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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    Dann packten sie Männerhände, zogen sie hoch, rüttelten sie. Sie japste, rang nach Atem, schlug die Augen auf und konnte kaum etwas sehen. Schatten taumelten durch dichten Rauch.
    Roswitha zitterte am ganzen Körper, nicht fähig, sich selbst unter Kontrolle zu bringen. Der Drache. Wo war der Drache? Wo waren die anderen? Die Stimme von Bernhard drang zuihr. Bernhard, der sie festhielt. Bernhard, der sich auf sie gestürzt und mit seinem Körper vor den sieben Häuptern des Drachens beschützt hatte.
    Langsam nahm die Welt wieder Gestalt an. Wachen liefen hektisch herum, Waffen klirrten, Männer schrien Befehle, ein Kind weinte. Jemand taumelte an ihr vorbei. Sie konnte ihn nicht erkennen. War das Ludger? Ludger! Wo war er?
    Sie versuchte sich aus Bernhards Griff zu befreien, taumelte benommen einen Schritt zurück. Ihr Fuß glitt in einer blutroten Pfütze aus. Sie konnte eine zerfetzte Kutte erkennen, dann erblickte sie ein Bündel blutendes Fleisch. Zerrissen von den wütenden Klauen des Drachen.
    Wachmänner zerrten den Erzbischof vom Boden hoch. Er hustete, klopfte sich Ruß und Staub von der Tunika. Johann zitterte stumm, während Otto von Schluchzern geschüttelt wurde. Der Erzbischof beugte sich zu ihm, tastete ihn ab, flüsterte Worte, die Roswitha nur halb verstehen konnte: »Der Teufel … Teufelswerk … Was war das …?«
    Ein Wächter schob sich zwischen sie und Bernhard. Seine Hand hielt einen Dolch umklammert. Er stellte sich neben den Erzbischof, warf einen verunsicherten Blick um sich, sah dann wieder zum Erzbischof. »Bitte, laßt uns diesen Raum verlassen!«
    Der Erzbischof nickte nur, deutete auf die Kinder und murmelte: »Bringt sie in Sicherheit«, bevor er selbst aus dem Raum wankte.
    Roswithas Augen fanden Bernhard. Sein Haar war von Rußflocken bedeckt, in seinem Blick spiegelte sich Begeisterung, vermengt mit Verwunderung und Unglauben, wider. Bernhard – er hatte sie gerettet. Ihr Leben beschützt. Aber wo war Ludger?
    Und dann sah sie ihn. Er lag merkwürdig verkrümmt am Boden, war halb herumgedreht. In seinem Hinterkopf steckteein Etwas, das metallisch glänzte. Eine große Blutlache vergrößerte sich unaufhörlich unter seinem Kopf.
    Sie flüsterte seinen Namen.
    Er würde immer der Mann ihrer Träume sein. Selbst ein Träumer und deshalb nicht für dieses Leben geeignet. Er hatte sein Grab in Magdeburg gefunden, hinter der kleinen Kapelle, dicht an der Elbe. Für immer war er von ihr gegangen. So blieb ihr nun nichts anderes übrig, als von ihm zu träumen und seine Seele damit unsterblich zu machen. Vielleicht sollte sie auch einen Sänger damit beauftragen, ein Lied auf ihn zu dichten? Möglicherweise eine Ballade? Die Zeit würde es weisen. Irgendwann, ja, irgendwann würden Ludgers Taten niedergeschrieben werden. Damit er nicht vergessen wurde.
    Roswitha wurde es wieder schwer ums Herz. Am Morgen hatten sie Magdeburg verlassen, waren im leichten Trab der Heimat entgegengeritten. Sie trug immer noch die Männerkleider. Es wäre zuviel gewesen, dem Erzbischof auch noch erklären zu müssen, warum eine Frau verbotenerweise in Männerkleidern durch seine Ländereien zog. Nein, so war es einfacher – und vor allem sicherer. Möglicherweise hätte sie einen strengen Richter gefunden und doch noch ihren Kopf verloren. Aber ihren Kopf brauchte sie. Für Bernhard. Damit dieser sein Versprechen einlösen und sie zur ehrbaren Frau machen konnte. Und er würde es tun. Sie wußte es.
    Armer Ludger. Nun mußte sie keine schwere Wahl mehr treffen. Er hatte ihr diese Wahl abgenommen und sie freigegeben. Und ganz tief in ihrem Inneren wußte sie, daß es Bernhards Stärke war, die sie anzog. Eine Frau durfte nicht träumen, wollte sie nicht verhungern oder auf anderem Wege vor die Hunde gehen. Eine Frau brauchte einen Mann, der sie beschützte. Der sie vor dem heiligen Zorn des Erzbischofs rettete, indem er die Fingerknochen des heiligen Veit aus demBeutel an seinem Hals zieht, sich tief vor dem Mann der Kirche verbeugt und mit großer Inbrunst erklärt, dies wäre der einzige Grund für ihr Hiersein.
    »Und daß die Reliquie Wunder wirkt, hat sie bereits bewiesen. Nicht nur Ihr, auch Eure Mündel haben diese üble Überraschung überstanden. So nehmt sie denn, und tragt sie immer bei Euch. Auch im Gedenken daran, wer Eure wahren Freunde sind.«
    Das hatte er gesagt. Bernhard. Bernhard von Aken, der starke Mann an ihrer Seite, der ihr mehr als einmal das
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