Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
von Pferden und die farbenprächtigen Zelte wiesen ihm die Richtung.
    Auf dem Hof kam ihm ein Knappe entgegen, der sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein mochte.
    »Ihr seid Christian von Christiansdorf?«, begrüßte er ihn ehrfürchtig, während er das Pferd am Zaumzeug packte, damit Christian absitzen konnte.
    »Woher kennst du meinen Namen?«, erkundigte sich Christian verblüfft. Er konnte sich nicht erinnern, den Jungen schon einmal gesehen zu haben. »Ich war mit meinem Herrn bei dem Turnier in Meißen und habe miterlebt, wie Ihr dort diesen Hünen im Zweikampf besiegt habt«, bekannte der Knappe und geriet unversehens ins Schwärmen. »Und das mit nur zwei Hieben! Ihr wart großartig! Dabei hätte anfangs keiner von uns auch nur einen Hälfling darauf gewettet, dass Ihr gewinnt. Wochenlang haben wir über nichts anderes geredet.«
    Endlich schien sich der Junge wieder auf seine Pflichten zu besinnen. Er pfiff einen Stallbuschenheran, der Christian den Rappen und das Packpferd abnahm und fortführte. Dann verbeugte er sich. »Der Markgraf der Ostmark erwartet Euch. Es ist mir eine Ehre, Euch zu ihm zu geleiten.«
    Dietrichs Gesicht hellte sich auf, als er Christian sah.
    »Ihr kommt genau zur rechten Zeit«, rief der Landsberger aus. »Wenn mich nicht alles täuscht, werdet Ihr noch heute Augenzeuge eines denkwürdigen Ereignisses. Kurz vor Euch ist der Löwe eingetroffen.« Und nach einer bedeutungsschweren Pause fügte er hinzu: »Ohne sein Heer. Das lagert jenseits der Alpen.«
    Doch gerade dieses Heer war es, auf das der Kaiser hoffte, wie sie beide wussten.
    Friedrich Barbarossas Italienfeldzug hatte fulminant begonnen. Wie ein Strafgericht Gottes war er über die Lombarden hergefallen. Zuerst brannte er Susa nieder, jene Stadt, die ihn einst gedemütigt hatte und nicht aus ihren Mauern lassen wollte, so dass er sich verkleiden und fliehen musste, während die Kaiserin zur Täuschung ausharrte. Asti, gegen das er als Nächstes vorrückte, ergab sich sofort. Etliche der lombardischen und piemontesischen Verbündeten, die sich dem Lombardischen Bund hatten unterwerfen müssen, wechselten wieder zu Kaiser Friedrich über. So gewann er Alba, Pavia, Acqui und Como.
    Also konzentrierte der Lombardische Städtebund seine Verteidigung auf Alessandria, jene Stadt, die zum Hohn für Barbarossa den Namen des Papstes erhielt, den Friedrich nie anerkennen wollte.
    Und an der Belagerung Alessandrias biss sich der Kaiser die Zähne aus. Seine eigenen Reihen begannen sich zu lichten; viele Söldnertrupps zogen ab, darunter auch ein Teil von Ulrichs Böhmen. Die hatten schon auf dem Weg hierher für mehr Ärger als Hilfe gesorgt, als sie unterwegs mit den Ulmer Bürgern in Streit gerieten, wobei es unzählige Tote gab. Und wenn das böhmische Heer auch verspätet angerückt war – die Polen kamen erst gar nicht.
    Vor Alessandria, so schien es, hatte das Kriegsglück den Kaiser verlassen. Monatelange Verhandlungen führten zu keiner Einigung. Jeder wusste: Wenn der Kaiser das Blatt noch zu seinen Gunsten wenden wollte, brauchte er ein starkes Heer. Ein so starkes, wie es nur der Löwe schicken konnte. Doch der tat nichts dergleichen.
    So bat der Kaiser um ein Treffen hier in Chiavenna. Das durfte der Herzog, sein Vetter, über den der Kaiser trotz aller seiner Verfehlungen immer eine schützende Hand gehalten hatte, nicht verweigern.
    Hier und jetzt würde sich entscheiden, ob der Kaiser weiter zum Löwen hielt oder ob es zum Bruch zwischen ihnen kam.
    Markgraf Otto wollte die Neuigkeiten aus erster Hand erfahren. Denn sollte der Kaiser für seine Unterstützung Heinrich vielleicht sogar noch mehr Macht zusprechen, hätte das unabsehbare Folgen für das Kräfteverhältnis im Reich. Deshalb hatte er Christian auf den beschwerlichen Weg über die Alpen geschickt, obschon der als Burgvogtgenug zu tun hatte. Aber der Markgraf hatte erklärt, wenn er jemandem zutraue, eine höchst geheime Botschaft, die um keinen Preis in fremde Hände fallen durfte, zuverlässig auch im Winter über die Alpen zu bringen, dann Christian.
    Also hatte Christian vorübergehend Lukas die Verantwortung über die Burg und das Dorf übertragen, sich von Marthe und seinen Kindern verabschiedet und war losgeritten.
     
    Dankbar nahm Christian einen Becher Wein entgegen, dann händigte er Dietrich den versiegelten Brief aus, in dem Otto über die neuesten Entwicklungen unter seinen potentiellen Verbündeten berichtete. Sie alle standen bereit, sollte es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher