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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Sabine Weigand
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Nationalsozialismus, die Millionen Toten, den unfassbaren Schrecken des Holocaust. Aber kaum jemand kennt die Geschichte des mitteleuropäischen Judentums in früheren Zeiten, die Geschichte einer Minderheit, die zuzeiten kaum in der Lage war, Ausgrenzung und Verfolgung zu überdauern. Seit wann leben überhaupt Juden in Deutschland? Wie ging man mit ihnen über die Jahrhunderte hinweg um? Wo waren sie zu finden? Wie sah ihr Alltag aus? Zusammen mit der Frage nach Integration oder Ausgrenzung ist dies eine Seite der Thematik, der ich in diesem Buch versucht habe, Rechnung zu tragen. Dabei tat sich schnell eine weitere, mehr nach innen abzielende Frage auf: Wer von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, weiß eigentlich Bescheid über den jüdischen Glauben, wie er damals praktiziert wurde? Was geschieht in der Synagoge? Wann geht man ins Ritualbad? Welche Feste werden gefeiert? Was sind die Regeln am Sabbat? Was hat die Thora mit der Bibel zu tun?
    Dies alles sind Fragen, die ich versucht habe, im Roman auf unterhaltsame Weise zu beantworten.
    In den letzten Jahren habe ich mich immer wieder mit dem Gedanken getragen, eine mittelalterliche jüdische Thematik zum Inhalt eines Romans zu machen, habe aber keine historische Figur gefunden, die ich in den Mittelpunkt einer Geschichte hätte stellen können. Und dann kam der Tipp meiner österreichischen Freundin Lotti: Es habe, so erzählte sie mir, im späten Mittelalter jüdische Ärztinnen gegeben. Das hat mich sofort elektrisiert. Ein weiblicher Medicus! Im christlichen Bereich schon kaum denkbar – nur ganz wenige Frauen sind als Ärztinnen im Mittelalter nachweisbar, und dies zumeist nicht in Deutschland. Und dann noch eine Jüdin! Ich fing an, gezielt zu recherchieren, und tatsächlich – ich wurde fündig. Für das erste Viertel des 15. Jahrhunderts ist in Würzburg die »Juden Ertztin« Sara belegt, die Unterlagen schlummerten im Staatsarchiv Würzburg. Damit war die Protagonistin meines neuen Romans entdeckt – wieder einmal eine Frau, die es tatsächlich gegeben hat. Danke, Lotti!
    Die historische Spurensuche nach meiner Sara endete damit allerdings auch schon. Denn wir befinden uns in der quellenarmen Zeit; die Schriftlichkeit war noch wenig entwickelt. Alles, was ich hatte, war eine kurze Bestallung (quasi eine Einstellungsurkunde) meiner Sara auf drei Jahre zur Stadtärztin in Würzburg. Dazu ein Eintrag in ein Kopialbuch. Und dann noch eine große Merkwürdigkeit: Eine Urkunde, in der ebendiese Sara in alle Güter des Ritters Friedrich von Riedern eingesetzt wird – der gesamte Besitz eines adeligen Grundherrn geht, leider ohne jede Erklärung, in die Hände einer Jüdin über! Unzählige Zeugen, fast der gesamte unterfränkische Adel, bürgen für diese Transaktion. Was war da passiert? Wie konnte es geschehen, dass eines fränkischen Ritters »erbe, eygen, lehen oder varend habe, zinse, schulden, gülte … huser, höfe, ecker, wysen und weingarten … wie das alles geheissen und wo das gelegen ist oder name hat, besucht und unbesucht, clein und groß, nichts usgenommen« an eine Jüdin fällt – Grundbesitz und Einkünfte von kaum vorstellbarem Wert! Eine Theorie ist die, dass die historische Sara vielleicht neben ihrer Arztpraxis noch Geldhandel betrieb und sich Friedrich von Riedern bei ihr verschuldet hatte. Aber konnte es sich dabei wirklich um solch immens hohe Summen gehandelt haben, dass der Schuldner dadurch alles verlor? Im Roman finde ich für die denkwürdige Besitzübertragung eine eigene Erklärung – was aber wirklich damals geschah, wird sich wohl nie mehr herausfinden lassen.
    Auch das Leben der Sara ist wegen des Quellenmangels weitgehend fiktiv geworden. Ich habe versucht, anhand ihrer Abenteuer beispielhaft das Leben der Juden im späten Mittelalter aufzuzeigen. Saras Familie verliert ihre Existenzgrundlage durch den tatsächlich anbefohlenen Judenzinserlass von 1390. Sara wächst in der berühmten Kölner Gemeinde auf – eine der wenigen Gemeinden, die in einer Art absperrbarem »Ghetto« lebt (damals wegen des Sicherheitsaspekts von den Juden freudig begrüßt; der Begriff Ghetto stammt allerdings aus späterer Zeit: Im Jahr 1516 wies man den Juden in Venedig das Stadtviertel gleichen Namens als einzigen Wohnort zu).
    Saras Kindheit und Jugend waren der Weg für mich, das jüdische Alltagsleben zu schildern, Sabbatbräuche, Festtage, Hochzeitsriten. Später flieht sie nach München, wo sie von ihrem Onkel das Handwerk des Arztes
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