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Die Sexklinik

Die Sexklinik

Titel: Die Sexklinik
Autoren: Carter Brown
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zu einem heiseren Schreien. »Nein, niemals!«
    »Aber er war doch Ihr
Substitut«, sagte ich. »Gewiß erinnern Sie sich noch an ihn.«
    »Bitte«, wimmerte sie, »Sie
wollen mich nur in eine Falle locken.«
    »Warum sollte ich denn?« sagte
ich sanft. »Ich hatte gehofft, Sie mögen ihn. Denn wenn Sie ihn mögen, dann
könnten Sie uns vielleicht helfen, ihn zu finden. Wir machen uns Sorgen um
Paul. Alle mochten wir ihn so gern, und jetzt wissen wir nicht, was aus ihm
geworden ist. Er ist verschwunden, und wir haben keine Ahnung, wo wir ihn
suchen sollen. Da dachten wir, Sie könnten uns helfen. Wissen Sie, wohin er
wollte?«
    »Mörder!« zischte sie. »Sie
wissen ganz genau, wo er ist.«
    Ich warf Jane Wintour einen
Blick zu, die den Kopf schüttelte und vielsagend mit den Schultern zuckte.
»Nein, Avril«, sagte ich sanft. »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Ich — ich habe Paul geliebt.«
Sie begann zu weinen, und das mitleiderregende Schluchzen ging mir allmählich
auf die Nerven. »Das war falsch. Es war ja alles nur Spaß, das verstehe ich
schon. Aber sie haben es gar nicht mehr als Spaß behandelt.« Sie warf sich im
Bett herum und starrte mit ihren blauen Augen zu mir auf, in denen der Glanz
des Irrsinns stand. »Ich weiß nicht, was mit Paul geschehen ist, begreifen Sie
das?«
    »Natürlich«, sagte ich. »Sie
waren ja nicht dabei.«
    Sie nickte heftig. »Ich habe es
nur gehört, später — von einer Freundin.«
    »Wie schön, wenn man gute
Freunde hat«, sagte ich ermutigend. »Hat Ihre Freundin Ihnen auch erzählt, was
aus Paul geworden ist?«
    »Nein.« Ihr Blick wurde
verschlagen. »Niemand weiß, was mit Paul geschehen ist.« Sie biß sich auf die
Unterlippe. »Sogar meine Freundin, die alles gesehen hat, kann das nicht
sagen.«
    »Es ist wohl alles nur ein
Zufall«, sagte ich. »Aber ich habe auch einen Freund, der alles mit angesehen
hat. Er sagt, Paul ist einfach weggefahren.«
    »Ihr Freund ist ein Idiot«,
schmollte sie. »Entweder das, oder er lügt.«
    »Da haben Sie vielleicht
recht«, gestand ich. »Ihre Freundin könnte gescheiter sein als mein Freund.«
    »Meine Freundin ist ihnen
gefolgt«, sagte sie zufrieden. »Sie wollte nämlich wissen, was Sie mit ihm
vorhatten.«
    »Und weiß sie’s jetzt?« half
ich nach.
    »Rosen.« Ihr Gesicht schien
plötzlich auseinanderzubrechen, und Tränen rannen ihr über die Wangen. »Ich
habe Rosen immer gemocht, sie sind meine Lieblingsblumen.«
    »Rosen sind sehr schön«,
stimmte ich ihr leise zu. »Besonders, wenn sie in Blüte stehen.«
    »Im Frühling...« Sie weinte
hilflos und jetzt ohne jeden Laut, was mir noch mehr auf die Nerven ging. »Im
Frühling werde ich immer an Paul denken müssen.«
    »Um Gottes willen«, flehte Jane
Wintour mich an, »wir wollen endlich verschwinden und sie in Ruhe lassen.«
    »Aber alle Blumen muß man erst
mal pflanzen«, sagte ich rauh. »Wo hat man Pauls Rosen gepflanzt?«
    »Hinter dem Aussichtstempel«,
flüsterte Avril Pascal. »Und das war so grausam, weil dort niemals jemand
hingeht. Im Frühling, wenn die Rosen alle blühen, wird es niemanden geben, der
sie sieht und sich an Paul erinnert. Es ist fast so, als hätte er niemals
gelebt.«
     
     
     

12
     
    Im Strahl der Taschenlampe
wirkte der Aussichtstempel ausgesprochen hinfällig. Wir umrundeten ihn, und ich
beobachtete, wie der Lichtstrahl langsam den Boden abtastete und dann plötzlich
auf einem Stück Erde zur Ruhe kam, wo auf frisch umgegrabenen Grund vier oder
fünf Rosenbüsche standen.
    »Ich glaube, mir wird gleich
schlecht«, sagte Jane Wintour kläglich und knipste die Taschenlampe aus. Wir
standen plötzlich in völliger Dunkelheit.
    »Vielleicht gehört das alles
nur zu Avril Pascals Gehirngespinst«, sagte ich. »Warum laufen Sie nicht ins
Haus zurück und warten, bis ich mich vergewissert habe?«
    »Gut«, stammelte sie. »Tut mir
leid, aber ich glaube, meine Nerven halten das wirklich nicht mehr aus.«
    »Sicher«, beruhigte ich sie.
»Kann ich die Lampe haben?«
    Sie reichte sie mir, wandte
sich schnell um und begann, auf die Klinik zuzulaufen. Ich konnte ihr keinen
Vorwurf machen. Jetzt brauchte nur noch ein Kauz zu schreien, und ich wäre ihr
stehenden Fußes gefolgt. Ich knipste die Taschenlampe wieder an und legte sie
auf den Boden, dann nahm ich die Schaufel von der Schulter und begann zu
graben. Nach ungefähr zehn Minuten hatte ich ein paar Rosenbüsche entwurzelt
und ein etwa dreißig Zentimeter tiefes Loch gegraben. Mir wurde
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