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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse
Autoren: Ken Follett
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Café, worauf Laski es sich zur Gewohnheit machte, Peters Gesellschaft zu leisten – zuerst gelegentlich, dann regelmäßig. Laski gab vor, selbst ein Frühaufsteher zu sein, und er stimmte in Peters’ Lobeshymnen ein, was die stillen Straßen und die frische Luft am frühen Morgen betraf. In Wahrheit war Laski ein Langschläfer. Doch er war bereit, Opfer auf sich zu nehmen, falls auch nur die vage Möglichkeit bestand, seinen großangelegten Plan in die Tat umzusetzen.
    Schwer atmend betrat er das Café. In seinem Alter hatte ein Mann schließlich das Recht auf ein bißchen Erschöp fung, mochte er sich in noch so guter körperlicher Verfassung befinden. Im Innern des Lokals roch es nach Kaffee und frischem Gebäck. Die Wände waren mit Plastiktomaten behangen und wurden von Aquarellen verschönt, welche die italienische Heimatstadt des Cafébesitzers zeigten. Hinter dem Tresen standen eine junge Frau in einem weißen Kittel und ein langhaariger Jugendlicher. Sie häuften Berge von Sandwiches auf, um sich für den Ansturm der Hundertschaften von Büroangestellten zu wappnen, die sich mittags einen Happen mit an den Schreibtisch nahmen. Irgendwo spielte leise ein Radio. Laski schaute sich um und sah, daß Peters bereits an einem Tisch am Fenster saß.
    Laski ließ sich eine Tasse Kaffee und ein LeberwurstSandwich geben und setzte sich zu Peters an den Tisch. Peters aß Krapfen; offenbar gehörte er zu den Menschen, die keine Gewichtsprobleme kannten. »Wird ein schöner Tag heute«, sagte Laski. Seine Stimme war tief und wohlklingend, wie die eines Schauspielers, und sein osteuropäischer Akzent war kaum herauszuhören.
    Peters sagte: »Ein wunderschöner Tag. Wahrscheinlich kann ich schon um halb fünf in meinem Garten sein.«
    Laski nahm einen Schluck Kaffee und betrachtete sein Gegenüber. Peters hatte sehr kurzes Haar und einen kleinen Schnauzer, und sein Gesicht sah verhärmt aus. Er hatte noch gar nicht mit der Arbeit angefangen und dachte jetzt schon an den Feierabend. Was für ein armseliges Leben, dachte Laski und verspürte eine kurze Aufwallung von Mitleid für Peters und all die anderen kleinen, unbedeutenden Männer, für die Arbeit das Mittel war, und nicht der Zweck.
    »Aber mir macht die Arbeit Spaß«, sagte Peters, als hätte er Laskis Gedanken gelesen.
    Laski ließ sich sein Erstaunen nicht anmerken. »Aber Ihr Garten macht Ihnen mehr Spaß.«
    »Bei einem solchen Wetter, ja. Haben Sie auch einen Garten … Felix?«
    »Meine Haushälterin kümmert sich um die Blumenkästen. Ich bin nicht der Typ, der irgendwelchen Hobbys frönt«, erwiderte Laski und fragte sich, warum Peters gezögert hatte, ihn mit dem Vornamen anzureden. Wahrscheinlich ist der Mann dir gegenüber ein bißchen ehrfurchtsvoll, sagte er sich. Gut.
    »Sie haben keine Zeit, nicht wahr?« sagte Peters. »Ich könnte mir vorstellen, daß Sie sehr hart arbeiten.«
    »Das sagt man mir nach, ja. Aber ich tu’s gern. Wissen Sie, ich ziehe es vor, zwischen sechs Uhr morgens und Mitternacht fünfzigtausend Pfund zu verdienen, als mir im Fernsehen Schauspieler anzusehen, die nur so tun, als würden sie sich gegenseitig umbringen.«
    Peters lachte. »Ich hätte nie damit gerechnet, daß der einfallsreichste Kopf der Londoner Geschäftswelt keine Phantasie hat.«
    »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    »Sie lesen keine Romane, und Sie gehen auch nicht ins Kino, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Sehen Sie? Das ist Ihr schwacher Punkt – Sie können sich nicht in Fiktionen hineinversetzen. Aber das gilt für die meisten unternehmerisch tätigen Menschen. Diese Phantasielosigkeit scheint mit dem gesteigerten geschäftlichen Scharfsinn erfolgreicher Unternehmer einherzugehen, genauso, wie ein Blinder ein gesteigertes Hörvermögen entwickelt.«
    Laski verzog das Gesicht. Von Peters analysiert zu werden, brachte ihn in eine nachteilige Position, und das behagte ihm ganz und gar nicht. »Kann schon sein«, murmelte er.
    Peters schien Laskis Unbehagen zu spüren. »Die Karrie ren großer Unternehmer haben mich immer schon fasziniert«, sagte er versöhnlich.
    »Mich auch«, erwiderte Laski. »Aber noch mehr ihr Geld.«
    »Was war eigentlich Ihr erster Coup, Felix?«
    Laski entspannte sich. Endlich konnte er sich wieder auf gewohntem Boden bewegen. »Woolwich Chemicals, würde ich sagen«, antwortete er. »Ein kleines pharmazeutisches Unternehmen. Nach dem Krieg hatte die Firma eine kleine Ladenkette eröffnet, Apotheken und Drogerien, mit dem Ziel,
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