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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes
Autoren: Bram Stoker
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die fortdauernde Bewußtlosigkeit erklären würde. Daher muß ich von der Annahme ausgehen, daß der Mann mittels einer Droge betäubt wurde oder unter hypnotischem Einfluß steht. Soweit ich es beurteilen kann, steht er nicht unter Drogeneinfluß – zumindest kann es keine Droge sein, deren Eigenschaften ich kenne. Natürlich herrscht in diesem Zimmer der Mumiengeruch so stark vor, daß man hier über eventuelle schwächere Gerüche nicht urteilen kann. Gewiß sind Ihnen die speziellen Gerüche des Ostens aufgefallen, Erdpech, Narden, aromatische Harze und Gewürze und dergleichen mehr. Es ist gut möglich, daß sich irgendwo in diesem Raum unter den vielen Altertümern, überdeckt von stärkeren Düften, eine Substanz oder Flüssigkeit befindet, die sehr wohl die Wirkung hervorrufen kann, die wir sehen. Es ist weiter möglich, daß der Patient sich eine Droge einverleibt hat und sich während der Schlafphase selbst verletzte. Zwar halte ich dies für nicht sehr wahrscheinlich; und es mag sich im Verlauf der Untersuchungen herausstellen, daß meine Vermutung nicht stimmt. In der Zwischenzeit aber müssen wir sie sehr wohl in Betracht ziehen.«
    An dieser Stelle unterbrach ihn Daw: »Das mag ja sein. Wenn dem aber so ist, müßten wir das Instrument finden, mit dem die Verletzung an der Hand gemacht wurde. Es müßte irgendwo Blutspuren geben!«
    »Genau!« sagte der Arzt, seine Brille zurechtrückend, als wappne er sich gegen ein Wortgefecht. »Wenn es aber zutrifft, daß der Patient eine starke Droge eingenommen hat, dann kann es gut sein, daß es ein Mittel ist, das nicht sofort wirkt. Da wir ihre Wirkung nicht kennen – falls unsere Annahme überhaupt zutrifft –, dann müssen wir auf alles gefaßt sein.«
    Nun mischte sich Miß Trelawny in die Unterhaltung ein.
    »Das wäre richtig, was die Wirkung der Droge betrifft. Aber auf Grund Ihrer zweiten Annahme müßte die Wunde selbst zugefügt worden sein, und dies nachdem die Droge ihre Wirkung zeigte!«
    »Stimmt!« sagten Detektiv und Arzt gleichzeitig.
    Sie fuhr fort: »Da aber Ihre Vermutung nicht alle Möglichkeiten ausschöpft, müssen wir daran denken, daß eine Variante derselben Grundidee ebenso zutreffend sein könnte. Daher meine ich, daß wir auf Grund dieser Annahme als erstes die Waffe suchen müssen, mit der die Verletzung am Arm meines Vaters hervorgerufen wurde.«
    »Vielleicht legte er die Waffe in den Safe, ehe er das Bewußtsein verlor«, sagte ich, dummerweise einen halb zu Ende gedachten Gedanken aussprechend.
    »Das ist unmöglich«, sagte der Doktor hastig. »Wenigstens halte ich es für nicht sehr wahrscheinlich«, setzte er vorsichtig und mit einer kurzen Verbeugung zu mir hinzu. »Die linke Hand ist voller Blut, hingegen sehen wir keine Blutspuren am Safe.«
    »Ganz recht!« sagte ich, worauf eine lange Pause eintrat.
    Der Arzt war es, der als erster das Schweigen brach.
    »Wir brauchen hier möglichst rasch eine Pflegerin. Und ich kenne eine, die bestens geeignet ist. Ich will sie sofort holen. Bis zu meiner Rückkehr muß ständig jemand beim Patienten bleiben. Später wird es vielleicht nötig werden, ihn in einen anderen Raum zu verlegen. In der Zwischenzeit aber ist er hier am besten aufgehoben. Miß Trelawny, darf ich mich darauf verlassen, daß entweder Sie oder Mrs. Grant hierbleiben – nicht nur hier im Zimmer, sondern in unmittelbarer Nähe des Patienten, und daß Sie ihn nicht aus den Augen lassen, bis ich wiederkomme?«
    Sie neigte bejahend den Kopf und setzte sich ans Sofa. Der Doktor gab ihr nun Anweisungen für den Fall, daß ihr Vater aus seiner Bewußtlosigkeit erwachen sollte, ehe er wieder zurück wäre.
    Nun trat Dolan an Daw heran und sagte halblaut: »Ich gehe jetzt wohl besser auf die Polizeistation zurück – es sei denn, Sie wünschen, daß ich noch eine Weile bleibe.« Daw stellte die Frage: »Ist Johnny Wright noch in Ihrer Abteilung?«
    »Ja, möchten Sie, daß er hier mitarbeitet?« Der andere nickte. »Dann schicke ich Ihnen den Burschen, sobald es sich einrichten läßt. Er wird dann bei Ihnen bleiben, solange Sie es wünschen. Ich werde Ihm sagen, daß er seine Anweisungen von Ihnen bekommt.«
    Der Sergeant begleitete Dolan an die Tür. »Ich danke Ihnen, Sie sind um Ihre Mitarbeiter immer so besorgt. Es freut mich, daß wir wieder zusammenarbeiten. Ich will jetzt rasch zurück zu Scotland Yard, meinem Vorgesetzten Bericht erstatten. Anschließend will ich bei Chatwood vorbeisehen. Ich werde mich sehr
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