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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Leben gerettet hatte. Sie zügelte ihr Pferd, brachte es dazu, stehenzubleiben. Das Pferd ließ es willig geschehen, senkte den Kopf, zupfte mit sanftem Maul Gras aus der Erde.
    Roswitha sah zu Bernhard, der erst jetzt bemerkt hatte, daß sie nicht mehr an seiner Seite ritt, und zu ihr zurückkehrte.
    »Was ist los, Weib? Wir haben einen weiten Weg vor uns. Trödeln ist nicht angebracht.«
    Die Sonne blendete sie. Sie legte ihre Hand schützend gegen die Stirn, neigte den Kopf leicht und lächelte. »Du hast mir dreimal das Leben gerettet.«
    Bernhard grinste, zuckte mit den Schultern, während sein Pferd unruhig tänzelte. »Und nun gehört es mir auch dreimal.«
    Roswitha lachte auf. »Nein, du bist dreimal dafür verantwortlich. Ist das zuviel für die Schultern eines Mannes?«
    »Für die Schultern eines normalen Mannes … vielleicht. Nicht für meine.«

Epilog
    Burg Anhalt, Juli 1223
    D ies also war Ludgers Ende«, schloß Roswitha und ließ die Frau, mit der sie sprach, nicht aus dem Auge. Irmgard von Thüringen hatte ihr den Rücken zugewandt. Ihre Gestalt, jene makellose Erscheinung, die von den Sängern gepriesen wurde, sackte in sich zusammen, und zum erstenmal konnte Roswitha glauben, daß diese Frau sechs Kinder geboren hatte. In dem gebeugten Nacken, den herabgesunkenen Händen lauerte das Alter. Dann straffte sich die Gräfin wieder. Noch immer mied sie es, Roswitha anzublicken. Ihre Stimme klang belegt, als sie sagte: »Ich verstehe nicht, warum Ihr mir das erzählt. Sollte nicht Eike von Repgow diese Geschichte hören oder mein Gemahl, der Ludgers Dienstherr war?«
    »Das halte ich nicht für angebracht«, erwiderte Roswitha langsam. »Sie könnten mir die Frage stellen, was Vater Thaddäus gegen Ludger in der Hand hatte.«
    Mit einem Ruck drehte Irmgard sich zu ihr um. In ihren Augen stand die alte Feindseligkeit, doch abgenutzt und verblichen wie ein Stück Stoff, das zu lange der Sonne ausgesetzt gewesen war. Die Unerbittlichkeit, mit der die Trauer sich in ihr Gesicht eingegraben hatte, schien alle anderen Gefühle zu unterdrücken.
    Bei allen Heiligen, dachte Roswitha und spürte zu ihrer eigenen Verblüffung Mitleid, sie hat ihn tatsächlich geliebt. Es hätte sie nicht überraschen sollen. Eine Frau von Irmgards Stellung fing nicht aus einer Laune heraus eine Tändelei miteinem Minnesänger an, die ihr so leicht nicht nur Schmach und Schande, sondern auch den Tod bringen konnte. Um eines kurzen Anflugs von Lust willen folgte niemand dem Namen des Geliebten, wenn er von einer fremden Stimme gerufen wurde.
    Roswithas innere Stimme, die kein Mitleid und keine Scham kannte, teilte ihr gleichzeitig mit, daß Ludger noch am Leben sein könnte, wenn Irmgard sich ein wenig mehr beherrscht oder doch so viel gesunden Menschenverstand gezeigt hätte, niemandem von ihrer Sünde zu erzählen. Sie dachte daran, daß Irmgard sie vermutlich sofort hinauswerfen oder einkerkern lassen würde, wenn sie allein gekommen wäre statt an Bernhards Seite.
    »Was wollt Ihr?« fragte Irmgard kalt.
    Roswitha verschränkte die Arme ineinander. »Nicht viel. Nichts, was einer Dame wie Euch schwerfiele. Überzeugt Euren Gemahl, Ethlind und Matteo in seine Dienste zu nehmen.«
    Ihre Schuld Ethlind gegenüber lag Roswitha auf der Seele, und sie wußte sehr gut, daß weder Herzog Albrecht noch Bernhard Matteo verzeihen würden, daß er Thaddäus das Geheimnis des Drachens verraten hatte. Es mochte ungerecht sein, daß Irmgard für ihre Gewissensbisse die Zeche bezahlen sollte, doch Roswithas Mitleid mit Irmgard ging nicht so weit wie das Gefühl, bei Ethlind etwas wiedergutmachen zu müssen.
    Irmgard musterte sie, sichtlich um Beherrschung ringend. »Und weiter?«
    »Ludger hätte es verdient, in einem Lied besungen zu werden«, murmelte Roswitha. »Ich bin sicher, einer Eurer Sänger hier wäre bereit, ein solches Lied zu verfassen.«
    Der Mund der anderen bewegte sich, ohne einen Laut von sich zu geben. Sie blinzelte. Dann erkannte Roswitha zu ihrerBestürzung, daß Irmgard weinte, lautlos; die Tränen einer Frau, die gelernt hatte, nicht gehört zu werden. So zu weinen war Roswitha nur allzusehr vertraut.
    Ihre eigenen Tränen um Ludger waren versiegt. Sie würde sein Bild immer mit sich tragen und die Erinnerung an die kurzen Wochen, die sie gemeinsam verbracht hatten. Aber je mehr Zeit verging, desto fester wurde ihre Gewißheit, daß ein Leben an ihrer Seite ihn nicht glücklich gemacht hätte. Wenn er sie jetzt sehen
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