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Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Camilleri
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sich angeblich ein Grundstück in Ihrem Besitz unter den Nagel gerissen hat, just so, wie Sie es mit den Kirschbäumen anderer Leute zu tun pflegen. Darum haben Sie sich an den Anwalt Teresi gewandt, der sämtliche Priester am liebsten bei lebendigem Leib aufgespießt und geröstet sehen möchte … Stimmt das nicht?»
    «Es stimmt! Na und? Was reden Sie nur für einen Schwachsinn daher! Wer sich einen Anwalt nimmt, muss ja nicht auch dessen politische Ideen übernehmen!»
    «Lassen Sie mich ausreden. Der Avvocato hat den Fall übernommen, aber er hat Sie auch gebeten, seine Kandidatur beim Verein zu unterstützen. Was Sie getan haben.»
    «Ich konnte nicht umhin, ein gewisses Entgegenkommen anzubieten …»
    «Ha, von wegen Entgegenkommen! Für Ihre Unterstützung hat der Avvocato Ihnen angeboten, keine Lira für den Fall zu verlangen. Und da Sie trotz Ihrer Reichtümer knausrig sind wie ein Schotte, erschien Ihnen das fast zu schön, um wahr zu sein!»
    «Und warum habe ich dann gegen ihn gestimmt, können Sie mir das erklären?»
    «Natürlich kann ich es Ihnen erklären. Der Prozess hatte noch nicht einmal begonnen, da brachten Sie eine gewisse Person ins Spiel, von der Padre Raccuglia sich umgehend überzeugen ließ, dass er im Unrecht war, und es kam nicht mehr zum Prozess. Darum haben Sie Avvocato Teresi, den einzigen Anwalt im Ort, der sich erdreisten würde, Anklage gegen einen Priester zu erheben, sofort fallengelassen. Wie Sie sehen, handelt es sich mitnichten um eine Unterstellung.»
    «Doch, doch, Sie unterstellen, ich hätte eine gewisse Person ins Spiel gebracht! Nennen Sie mir mal den Namen!»
    «Bloß das nicht! Keine Namen! Schluss jetzt! Genug! Es ist spät!», riefen mehrere Stimmen gleichzeitig.
    Dieser Name durfte auf keinen Fall genannt werden. Die Diskussion nahm eine gefährliche Wendung. Der Name, der nicht genannt werden durfte, war der von zù Carmineddru, dem führenden Mafioso des Ortes, einer Respektsperson von großer Zielstrebigkeit.
    «Nun gut, Signori, nach der Erklärung des Marchese bin ich gezwungen, mich an das unbekannte Mitglied zu wenden, das …»
    «Und wie kommt es, dass gleich zwei Adelige, Barone Lo Mascolo und Marchese Cammarata, sich ausgerechnet für Avvocato Teresi eingesetzt haben, der doch als Aufwiegler bekannt ist?»
    Den Moment der Stille ausnutzend, hatte Don Serafino, mit dem üblichen Lächeln auf den Lippen, die Frage aussprechen können, die sich in Wahrheit schon alle gestellt hatten.
    «Ich breche Ihnen sämtliche Knochen, Sie gottloses Schandmaul!» Der Marchese sprang von seinem Stuhl auf und stürzte sich auf den Gegner.
    Er erreichte ihn nicht, weil man ihn zu dritt festhielt. Mit Schaum vor dem Mund wie ein wild gewordener Stier verließ der Marchese die Versammlung.
    «Signori, ich bitte Sie, machen wir schnell. Es läutet bereits zur Messe. Ich wende mich also jetzt an das unbekannte Mitglied …»
    «Und wann sprechen wir über das Duell?», fragte Colonnello Petrosillo, dessen Nase nicht zu bluten aufhörte, weshalb er mit jeder Minute, die verstrich, wütender wurde.
    «Später, später.»
    Das kam als eine Art Chor.
    «Ich ersuche nun das unbekannte Mitglied, das für die Aufnahme gestimmt hat», hub der Vorsitzende erneut an, «uns zu erklären …»
    «Lassen Sie den Quatsch mit dem Ersuchen», sagte Don Anselmo Buttafava. «Ich war derjenige, der mit Ja gestimmt hat.»
    «Ja, warum denn das?», fragte der Vorsitzende. «Ich meine mich zu erinnern, dass Sie mehrmals kundgetan haben, Avvocato Teresi würden Sie in diesen Räumen nicht mal als Toten sehen wollen.»
    «Stimmt, bei der ersten Abstimmung habe ich auch dagegen gestimmt.»
    «Warum haben Sie dann Ihre Meinung geändert?»
    «Wenn es in diesem Verein eine Schwuchtel wie Colonnello Petrosillo gibt, sehe ich keinen Grund, warum nicht auch ein Anarchist wie Avvocato Teresi Mitglied sein darf.»
    «Eine schlüssige Überlegung», bemerkte Don Serafino, der es an diesem Sonntagmorgen darauf anzulegen schien, der ganzen Welt auf den Sack zu gehen.
    Bleich wie ein Toter erhob sich Colonnello Petrosillo.
    «Betrachten auch Sie sich als geohrfeigt!», sagte er zu Don Serafino.
    «Ich betrachte mich als gar nichts. Kommen Sie her, und ohrfeigen Sie mich, wenn Sie den Mut haben. Und da Ihr Arsch schon einiges abbekommen hat, werde ich mir jetzt das Gesicht vornehmen und das Werk vollenden, das Don Anselmo begonnen hat.»
    Der Colonnello öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch genau in
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