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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman
Autoren: Claire Winter
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wandte den Kopf zu George. »Und die Akte über mich? All die Informationen?«
    »Lady Barrington hat mich nach Berlin geschickt, um nach dir zu suchen und herauszufinden, was für ein Mensch du bist«, erklärte er ehrlich.
    Plötzlich verstand sie – und verspürte einen bitteren Geschmack im Mund. »Du meinst, weil ich eine Deutsche bin? Hatte Lady Barrington Angst, dass ich als belastet gelte und vielleicht sogar eine überzeugte Nationalsozialistin bin?«
    Er wich ihrem Blick nicht aus. »Ja.«
    Schweigend nahm sie einen großen Schluck von ihrem Scotch und starrte in ihr Glas.
    »Mein Gott, Melinda, der Krieg ist kaum drei Jahre her! Fast jeder hier hat durch die Deutschen irgendeinen Verlust erlitten. Millionen von Menschen sind dabei umgekommen. Die Bilder von den Konzentrationslagern sind um die Welt gegangen. Was glaubst du, natürlich wollte sie wissen, ob du zu denen gehört hast!«, brach es aus ihm heraus.
    Obwohl sie es von der Vernunft her verstand, traf es sie dennoch, dass man derlei überhaupt von ihr denken konnte. »Es gibt auch andere Deutsche, und es ist zurzeit nicht leicht für uns«, sagte sie ein wenig trotzig.
    »Ich weiß, ich war in Berlin. Ich habe gesehen, wie zerstört die Stadt ist«, sagte George ruhig. »Ich verstehe auch, dass es kein angenehmes Gefühl für dich ist, dass ich diese Nachforschungen angestellt habe, aber es war mein Auftrag. Ich war bei verschiedenen Behörden und Institutionen und habe nicht nur deine Adresse, sondern deinen gesamten Lebenslauf recherchiert und dich einige Tage beobachtet«, gestand er.
    Sie blickte ihn geschockt an. »Wie lange warst du denn in Berlin?«
    »Zehn Tage … Du läufst übrigens ziemlich schnell!«, fügte er mit einem leichten Lächeln hinzu.
    Ihre Hand umfasste das Glas, während sie noch immer um Fassung rang. »Bist du absichtlich auf der Straße mit mir zusammengestoßen?«, fragte sie dann.
    Für einen kurzen Augenblick wirkte George tatsächlich verlegen. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Du erinnerst dich doch?«
    Sie nickte.
    »Das war unprofessionell von mir«, sagte er rau. »Aber ich wollte unbedingt einmal deine Stimme hören. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt hatte ich mich schon ein wenig in dich verliebt …«
    Sie blickte ihn ungläubig an.
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    E r verstand es, sie vollständig aus der Bahn zu werfen, das musste sie ihm lassen. Den ganzen Tag hatte Melinda ihre innere Schutzbarriere mühsam gegen ihn aufrechterhalten. Doch Georges unerwartetes Geständnis löste ihren Widerstand mit einem Schlag in Luft auf.
    Sie hatten das Restaurant verlassen und liefen schweigend den langen Flur entlang. Vor dem Fahrstuhl drehte er sich auf einmal zu ihr – und küsste sie. Einen Moment lang hatte sie das alberne Gefühl, ihre Knie würden weich werden, als er sie an sich zog. Dann legte sie die Arme um ihn und erwiderte seinen Kuss.
    Als seine Lippen sich schließlich von den ihren lösten, klopfte ihr Herz schneller. Er strich ihr sanft durchs Haar. Seine Augen waren dunkel.
    »Ich fürchte, wir werden dafür eine Lösung finden müssen, Miss Leewald«, murmelte er, bevor sie in den Fahrstuhl stiegen. Er ließ den Arm um sie, bis sie die Suite von Emily Barrington erreichten.
    Melinda hatte das ungute Gefühl, die alte Dame würde ihnen beiden sofort ansehen, was geschehen war. Ein überraschter Ausdruck huschte über Emily Barringtons Gesicht, als ihr Blick von George zu ihr und dann wieder zu Melinda und zurück wanderte. Sie wartete, bis die junge Frau wieder an ihrem Bett Platz genommen hatte.
    »Sicherlich fragst du dich noch immer, warum ich dir das Paket schicken ließ, ohne dir eine Erklärung zu geben«, begann sie.
    Melinda lächelte. »Ja, das tue ich allerdings.«
    »Nun, du musst wissen, Edward, dein Großvater, ist nie über die Trennung von Amalia hinweggekommen. Er war depressiv und innerlich gebrochen. 1900 starb Elisabeth Sherwood, und da es keine anderen Nachfahren gab, erbte er das Anwesen, auf dem Amalia und Cathleen groß geworden waren.«
    Melinda blickte sie gebannt an. Die Vergangenheit nahm sie erneut gefangen, und sie fragte sich, ob ihre Urgroßmutter, Elisabeth Sherwood, jemals begriffen hatte, was sie ihren Töchtern angetan hatte.
    »Woran ist Elisabeth gestorben?«
    »Sie hatte kurz nach dem Tod von Cathleen einen schweren Schlaganfall, der sie an den Rollstuhl fesselte und langsam dahinsiechen ließ. Die Jahre bis zu ihrem Tod hat sie einsam und verlassen mit einer Pflegerin in Sherwood
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