen. Haltet Euch im Hintergrund; wir sollten vermeiden, dass Euch Jordan von Blankenburg wiedererkennt.« Der Landsberger kannte inzwischen die Geschichte von Christians Gefangenschaft und Befreiung. »Ich will, dass Ihr meinem Bruder als Augenzeuge berichten könnt, was jetzt geschieht.«
     
    Das bedeutungsschwere Gespräch zwischen dem Kaiser und Herzog Heinrich verlief nicht etwa im kleinsten Kreis, sondern vor versammeltem Hofstaat. Wie Dietrich durchblicken ließ, hatte die Kaiserin dazu geraten. Beatrix traute dem Löwen schon längst nicht mehr, während der Kaiser anscheinend immer noch auf die Treue und Zuverlässigkeit seines Freundes und Vetters baute.
    Beatrix, die mit ihrer Schönheit und ihrem Lächeln oft den ganzen Saal verzaubert hatte, saß diesmal steif und mit undurchdringlicher Miene an Friedrichs Seite. Ihr Blick ruhte kühl auf Heinrich, der seinen stämmigen Körper aufrichtete und mit herablassendem Stolz in die Runde sah.
    Den Kaiser mit den sonst so vollendeten Manieren schien die letzte Äußerung Heinrichs aus der Fassung gebracht zu haben. »Was soll das heißen, Vetter: Du seist zu alt für einen Feldzug? Wenn ich mich recht entsinne, bist du um einige Jahre jünger als ich!«
    Im Saal erklang verhaltenes Lachen.
    »Aber ich fühle mich älter. Außerdem habe ich in meinen beiden Herzogtümern viel zu viel zu tun, um jetzt auch noch an einem Feldzug teilzunehmen.«
    Einen Moment lang herrschte Stille im Saal, während sich auf dem Gesicht des Kaisers Fassungslosigkeit ausbreitete. »Und verdankst du diese beiden Herzogtümer nicht mir, dem Kaiser? Habe ich sie dir nicht gegen alle Widerstände zugesprochen? Ist das der Dank?«
    Als der Herzog mit stolzer Miene die Antwort verweigerte, beschwor ihn Friedrich fast flehentlich: »Vetter, ich brauche dein Heer, um den Lombardischen Städtebund zu bezwingen. Habe ich dich nicht auch immer unterstützt gegen Neider und Gegner, gegen jene, die sich bei mir über dich beschwerten, gegen Erzbischöfe und Fürsten?« Wieder schwieg der Herzog und
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