Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sextherapie: Roman (German Edition)

Die Sextherapie: Roman (German Edition)

Titel: Die Sextherapie: Roman (German Edition)
Autoren: Amber Stevens
Vom Netzwerk:
lag«, sprach er weiter und blickte nachdenklich auf Nordlondon hinaus. »Sie hat sie zu Hause gelesen, nachdem mein Vater sie verlassen hatte. Und sie hat sie im Pflegeheim gelesen, als sie mit ansehen musste, wie ihre Mutter im Sterben lag.«
    Die Hände in die Hüften gestemmt, drehte er sich zu den Redakteurinnen um. Ein gleichzeitig trauriger und warmer Ausdruck malte sich auf seinem Gesicht. Shelley fühlte sich ein wenig seltsam, presste die Beine zusammen und musterte ihre Kolleginnen. Selbst Briony starrte Carter mit offenem Mund an. Freya machte den Eindruck, als würde sie gleich einen Orgasmus bekommen.
    »Leider liest meine Mutter diese Zeitschrift inzwischen nicht mehr«, sagte er. »Und wollen Sie wissen, warum?«
    »Gestorben?«, zischte Briony. Shelley bedachte sie mit einem tadelnden Blick.
    »Sie findet sie langweilig«, verkündete Aidan.
    Murren und Kopfschütteln.
    »Die Zeiten haben sich verändert. Meine Mutter hat sich verändert. Die Welt hat sich verändert. Inzwischen verlangt sie mehr von einer Zeitschrift. Mehr Artikel über die schönen Seiten des Daseins, nicht so viele über Krankheiten. Mehr Artikel über die Liebe, nicht so viele über gebrochene Herzen. Mehr Artikel über das Leben, nicht so viele über den Tod.«
    »Weniger«, entfuhr es Shelley.
    »Wie bitte?«, fragte er.
    »Weniger Artikel über den Tod«, stammelte Shelley, »nicht ›nicht so viele‹.« Warum hatte sie das gesagt? Legte sie es etwa darauf an, gefeuert zu werden, obwohl die Zeitschrift gerettet werden sollte?
    Er musterte sie eindringlich und mit einem merkwürdigen Ausdruck auf dem Gesicht. Dann riss er sich aus seiner Trance und kehrte zum Fenster zurück. Sein grüblerisches Gesicht mit dem markanten Kiefer lag im Schatten, bis die Maisonne einen Strahl darauf warf.
    »Meine Mutter hat Krankheiten, Trauer und Abschiede satt«, fuhr er fort. »Das war die Vergangenheit. Heutzutage entscheiden die Leute selbst, was für ein Leben sie führen wollen. Sie entscheiden sich fürs Glücklichsein – und sie entscheiden sich für Sex.«
    Er steuerte eindeutig aufs Finale zu.
    »Meine Damen und Herren, ich möchte Sie nun mit Ihrer neuen Zeitschrift bekannt machen.« Mit diesen Worten ging er zu einer alten Reklametafel hinüber, die an der Wand lehnte, und drehte sie um, sodass eine vergrößerte Titelseite zu sehen war.
    Sie zeigte eine halbnackte Mimi Corvair, das Model, das vor kurzem nach einem koksgeschwängerten flotten Dreier mit den Freunden zweier Kolleginnen von fast allen Sponsoren fallengelassen worden war. Ihre Tage als Titelmädchen waren eindeutig vorbei, mittlerweile berichtete nur noch die Klatschpresse über sie. Lediglich ein paar Herrenmagazine interessierten sich noch für sie, allerdings nach Auffassung ihres Agenten aus den falschen Gründen.
    Wenn Aidan sie auf die Titelseite setzte, hieß das, dass er ein Exempel statuieren wollte. Er hatte die Absicht, Frau mit Herz den Todesstoß zu versetzen und die Zeitschrift als aufgemotztes Blatt neu auf den Markt zu werfen. Das an sich war schon schockierend genug.
    Doch es war der neue Titel, der Shelley traf wie ein Schlag in die Magengrube.
    Er stand in neonrosa Riesenlettern über dem aufreizenden Foto, sodass er das Model fast erdrückte.
    LUDER.
    Aidan hielt kurz inne. »Ich möchte nicht, dass diese Zeitschrift stirbt«, fuhr er fort. »Das bin ich West End, Ihnen allen und meiner Mutter schuldig.«
    Als Bailey zu applaudieren begann, stimmten alle im Raum ein, sogar die Jungen von der Poststelle.
    Doch Shelley war überzeugt, dass sie nicht die Einzige war, die es mit der Angst zu tun bekommen hatte. Wenn die neue Ausrichtung der Zeitschrift Sex hieß, waren ihre Tage in dieser Redaktion wohl gezählt. Sex war nun wirklich nicht ihr Spezialgebiet, geschweige denn, dass sie über sonderlich viel Erfahrung in diesem Bereich verfügte. Genau genommen hatte sie erst mit zwei Männern geschlafen.
    Als sie aufstand und mit den anderen Beifall klatschte, dachte sie weder an die Zukunft der Zeitschrift noch an die neuen Chancen, die sich ihr boten.
    Stattdessen überlegte sie angestrengt, ob sie im letzten Jahr überhaupt mit jemandem im Bett gewesen war.

2
     
    Briony und Shelley gingen wie immer zum Mittagessen zu Dino’s. Shelley stocherte in ihrem Salat herum, während sie die Ereignisse des Vormittags erörterten. Aidan hatte hinzugefügt, er werde nach der Mittagspause mit jeder von ihnen ein Einzelgespräch führen und sie in ihre neuen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher