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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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schauderte bei dem Gedanken.
    Bernhard schüttelte Ludger erneut an den Schultern. »Hör zu – der Drachensamen ist gefährlich. Und er gehört mir. Ich will ihn zurück.«
    Er war so dicht an Ludger herangetreten, daß es beinahe aussah, als würde er ihn in eines seiner groben Liebesspiele zerren wollen. Während Ludgers Gesicht von nackter Angst erobert wurde, erfaßte Roswitha ein heftiger Beschützerinstinkt. Er sah so erschreckend hilfsbedürftig aus! Ganz anders Bernhard, der den Drachen begehrte, ihn nicht fürchtete, ihn nur besitzen und wahrscheinlich auch beherrschen wollte.
    »Wo ist der Drachensamen? Ludger, du mußt es uns sagen, damit wir ein Unglück verhindern können.« Die Worte sprudelten aus ihr heraus, und irgendwo tief in sich nahm sie wahr, daß sie unbewußt den Ton einer Mutter angeschlagen hatte, die ihr Kind vor Schaden bewahren will. Sie ging noch näher an Ludger heran. Mit den Fingerspitzen fuhr sie ihm über die Wange, verharrte an seinem Kinn, ließ dann die Hand wieder sinken. Irgend etwas hatte sich geändert, war anders geworden. Und sie konnte nicht dagegen ankämpfen, sie konnte es nur geschehen lassen und hinnehmen.
    »Nun sprich endlich«, brummte Bernhard.
    Ludger warf Roswitha einen flehenden Blick zu. Er erkannte wohl, daß ihr viel an dem Drachensamen lag. »In meiner Kammer.«
    »Na, dann los – führ uns hin.«
    Während sie Ludger über den Hof folgten und mit ihmdurch das Labyrinth aus Gängen und Fluren, Treppen und Arkaden eilten, versagte sich Roswitha jeden Blick auf Ludger. Sie war viel zu verwirrt und fühlte sich, als wäre sie in einen tosenden Strudel geraten.
    Die Tür zur Kammer stand sperrangelweit offen. Ein Lichtkegel fiel schräg durch die Dachluke bis auf den schmalen Flur. Es roch stickig und muffig in dem kleinen Raum. Ludger ging zu seiner Schlafstatt und begann diese zu durchsuchen. Seine Bewegungen wurden immer fahriger, er lüftete das Schaffell, grub seine Hände in das Stroh, wandte verwirrt den Kopf und sah sehr unschlüssig aus.
    Bernhard trat mit einem großen Schritt zu ihm. »Was ist los? Wo ist der Drachensamen?«
    Ludger zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Er ist verschwunden.«
    »Das kann nicht sein!« brüllte Bernhard. Seine Stimme überschlug sich, füllte den kleinen Raum völlig aus, schien ihn fast zum Beben zu bringen. »Wo? Wo ist er?«
    Ludger dachte, sichtlich angestrengt, nach, ließ seinen Blick über den mit Stroh ausgelegten Boden schweifen, bis er an der niedergebrannten Talgkerze haftenblieb, die neben dem Lager stand. Es war nur ein kurzer Moment der Erleuchtung, aber die Erkenntnis stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Nicht nur Roswitha hatte es bemerkt, auch Bernhard, der Ludger grob an den Schultern packte und schüttelte. »Du weißt etwas – los, spuck’s aus!«
    Ludger sah hoch und flüsterte: »Die Kinder …«
    Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Bernhard aus der Haut fahren und den verkappten Minnesänger einfach aus einem der Fenster schleudern würde. Sie waren so weit gekommen, befanden sich im Bischofssitz. Die Reliquie baumelte in einemkleinen Säckchen wohlbehalten um seinen Hals. Und nun konnte er sie nicht mehr unbemerkt gegen den Drachensamen vertauschen, weil dieser spindeldürre Versager den Drachen hatte entwischen lassen.
    Die Reliquie gegen den Drachensamen. Heimlich entwendet und vertauscht. Der Erzbischof wäre angetan gewesen, kein Ärger wäre entstanden, und einer hätte sich noch mehr gefreut: der Herzog von Sachsen und damit auch er selbst.
    Was – was genau hinderte ihn eigentlich daran, den hageren Burschen, den Roswitha so anhimmelte, aus Versehen eine Treppe hinunterzustoßen? Oder ihn einfach mit bloßen Händen zu erwürgen? Die Wachen würden dies nicht zulassen. Ebensowenig Roswitha.
    Dieses Teufelsweib hatte ihn völlig in ihren Fängen, und er kam nicht mehr von ihr los.
    Sein Zorn wuchs mit jedem Schritt, den sie durch die Gänge der Burg hetzten. Ihre Schritte hallten dumpf in seinen Ohren. Irgendwann konnte er nicht mehr. Er blieb stehen, donnerte seine Faust gegen die nackte Steinwand und brüllte: »Wo sind die Bengel?«
    »Ich weiß es nicht. Aber wir werden sie finden.«
    »Gnade dir Gott, wenn es nicht so ist.« Aber der kann dir auch nicht mehr helfen, Bürschchen, fügte er in Gedanken hinzu und heftete sich dann wieder an die Fersen Ludgers, der immer wieder stehenblieb, Höflinge, Knechte und Mägde befragte und irgendwann endlich einen
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