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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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geschrieben haben sollte, hat
     kein Mitwisser je ausgepackt - was zu jener Zeit und in einem Milieu, das
     so schwatzhaft, bissig und professionell witzig war wie das an den Höfen
     von Elisabeth I. und Jakob I., kein kleiner Stolperstein wäre.
    Heutzutage gibt es zahlreiche
     Fraktionen von »Anti-Stratfordianern« - angefangen bei
     akademischen Forschungsgruppen bis hin zu Verschwörungstheoretikern.
     Viele graben triumphierend chiffrierte Botschaften aus, die diverse
     Schriftsteller als den eigentlichen Verfasser der Werke, die unter dem
     Namen »William Shakespeare« veröffentlicht wurden, bestätigen
     sollen. Die beiden Favoriten mit den meisten - und glaubwürdigsten -
     Anhängern sind der Graf von Oxford und Sir Francis Bacon. Andere
     Dauerbrenner sind Christopher Marlowe, Edmund Spenser, Sir Philip Sidney
     und seine Schwester Mary Herbert Gräfin von Pembroke, Königin
     Elisabeth, Sir Walter Raleigh, die Grafen von Southampton, von Derby und
     von Rutland -oder ein verdecktes Komitee, bestehend aus allen oben
     Genannten, unter der Führung von wahlweise Bacon, Oxford oder beiden.
     Absurd dagegen sind die Kandidaten Henry Howard Graf von Sussex (der etwa
     44 Jahre vor der ersten Aufführung eines Shakespeare-Stücks geköpft
     wurde) und Daniel Defoe (der circa siebzig Jahre nach der ersten Aufführung
     geboren wurde). Der jüngste Neuzugang, der ernsthafte Beachtung
     findet, ist ein kleinerer Höfling namens Sir Henry Neville.
    Edward de Vere, der 17. Graf
     von Oxford, ist der derzeitige Favorit bei den Anti-Stratfordianern. Die
     Anagramme und Wortspiele, die ich in diesem Buch zitiere, dienen ihnen als
     Beweis. Wie Athenaide hervorhebt, ist sein Familienname Vere mit dem
     lateinischen ›verus‹, ›wahr‹, verwandt; das
     Familienmotto - ›Vero nihil verius‹, ›Nichts ist
     wahrer als die Wahrheit‹ - spielt auf diese Verbindung an. Und so
     finden seine Partisanen in der wirklichen Welt im ganzen Shakespeare
     »eindeutige« und »dringende« Verweise auf die
     Wahrheit; das Gleiche gilt für das Lieblingswort ›ever‹.
     Der erste ernsthafte Oxfordianer war J. Thomes Looney (ausgesprochen wie
     »Loney«), dessen Buch ›»Shakespeare«
     Identified‹ 1920 herauskam und unter anderem Sigmund Freud überzeugte.
    Sir Francis Bacon dagegen war
     der erste Kandidat überhaupt für den Mann hinter Shakespeares
     Maske: Bereits in den 1850er-Jahren wurden von Delia Bacon und anderen
     Gelehrten ernsthafte Argumente für Bacon vorgebracht. Mit
     beispiellosem Eifer haben Bacons Befürworter Shakespeares und andere
     Renaissance-Werke durchkämmt und Anagramme, Akrostichen, numerische
     Codes und Doppeldeutigkeiten (häufig ›hog‹ und ›bacon‹)
     aufgespürt, die ihren Helden als den Verfasser der Stücke
     ausweisen (und darüber hinaus als Sohn der Königin). Manche
     haben sogar zu so verzweifelten Mitteln wie Séancen und Grabraub
     gegriffen. Doch nicht alle Bacon-Anhänger lassen sich so leicht
     abtun. Es waren Wissenschaftler, Schriftsteller, Anwälte und Richter
     darunter, aus England und Amerika. Der unterhaltsamste Text, der für
     Bacon eintritt, ist Mark Twains Essay »Ist Shakespeare tot?«
     von 1909.
    Wer immer er sonst noch
     gewesen ist, Bacon war ebenso gewieft wie brillant: Als zeitweiliger
     Hauptberater der Krone entwickelte er unter anderem die bewundernswert
     komplexe Geheimschrift, die in diesem Roman von Jem Granville benutzt
     wird. Die Chiffre wurde 1623 veröffentlicht, im gleichen Jahr, als
     Shakespeares First-Folio-Ausgabe erschien.
    Hauptverteidiger von William
     Stanley, des sechsten Grafen von Derby, war der berühmte französische
     Literaturhistoriker und Professor am Collège de France Abel Leftanc
     in den ersten Dekaden des zwanzigsten Jahrhunderts. Doch trotz Derbys
     Vornamens (William), seinen Initialen (W.
     S.) und der passenden Lebenszeit scheint seine Kandidatur weniger
     stichfest als die von Bacon und Oxford zu sein.
    Der beste fachliche (und
     unparteiische) Überblick über die Debatte der Autorschaft ist
     John Mitchells ›Who Wrote Shakespeare?‹ (›Wer schrieb
     Shakespeare?‹, 2000). Shakespeare aus Stratford wird von Scott
     McCrea in ›The Case for Shakespeare‹ (2005) verteidigt und
     in Deutschland von Hildergard Hammerschmidt-Hummel in ›William
     Shakespeare. Seine Zeit - sein Leben - sein Werk‹ (2003).
    Das ursprüngliche Globe
     Theatre brannte am 29. Juni 1613 ab (an einem Dienstag, nach dem alten
    
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