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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft
Autoren: Roger R. Talbot
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Aufmerksamkeit des Vorarbeiters auf sich zu lenken. »Verzeihung …«
    Â»Sie wünschen, mein Fräulein …«
    Â»Was haben Sie da ausgegraben?«, fragte sie ganz direkt und deutete auf die Kiste.
    Der Mann kam ihr ein wenig verlegen vor. »Ich kann Ihnen dazu leider nicht viel sagen: Wir sind ein privates, auf archäologische Grabungen spezialisiertes Unternehmen und arbeiten im Auftrag der staatlichen Archäologie-Behörde. Wir sind sowohl hinsichtlich der Fundorte als auch hinsichtlich der Fundstücke zu Stillschweigen verpflichtet.«
    Â»Trotzdem danke«, sagte Nadja sichtlich enttäuscht.
    Der Mann war im Begriff, zu seiner Arbeit zurückzukehren, als Nadja bemerkte, dass er etwas hinter ihrem Rücken bemerkt hatte, woraufhin sich sein Gesicht aufhellte: »Fräulein, da kommt jemand, der Ihnen vielleicht weiterhelfen kann.«
    Nadja wandte sich um: Eine Frau lief ihnen auf dem Hauptweg entgegen.
    Â»Sie ist die Vorsitzende der staatlichen Archäologie-Behörde«, erklärte der Vorarbeiter, »und im Vertrauen gesagt«, fuhr er mit gedämpfter Stimme fort, »auch die Frau unseres Innenministers. Wirklich seltsam, dass sie bei solch einem Wetter unterwegs ist …«
    Inzwischen hatte die Dame sie erreicht: Der Mann begrüßte sie ehrerbietig, und sie erwiderte den Gruß in freundschaftlichem Ton: »Tag, Flanagan … alles in Ordnung mit unserem …«
    Â»Keinerlei Komplikationen, Mrs Challoner«, erwiderte der Mann.
    Dann wandte er sich an Nadja, die ein wenig zur Seite getreten war: »Darf ich Sie mit Mrs Raye Challoner, der Vorsitzenden der staatlichen Archäologie-Behörde, bekannt machen? Sie ist sicher die geeignetste Person, um Ihre Neugierde zu stillen. Ich bitte nun vielmals um Entschuldigung …« Er verabschiedete sich mit einer leichten Verneigung und kehrte in die Mitte des Absperrgeländes zurück, wo seine Leute um die noch immer geöffnete Kiste herumstanden.
    Nadja betrachtete die Frau eingehend, während sie sich begrüßten: eleganter Mantel, glänzende Stiefeletten, die in durchsichtigen Plastikgamaschen steckten, um sie vor dem Schnee zu schützen. Dazu ein äußerst seriöses Hütchen. Doch das fuchsienrote Brillengestell, an dem eine aus bunten Bändern geflochtene Kordel befestigt war, betonte ihre wunderschönen grauen Augen und verlieh ihr eine sympathische, ungezwungene Ausstrahlung, die im Gegensatz zu dem übrigen, strengen und perfekten Erscheinungsbild stand.
    Â»Sie interessieren sich für Archäologie, Frau …?«, fragte sie freundlich.
    Â»Derzhavin. Nadja Derzhavin.«
    Â»Polin?«
    Â»Russin. Aus Moskau, um genau zu sein.« Dann kam sie zur Sache. »Was ist das für ein großer Stein?«
    Â»Nach dem, was wir wissen, muss es sich um die Scheibe einer Monduhr handeln. Inselkeltische Megalith-Kunst, Latène-Zeit, drittes Jahrhundert vor Christus. Vielleicht auch älter. Hallstattzeit … Wer weiß … Wie die Dolmen … Aber bevor sich Genaueres sagen lässt, muss man erst einmal die Reinigung und die genaue chronologische Einordnung abwarten.«
    Â»Und wie ist man darauf gekommen, dass sie sich genau hier unter der Sonnenuhr befindet?«
    Mrs Challoner schenkte ihr ein merkwürdiges Lächeln, das ihr fast ein wenig verschmitzt vorkam: »Die Technik der Bodenradargeräte ist in jüngster Zeit stark verbessert worden …«
    Nadja sah sie erstaunt an.
    Â»Bodenradargeräte sind eine Art Sonar für die Erde, mit denen sich der Steingehalt bestimmen lässt«, begann die Frau geduldig zu erklären. »Also auch das Vorkommen großer Steine, ihre Ausmaße und ihr annäherndes Gewicht. Wir wussten also bereits im Voraus, dass wir auf einen scheibenförmigen, sehr großen und flachen Stein stoßen würden, der angesichts der Form keinesfalls natürlich sein konnte.«
    Â»Schon, aber weshalb hat man ausgerechnet hier gesucht?«, insistierte Nadja. »Wie ist man darauf gekommen …«
    Mrs Challoner wirkte zufrieden. »Probesondierungen. Dieses Gebiet war ein offenes Hochmoor: der ideale Ort, was den Erhalt von Fundstücken betrifft. Außerdem ist dieser Garten über zweihundert Jahre alt: Es ist also recht wahrscheinlich, dass er auf einem bereits zuvor genutzten Areal entstanden ist. Deshalb haben wir beschlossen, unsere Recherchen zu vertiefen.«
    Nadja
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