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Die Sextherapie: Roman (German Edition)

Die Sextherapie: Roman (German Edition)

Titel: Die Sextherapie: Roman (German Edition)
Autoren: Amber Stevens
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jede angesagte Frisurenmode mitzumachen, ganz gleich, ob sie ihr nun stand oder nicht. Momentan trug Freya ausufernde Ponyfransen, mit denen sie einem Hirtenhund ähnelte.
    »Du bist doch nicht etwa nervös, Shelley?«, erkundigte sich Freya in dem hinterhältigen und tückischen Tonfall, den sie Leuten – insbesondere Frauen – angedeihen ließ, von denen sie sich bedroht fühlte. Shelley betrachtete die unzähligen Fotos auf Freyas Schreibtisch, auf denen samt und sonders ihr Traummann Harry abgebildet war. Es waren so viele, dass man leicht den Eindruck eines Hausaltars haben konnte.
    »Nein«, erwiderte sie, wobei sie vergeblich versuchte, nicht rechtfertigend zu klingen. »Weshalb sollte ich nervös sein?«
    Freya wandte sich zwar ab, doch Shelley konnte noch einen Blick auf ihr selbstgefälliges Grinsen erhaschen. Sie gehörte zu den Frauen, die sich ihren alleinstehenden Geschlechtsgenossinnen moralisch überlegen fühlten, nur weil sie einen Freund hatten. Bis jetzt war noch niemand in der Redaktion dem göttergleichen Harry vorgestellt worden. Briony hatte den Verdacht, dass er gar nicht existierte und dass sich die Fotos schon beim Kauf in den Rahmen befunden hatten. Harry hat mir letztens einen himmlischen Mantel geschenkt, viel zu schade fürs Büro. Harry entführt mich übers Wochenende nach Brügge. Erste Klasse im Eurostar. Harry ist so ein einfühlsamer Liebhaber, wenn ich ihn nicht bitte, ein bisschen härter ranzugehen.
    »Hast du denn etwas gehört?«, fragte Shelley, bereute es aber sofort. Es gab nur eines, was Freya noch mehr liebte als Harry, nämlich gegenüber ihren Mitmenschen einen Wissensvorsprung zu haben.
    »Ich habe so einiges aufgeschnappt, Shelley«, sagte sie. »Doch man hat mich gebeten, es vorerst für mich zu behalten.«
    Shelley, die ihr kein Wort glaubte, schleppte sich wieder an ihren Schreibtisch. Briony zog eine Augenbraue hoch.
    »Wer den Laden wohl übernimmt?«, überlegte Shelley laut. »Vielleicht machen sie uns sogar dicht.«
    »Ach, zerbrich dir darüber nicht den Kopf«, entgegnete Briony und legte ihre Zeitschrift weg. Shelley war nicht entgangen, dass es sich um ein Skandalblatt mit erheblich höherer Auflage als ihre Postille handelte. »Sie werden eine neue Chefredakteurin einstellen, die nach dem Motto ›Neue Besen kehren gut‹ und ›radikale Umorientierung‹ ein Riesentheater veranstalten wird. Dann ändert sie das Logo und die Schriftgröße ein bisschen und verlegt den Handtaschenteil von Seite 170 auf Seite 240.«
    »Wirklich?«, erwiderte Shelley voller Hoffnung. »Keine Kündigungen?«
    »Neeeein«, antwortete Briony mit einem heftigen Kopfschütteln. »Vielleicht fliegen ein paar Kolumnistinnen, mehr nicht.«
    »Briony!«
    »Was ist?«
    »Ich bin Kolumnistin!«
    Briony hielt inne. »Ach, ja, richtig. Mach dir nichts draus. Es gibt mindestens zwei Kolumnistinnen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit gefeuert werden als du.«
    »Wer?«, hakte Shelley kühl nach.
    »Oh, äh... Robin und äh... äh...« Verzweifelt ließ Briony den Blick durch das Großraumbüro schweifen. »Ähm... und Toni.«
    »Toni ist vor drei Monaten gegangen.«
    »Wirklich? Oh...«
    »Schon gut«, meinte Shelley, um ihr weitere Peinlichkeiten zu ersparen. »Vielleicht wäre eine Kündigung ja nicht das Schlechteste für mich. Manchmal braucht man einen Tritt in den Hintern, um etwas an seinem Leben zu verändern.«
    »Ach, ja?«, sagte Briony. »Und was genau würdest du gern verändern?«
    Shelley überlegte. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt und hatte bis jetzt nur in dieser einen Redaktion gearbeitet. Dabei wusste sie nicht einmal so genau, ob sie wirklich eine gute Kolumnistin war. Was konnte sie anderen Frauen schon Wichtiges mitteilen, solange ihr die Lebenserfahrung fehlte? Ein Jahr Pause nach der Uni hatte sie aus finanziellen Gründen verschoben. Und inzwischen hatte sie zwar das Geld, aber keine Zeit mehr. Außerdem hatte sie noch nie eine feste Beziehung gehabt − Rob nicht mit eingerechnet, mit dem sie an der Uni sechs Monate lang gegangen war, bevor sie mit ihm geschlafen hatte, nur um am nächsten Morgen zu erfahren, dass er sie nach Strich und Faden betrog. Er hatte sogar mit ihrer besten Freundin in der Toilette einen schnellen Fick hingelegt, während Shelley in der Küche saß und für die Prüfung in englischer Literatur büffelte.
    Shelley stürzte sich nur selten ins Nachtleben und kannte mit Ausnahme des Südafrikaners, der am Tresen im Crown arbeitete,
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