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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Großen Saal, das sich mit den Lauten gedämpfter Schritte mischte. Er versuchte den Erzbischof nicht zu sehr anzustarren und lenkte seinen Blick wieder auf die Spitzen seiner Schuhe.
    Otto schniefte, und Vater Thaddäus schimpfte leise vor sich hin. Der Erzbischof trommelte mit den Fingern auf ein in rotes Leder gebundenes Buch, das vor ihm auf dem Tisch lag, während sie vor ihm standen, stumm und angeklagt, wobei der Grund der Anklage erst noch gefunden werden mußte.
    Die Wachen hatten sie allesamt mitgenommen. Sicherheitshalber. Und vor allem, weil Bernhard von Aken Thaddäus lauthals beschuldigt hatte, ein Komplott gegen ihren Herrn ausgeheckt zu haben. Der Erzbischof war nicht sonderlich erbaut gewesen über diese unliebsame Unterbrechung seines Tagewerkes und hatte mit einem leichten Zucken der Augenbrauen zur Kenntnis genommen, daß auch Vater Thaddäus auf sehr merkwürdige Weise in diesen Unfug verstrickt war. Nunwaren sie hier versammelt und warteten auf Johann, der die Ursache für all den Ärger bringen mußte.
    Ludger dachte an das unscheinbare Kästchen mit dem Drachensamen. Es mußte Schicksal sein. Er hatte es verhindern wollen, und gerade dadurch war es genauso gekommen, wie es ursprünglich geplant war. Vielleicht nicht genauso, aber Kleinigkeiten spielten in diesem teuflischen Plan keine Rolle mehr. Der Erzbischof, die Kinder – und der Drachensamen. Das Schicksal würde sich erfüllen. So oder so. Und er hatte keine Macht, dies zu verhindern.
    Die Sonne verkroch sich langsam hinter den Horizont, die Zimmer wurden dunkler, Schatten schienen wieder aus den Mauern zu kriechen. Pagen hatten die Kerzen in den Leuchtern entzündet. Nun warfen sie ihr unruhiges Licht gegen das Mauerwerk, auf das Gesicht von Vater Thaddäus, der neben ihm stand und vor sich hin murmelte. Sollten es Gebete sein, dann waren es zornige Worte an Gott.
    Dazwischen mischte sich der unruhige Atem Roswithas. Sie stand so dicht neben ihm, daß er glaubte, ihre Wärme zu spüren, den Duft ihres Haares einsaugen zu können. Er löste seinen Blick von den Schuhspitzen, heftete ihn auf Roswitha. Sie war so schön. Auch als Knabe, als Jüngling, der irrtümlich für einen Kastraten gehalten wurde. So ein wunderbares Wesen.
    O heiliger Genesius, hilf uns in dieser Stunde der Not!
    Er sandte sein kindliches, aber inbrünstiges Stoßgebet gegen die Holzbalken der Decke und hoffte, es würde sich nicht einfach ungehört verlieren.
    Gott hilft dem, der sich selbst hilft, flüsterte eine leise Stimme in seinem Inneren. Ja, aber er hatte mit seinem kleinen Gebet der Not nicht Gott selbst behelligt. Wieder sah er zu Roswitha, versank im Blond ihrer Haare, in ihren feinen Gesichtszügen, ihren vor dem Schoß gefalteten Händen.
    Ein wahrer Held rettete seine Geliebte. Ein wahrer Held war bereit, für sie sterben. Was machte es schon, wenn er diese Geschichte nicht niedergeschrieben hatte? Die Nachwelt würde es für ihn erledigen.
    Ein mächtiges, viel besungenes, aber noch nicht gekanntes Gefühl von Heldentum durchströmte ihn.
    Er hörte, wie die Türen geöffnet wurden. Kindliche Schritte tapsten über den Holzboden. Der Erzbischof lehnte sich in seinem Stuhl zurück, formte seine Hände wie zum Gebet, tippte mit den Fingerspitzen gegen die Lippen und sah versonnen auf das Kästchen, das Johann vor ihm auf den Tisch stellte. Der Knabe trat zurück, an die Seite seines Bruders, der sich direkt vor dem Tisch aufgebaut hatte, um besser sehen zu können. Seine Neugierde schien seine Angst zu besiegen.
    Im Saal war es still geworden. Und Ludgers Gedanken waren nun auf das Ende der Welt gerichtet, denn wenn sich die Bestimmung erfüllte, dann stand jetzt das Ende der Welt bevor. Zumindest ihrer Welt.
    »Wenn ich euch erklären dürfte …« Vater Thaddäus war näher an den Tisch herangetreten, strich seine Kutte glatt, ging einen Schritt auf den Erzbischof zu, der seine Augen nur zögernd von dem Kästchen löste und dann zu Thaddäus sah.
    »Ich bitte darum.«
    Vater Thaddäus räusperte sich, buckelte untertänigst vor dem Erzbischof und schob seine Hände in die Ärmel seiner Kutte. »Es sollte eine Überraschung für Euch werden. Eine wundersame Überraschung, die übel vereitelt wurde durch diese Halunken!« Er drehte sich halb um, nahm die rechte Hand wieder aus dem Ärmel, deutete damit anklagend und reihum auf sie alle.
    Bernhard von Aken lachte hart auf.
    »Sollte es eine lustige Überraschung werden? Oder wie soll ich Euer Lachen
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