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Die Siedler von Catan.

Die Siedler von Catan.

Titel: Die Siedler von Catan.
Autoren: Rebecca Gablé
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üben statt an seinen Gefährten, aber die Götter werden uns nicht strafen, wenn wir es nicht tun.«
    Osmund trat den Sachsen beiseite wie einen lästigen Köter und betrachtete den Gefangenen mit konzentriert gerunzelter Stirn. Dann nickte er zögernd. »Hacon hat Recht, das ist der Kerl, dessen Schwert ich geborgt habe. Ich will trotzdem, dass er stirbt«, fügte er leise hinzu. »Ich will sein Blut fließen sehen, so wie Gislas geflossen ist.«
    Harald der Schmied legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Aber wenn er sein Leben nicht den Göttern schuldet, könnten wir ihn auch behalten, Osmund«, wandte er bedächtig ein. »Wir haben viele gute Knechte verloren letzte Nacht. Wir brauchen Arbeitskräfte.«
    »Eher will ich mein Vorratshaus mit meinen eigenen Händen wieder aufbauen«, knurrte Siward.
    »Nun, dann lasst uns darüber abstimmen«, schlug Olaf vor.
    Weil Gisla die Frau seines Neffen gewesen war, stimmte er mit Osmund und Siward für den Tod des Turonländers. Auch Candamir war auf ihrer Seite. Um Osmunds willen vor allem, doch auch aus Respekt vor seinem toten Onkel Sigismund und dessen Sohn. Wie jeder hier empfand Candamir einen Angriff auf einen Verwandten als persönliche Kränkung und Bedrohung, denn nur wenn sie zahlreich war, war eine Sippe stark.
    Aber diejenigen, die die Arbeitskraft des Gefangenen nützlicher fanden als seinen Tod, waren in der Überzahl.
    Jeder konnte sehen, dass Osmund Mühe hatte, seinen Zorn zu beherrschen. Ehe er den Dolch zücken und gegen den Beschluss der Versammlung seinen Kopf durchsetzen konnte, nickte Olaf zweien seiner Söhne zu, und sie nahmen den Turonländer in die Mitte, führten ihn zu ihrem Hof hinüber und sperrten ihn fürs Erste in die Sauna.
    »Sei heute Abend mein Gast, Osmund«, sagte Olaf leise zu seinem Neffen. »Du brauchst eine Amme für deinen Sohn, sagt Brigitta. Sicher findest du unter meinen Mägden eine. Iss und trink mit uns und lass dir Trost spenden in deiner Trauer.«
    Osmund verschränkte die Arme und senkte den Kopf. Er hätte die Einladung lieber ausgeschlagen. Aber im Gegensatz zu seinem Freund wusste er, was sich gehörte. »Danke, Onkel.«
    Olaf wandte sich an Candamir. »Und du solltest deinem Sklaven Manieren beibringen.«
    Candamir nickte und sah seinen Sachsen wortlos an. Die meergrauen Augen funkelten zornig. Scheinbar demütig senkte der Mönch das Haupt und dachte mit einer verstohlenen Grimasse, dass heute in Elasund wohl doch noch Blut fließen sollte, und zwar das seine. Aber er frohlockte bei dem Gedanken. Es würde ihn Gott näher bringen …
    »Es wird Zeit, dass wir beraten, was jetzt zu tun ist«, drängte Harald. »So kann es nicht weitergehen. Im Frühling sind die Turonländer hier eingefallen und haben uns das Vieh gestohlen. Jetzt kommen sie wieder und stehlen das Heu und die Frauen. Wohin soll das führen?«
    »Wir sollten dem König einen Boten schicken«, meinte Siwards Sohn Wiland. Und weil er nichts als verblüfftes Gelächter erntete, fügte er aufgebracht hinzu: »Er ist der König der Turonländer genau wie der unsere! Er kann ihnen befehlen, uns zufrieden zu lassen. Und meine Mutter wieder herzugeben …«
    Seine Stimme kippte, und er senkte den Kopf.
    Osmund empfand Mitgefühl für den kaum fünfzehnjährigen Jungen. Er selbst hatte keinerlei Erinnerung an seine Mutter, die wenige Wochen nach seiner Geburt an einem Lungenfieber gestorben war. Sein Vater hatte ihn auf den Nachbarhof gebracht, wo ebenfalls gerade ein Erstgeborener das trübe Winterlicht der Welt erblickt hatte. So war es gekommen, dass Candamir und Osmund von derselben Brust genährt worden waren, was vermutlich erklärte, warum sie einander nahe standen wie Brüder. Erst als seine Ziehmutter acht Jahre später gleich nach dem Julfest bei Hacons Geburt gestorben war, hatte er die Angst und die Verlorenheit verspürt, die der Verlust mit sich brachte, den er doch in Wahrheit schon längst erlitten hatte. Es war die bitterste Erinnerung seiner Kindheit. Und er wusste noch genau, dass er und Candamir sich voreinander ihrer Tränen geschämt hatten, so wie Wiland sich jetzt schämte, dass sich jeder in einen stillen Winkel verkrochen hatte, um sie zu vergießen. Vielleicht war es das erste Mal gewesen, dass sie irgendetwas nicht gemeinsam taten.
    Der Verlust von damals machte den von heute auf eigentümliche Weise erträglicher. Kein Glück kann je von Dauer sein, hatte sein Vater damals zu ihm gesagt, das ist nicht das
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